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Mehr Schutz vor Gerätelärm

Ohrenbetäubender Lärm zerrt an den Nerven. Dröhnende Autos, Krach vom Bau, ein lauter Arbeitsplatz, Flugzeuge oder auch lärmende Nachbarn stören die Ruhe. Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Nervosität - unter Umständen kann Lärm richtig krank machen. Eine Menge Leute wünschen sich deshalb strengere Vorschriften zum Schutz vor Krach, und das ist auch Umweltminister Jürgen Trittin zu Ohren gekommen. Er hat gestern angekündigt, den Lärmschutz künftig zu verbessern und zwar mit Hilfe so genannter Lärmkarten und Lärmminderungspläne. Dabei sollen auch die Bürger ein Wort mitzureden haben. Hersteller von Rasenmähern und anderen Garten- und Hobbygeräten müssen schon seit zwei Jahren angeben, wie viel Lärm das jeweilige Gerät entwickelt. Das Umweltbundesamt hat nun überprüft, ob sie das auch tun.

Von William Vorsatz | 29.07.2004
    Er ist Anlass für manchen Gerichtsstreit: der Rasenmäher oder besser, der Krach, der von ihm ausgeht. Im ruhigen Gartenidyll, bevorzugt am Sonntag Nachmittag, kann er die Nachbarn zur Weisglut bringen. Dabei geht es auch leise. Seit zwei Jahren muss an Garten- und Hobbygeräte sowie Baumaschinen der Schallleistungspegel ausgewiesen sein – deutlich erkennbar. Der Verkäufer im Baumarkt Berlin-Wedding weiß davon allerdings noch nichts:

    Nee. Dezibel steht nicht drauf. Im Prinzip nimmt jeder Handwerker Lärm in Kauf, der arbeiten möchte. Das gehört dazu. Hobbyleute auch natürlich.

    Das Umweltbundesamt ist in 15 Bau- und Verbrauchermärkte gegangen, hat mehr als 200 Geräte getestet. Das Urteil ist vernichtend. Ein Drittel aller Geräte trägt gar keine Lärmkennzeichnung. Und bei jedem zehnten Produkt war sie kaum zu finden. Lärmexperte Klaus Stinshoff:

    Wir mussten leider feststellen, dass bei vielen die Kennzeichnung mangelhaft war, das heißt schlecht sichtbar war, zum andern auch sehr versteckt angebracht war. Das heißt, der Verbraucher ist nicht in der Lage, dieses Schild mehr oder minder sofort zu orten.

    Da sind die Angaben zur Lärmbelastung beispielsweise auf schlecht einsehbaren Zusatzteilen angebracht.

    Ich hab bei einem großen Hersteller feststellen können, dass die Kennzeichnung unter dem Sitz des Fahrers angebracht war: Aufsitzrasenmäher. Das ist natürlich ein sehr gutes Versteck, da ist ja ein Sitz montiert oben auf dem Aufsitzmäher, den kann man so hoch heben, und drunter ist meistens die Batterie, da war dann also im Vorfeld der Batterie die Kennzeichnung des Schallleistungspegels angebracht.

    Solche Angaben kann der potentielle Käufer kaum für einen Vergleich heranziehen kann. Dabei lohnt sich genaues Hinschauen durchaus. Die Unterschiede bei der Lärmentwicklung sind beträchtlich. Die Messungen der Stiftung Warentest haben ergeben: Vergleichbare Produkte unterscheiden sich in ihrer Lautstärke um bis zu 12 Dezibel. Das bedeutet: Die lautesten Modelle machen doppelt so viel Krach wie die leisesten. Aber danach fragen die Kunden noch immer viel zu wenig. Die Einsicht, nach einem lärmarmen Hobby- oder Gartengerät zu suchen, kommt oft erst im Nachhinein, weiß Warentester Peter Birkholz:

    Der Lärm bekommt dann eine große Bedeutung, wenn es zu einem Nachbarschaftskonflikt gekommen ist. Am Anfang einer Produktauswahl wird vielleicht der Lärm nicht so im Vordergrund stehen, die Geräuschentwicklung, sondern eher die Gebrauchstauglichkeit, man will eine möglichst hohe Mehrleistung, möchte schnell das Rasenmähen hinter sich gebracht haben, und dann später erst, wenn es vielleicht Ärger gibt, dann auf einmal spielt natürlich die Geräuschfrage eine große Rolle.

    Die Stiftung Warentest bescheinigt den Herstellern jedoch gerade bei den Rasenmähern enorme Verbesserung. In den 30 Jahren ihrer Lärmmessungen seinen die Geräte erheblich leiser geworden, lägen alle weit unter den vorgeschriebenen Höchstwerten der EU.

    Aber es gibt natürlich neue Produkte im Gartenbereich. Der Kompost-Häcksler ist ja sehr im Kommen, und der Kompost-Häcksler, so hat einer unserer letzten Tests gezeigt, liegt im Geräuschniveau noch deutlich über den Grenzwerten. Und dort wird auch in den nächsten Jahre einen Entwicklung zu minderlauten Geräten zu verzeichnen sein.

    Auch Laubsauger machen immer noch viel zu viel Lärm. Selbst bei Betonmischern, Kreissägen und Bohrmaschinen lohnt sich das genaue hinschauen: Wo keine Kennzeichnung ins Auge fällt, sollte der Kunde den Verkäufer gezielt ansprechen. Und beachten, das für bestimmte Geräte die Einsatzzeiten vorgeschrieben sind: Am Sonntag Nachmittag in der Gartenanlage beispielsweise gilt auch für den Rasenmäher die Mittagsruhe.