Bildung
Mehr rechtsextreme Vorfälle an Schulen - Soziologe sieht "Abbild der Gesellschaft"

An Schulen in Deutschland werden immer mehr rechtsextreme Vorfälle gemeldet. Der Soziologe Matthias Quent sieht darin ein Abbild der gesellschaftlichen Entwicklung und warnt vor einer Vorherrschaft der rechtsextremen Szene im ländlichen Raum.

    Rechte Jugendliche demonstrieren mit Transparenten gegen den Christopher Street Day in Döbeln. (Archivbild)
    Rechte Jugendliche demonstrierten im September 2024 gegen den Christopher Street Day in Döbeln in Sachsen. (picture alliance / dpa / Heiko Rebsch)
    Mit Blick auf die Frage, wie normal Rechtssein an Schulen sei, erklärte der Soziologe von der Hochschule Magdeburg-Stendal im Deutschlandfunk, die Lage sei unterschiedlich. In manchen ländlichen Gebieten gebe es regelrechte Hegemonien, sodass sich Leute, die nicht rechtsextrem seien, verstecken müssten.
    Auch in urbanen Milieus werde wahrgenommen, dass sich bei den Einstellungen von Schülern etwas verändere. Dort gebe es allerdings immer auch Gegenstimmen. Die Jugendlichen könnten sich außerdem nach der Schule an Treffpunkte begeben, die nicht rechts dominiert seien. Das sei etwas anderes, als wenn man keine Wahl mehr habe.

    Rassistisch aufgeladene Untergangsszenarien

    Quent spricht insgesamt von einer massiven "quantitativen und qualitativen Radikalisierung" im rechten Bereich. Die Entwicklungen unter Schülern seien dabei ein Abbild gesellschaftlicher Verhältnisse. Bestimmte Milieus nehmen sich demnach als abgehängt wahr. Manche Menschen suchten dann nach Aufwertung über Erzählungen wie: Man werde unterdrückt, Deutschland sei bedroht, man dürfe nichts mehr sagen, alles gehe den Bach runter, das Land werde überfremdet oder islamisiert.
    Diese "rassistisch aufgeladenen Untergangsszenarien" verfangen laut Quent besonders bei bestimmten Jugendlichen. Er beschreibt sie als solche, die es sowieso schon besonders schwer hätten und sich mit einfachen Botschaften leichter identifizieren könnten. Soziale Medien spielten dabei zwar eine wichtige Rolle. Letztlich medialisierten sie aber auch nur gesellschaftliche Konflikte, die man derzeit austrage.
    Eltern setzten sich teils wegen einer hohen Belastung im Job, aus inhaltlicher Zustimmung oder aufgrund von eigenen Problemen oft zu wenig mit der Radikalisierung ihrer Kinder auseinander. Auch Lehrer seien mit den multiplen Entwicklungen und Belastungen der Gegenwart überfordert, betonte Quent. Es fehlten zudem vielerorts Sozialarbeiter.

    Mutmaßliche rechtsextreme Terrorzelle von Jugendlichen aufgedeckt

    Am Mittwoch hatte die Polizei bei einer Razzia gegen eine mutmaßliche Terrorzelle mehrere Verdächtige zwischen 14 und 18 Jahren festgenommen. Zudem sorgt derzeit ein Fall an einer Schule in Gießen für Debatten. Dort sammelte der 12. Jahrgang auf einem Online-Portal Ideen für ein Abi-Motto. Dabei kamen teilweise antisemitische, rassistische und diskriminierende Vorschläge zusammen. Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln gegen Unbekannt wegen möglicher Volksverhetzung.

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    Diese Nachricht wurde am 22.05.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.