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Mehrweg statt To Go
Das Problem mit den Kaffeebechern

Die Deutschen konsumieren ihr Lieblingsgetränk nicht nur zuhause oder am Arbeitsplatz, sondern auch auf dem Weg hier- oder dorthin: Kaffee to go gibt es in Pappbechern mit Plastikdeckel zu kaufen, nach kurzem Gebrauch landen sie im Müll. Die Verbraucherzentrale Hamburg fordert nun den Umstieg auf Mehrwegbecher.

Von Maike Strietholt | 25.11.2014
    Kaffee to go als globales Phänomen: junge Menschen in Moskau.
    Kaffee to go als globales Phänomen: junge Menschen in Moskau. (dpa / Alexandra Mudrats)
    Die Filiale einer großen Kaffeekette in der Hamburger Innenstadt ist gut gefüllt, auch To-Go-Becher wandern alle paar Minuten über den Tresen. "Einmal Café Latte zum Mitnehmen!"
    Einige Gäste trinken ihren Kaffee sogar an den Tischen des Cafés aus Pappbechern, draußen vor der Tür stehen mehrere ausgetrunkene Mitnehmbecher auf dem Boden. Viele der Gäste outen sich dann auch als regelmäßige Kaffee-To-Go-Trinker - teils mit schlechtem Gewissen:
    "Relativ häufig" - "Jeden Tag, mehrmals, ja ... weil es schnell geht – mein Lieblingskaffee ist hier, und ich muss zur Uni." - "Ich weiß, worauf Sie hinauswollen. Umweltschutz, biologisch abbaubar und solche Dinge." - "Meine Kollegen haben sich beschwert - erstens ist es viel zu teuer und außerdem bin ich nicht umweltfreundlich. Ich habe mir schon überlegt, ob ich mir so eine feste Tasse zu kaufen, damit ich die immer mitbringen kann, die befüllt wird und ich sie wieder mitnehme."
    Eine Idee, der Carl Petersen von der Hamburger Verbraucherzentrale nur zustimmen kann. Er steht im Büro vor Kisten mit mehreren hundert Thermo-Kaffeebechern. "Wir haben hier einen schönen Edelstahlbecher, der ist mit einem Schraubverschluss versehen, der gewährleistet, dass der Kaffee dann auch nicht ausläuft."
    Rund 6,4 Milliarden To-Go-Becher pro Jahr in Deutschland
    Die Becher sollen heute kostenlos in der Fußgängerzone verteilt werden - und so Lust auf Kaffee ohne Wegwerfverpackung machen. Eine Veränderung des Konsumverhaltens sei dringend notwendig, sagt Carl Petersen - im Kaffeeland Deutschland würden zur Zeit jährlich rund 6,4 Milliarden To-Go-Becher verbraucht.
    "Wir konsumieren so etwa 165 Liter Kaffee im Jahr, und davon werden ungefähr 20 Liter in To-Go-Bechern konsumiert, und da kommt man dann auf circa 80 Einwegbecher, die jeder Mensch circa verbraucht."
    Die dann immerhin recycelt werden könnten - wenn sie denn in entsprechende Wertstoffsammlungen gegeben würden. In der Realität landen jedoch fast alle Becher in den städtischen Restmülltonnen. Neben dieser Papierverschwendung nennt Carl Petersen aber noch ein weiteres Problem. Der CO2-Verbrauch bei der Produktion: "Ein Becher hat etwa 110 Gramm CO2, und das summiert sich dann auf 40 Kilogramm CO2-Ausstoß."
    Pro Durchschnitts-Bundesbürger – eine CO2-Menge, die einer Autofahrt über 200 Kilometer in einem Mittelklassewagen gleichkommt. Und in dieser Rechnung sind die Plastikdeckel noch nicht mit eingerechnet. Indes haben nicht nur die Kunden, sondern auch die Kaffeeanbieter selbst die Problemsituation erkannt: Ein Marktcheck der Verbraucherzentrale Hamburg ergab, dass immerhin die Hälfte der befragten Coffeeshops und Bäckereien wiederverwendbare Becher im Sortiment hat – die Kosten liegen zwischen acht und 16 Euro pro Stück.
    "Von den 14 Geschäften waren es sieben, die solche im Angebot hatten, und die befüllen sie natürlich auch. Aber sie befüllen auch Fremd-Mehrwegbecher. Interessant war, dass nur zwei es generell ablehnen, Becher wieder zu befüllen."
    Wobei als Argument mangelnde Hygiene angeführt wurde - ein Aspekt, der bei den anderen Anbietern offensichtlich kein Problem darstellt und daher bei Carl Petersen von der Verbraucherzentrale auf wenig Verständnis stößt:
    "Da ist keine wirklich einheitliche Linie, und das zeigt, dass die Anbieter etwas in sich gehen und sicherstellen sollten, dass eine Wiederbefüllung unter hygienischen Aspekten auch möglich ist."
    Und letztlich würden die Anbieter ja sogar Kosten einsparen, weshalb es an einigen Verkaufsstellen für Kaffee im mitgebrachten Becher eine kleine Preisvergünstigung von meist 10 Cent gibt – für Carl Petersen eine logische Konsequenz. Er sieht Verbraucher und Anbieter gleichermaßen in der Pflicht, etwas zu verändern.