Rentenpolitik
Mehr und länger arbeiten? Vorstoß von Wirtschaftsministerin Reiche sorgt für Unmut in der SPD - Arbeitgeberpräsident lobt "Klartext"

Bundeswirtschaftsministerin Reiche (CDU) hat die Deutschen aufgefordert, mehr und länger zu arbeiten. Kritik an dem Vorstoß kommt nicht nur vom Koalitionspartner SPD, sondern auch aus den eigenen Reihen. Positiv fiel dagegen die Reaktion von Arbeitgeberpräsident Dulger aus.

    Katherina Reiche (CDU), Bundesministerin für Wirtschaft und Energie, spricht im Bundestag bei den Haushaltsberatungen zur Einbringung des Entwurfs für den Bundeshaushalt 2025.
    Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) (Michael Kappeler / dpa / Michael Kappeler)
    Reiche spreche "Klartext und das ist gut so", sagte Dulger der Deutschen Presse-Agentur. Wer darauf mit Empörung reagiere, verweigere sich der Realität und versage vor der Verantwortung gegenüber kommenden Generationen. "Deutschland muss wieder mehr arbeiten, damit unser Wohlstand auch morgen noch Bestand hat", mahnte Dulger.
    Reiche hatte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" gesagt, der demografische Wandel und die steigende Lebenserwartung machten eine höhere Lebensarbeitszeit unumgänglich. Es könne auf Dauer nicht gut gehen, "wenn wir zwei Drittel des Erwachsenenlebens arbeiten und ein Drittel in Rente verbringen."

    SPD kritisiert "irreführende Zahlen"

    Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Schmidt, warf Reiche vor, mit irreführenden Zahlen zu argumentieren. Das gesamtwirtschaftliche Arbeitsvolumen sei seit Mitte der 2000er Jahre deutlich angestiegen, sagte sie den Funke-Zeitungen. Es arbeiteten mehr Menschen, davon insbesondere viele Frauen in Teilzeit. Die Lebenserwartung hänge zudem mit der Höhe des Einkommens zusammen. Eine längere Lebensarbeitszeit treffe deshalb "wieder einmal die Falschen".
    Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Roloff, sagte im "Spiegel" , Deutschland brauche zwar mehr Arbeitskraft, das könne man aber nicht pauschal über eine Erhöhung des Renteneintrittsalters erzwingen.

    Widerspruch auch aus der CDU

    Kritik am Vorstoß von Reiche kam auch vom Sozialfügel der CDU. Bundesvize Bäumler sagte, die Forderungen hätten keine Grundlage im Koalitionsvertrag. Er fügte hinzu, wer als Wirtschaftsministerin nicht realisiere, dass Deutschland eine hohe Teilzeitquote und damit eine niedrige durchschnittliche Jahresarbeitszeit habe, sei eine Fehlbesetzung.
    Der Sozialverband Deutschland (SoVD) übte ebenfalls Kritik. Durch ein Credo, dass die Menschen länger arbeiten könnten, dürfe es nicht "zu einer Anhebung des Renteneintrittsalters durch die Hintertür kommen", sagte die Vorstandsvorsitzende Engelmeier. Ähnlich äußerte sich der Deutsche Gewerkschaftsbund.

    Mittelstandsverband reagiert zurückhaltend

    Der Bundesverband Mittelständische Wirtschaft erklärte, wichtiger als eine höhere Lebensarbeitszeit sei eine Steigerung der Produktivität, außerdem müssten Steuern und Abgaben gesenkt werden.
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    Diese Nachricht wurde am 28.07.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.