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Mehrwegflaschen
"Ein starkes Signal für die Branche"

Coca Cola plant die Abschaffung von Getränken in der Halbliter- und Eineinhalbliter-Mehrwegflasche. Das sei eine Entscheidung "gegen den Umweltschutz und für weniger Arbeitsplätze", erklärt Thomas Fischer von der Deutschen Umwelthilfe.

Thomas Fischer im Gespräch mit Georg Ehring | 19.02.2015
    Mehrere Flaschen Limonade verschiedener Sorten.
    DUH: "Die Mehrwegquote ist innerhalb der letzten zehn Jahre deutlich gesunken." (picture alliance / dpa / Martin Schutt)
    Georg Ehring: Der Coca-Cola-Konzern ist Marktführer bei Erfrischungsgetränken ohne Alkohol und die Entscheidungen des Unternehmens haben Gewicht. Gestern wurde bekannt, dass Coca Cola die Herstellung von Getränken in der Halbliter- und Eineinhalbliter-Mehrwegflasche einstellt und stattdessen auf Einweg setzt. Es geht wohl vor allem um die kleineren Verpackungen; die würden häufig an einem Ort verkauft und anderswo zurückgegeben, sodass viele leere Kästen mit hohem Aufwand transportiert werden müssten.

    Thomas Fischer kümmert sich bei der Deutschen Umwelthilfe um Mehrweg und Einweg. Guten Tag, Herr Fischer!
    Thomas Fischer: Einen schönen guten Tag. Hallo!
    Ehring: Herr Fischer, erst einmal zur Entscheidung bei Coca Cola selbst. Wie stark sinkt denn die Mehrwegquote bei dem Unternehmen?
    Fischer: Die Entscheidung von Coca Cola zur Auslösung der von Ihnen genannten Mehrwegflaschen führt zu einem Absacken der Mehrwegquote von aktuell 56 Prozent auf nur noch 42 Prozent und das ist eine sehr signifikante Veränderung nach unten.
    Ehring: Sehen Sie das denn als Signal für andere, die dann nachfolgen könnten?
    Fischer: Die Entscheidung von Coca Cola, Mehrwegflaschen sukzessive abzuschaffen, ist natürlich ein sehr starkes Signal für die Branche, weil Coca Cola der Marktführer und das dominierende Unternehmen im Erfrischungsgetränkesegment in Deutschland ist, und das könnte negative Folgen haben für die Umwelt und für Arbeitsplätze und auch andere Unternehmen dazu veranlassen, eine ähnliche Entscheidung zu treffen.
    "Die Mehrwegquote ist innerhalb der letzten zehn Jahre deutlich gesunken"
    Ehring: Wie hat sich denn die Mehrwegquote insgesamt in letzter Zeit entwickelt?
    Fischer: Die Mehrwegquote ist innerhalb der letzten zehn Jahre deutlich gesunken in Deutschland und deshalb ist es besonders wichtig, dass Unternehmen wie Coca Cola, die bisher auf Mehrweg gesetzt haben und eine Mehrwegquote von rund 60 Prozent hatten, eben auch bei diesem umweltfreundlichen Getränkeverpackungssystem bleiben und keine Entscheidung gegen den Umweltschutz und für weniger Arbeitsplätze treffen.
    Ehring: Sie sprechen von Umweltvorteilen der Mehrwegflasche. Gibt es die denn eigentlich noch, angesichts des Wandels der Getränkebranche? Es gibt ja immer mehr individuelle Flaschen, es muss immer stärker sortiert werden, kleine Betriebe machen dicht, es gibt immer weitere Transportentfernungen für die Mehrwegflasche. Ist die denn überhaupt noch umweltfreundlich?
    Fischer: Die Mehrwegflasche ist nach wie vor auch nach Studien des Umweltbundesamtes die umweltfreundlichste Getränkeverpackung. Mehrweg funktioniert nach wie vor in regionalen Distributionsradien, das heißt werden über sehr geringe Entfernungen hin und hertransportiert.
    Der Anteil von den von Ihnen erwähnten Individualflaschen beträgt beispielsweise im Bierbereich nur 15 Prozent und der Rest sind Standard-Pool-Flaschen und insgesamt ist es immer noch so, dass das Prinzip der Wiederbefüllung dazu führt, dass weniger Ressourcen eingesetzt werden müssen, dass Energie eingespart wird und dass weniger Abfall produziert wird.
    Discounter haben die "Mehrwegquote massiv gedrückt"
    Ehring: Worauf führen Sie das denn zurück, dass die Mehrwegquote trotzdem sinkt?
    Fischer: Die Mehrwegquote ist vor allen Dingen deshalb gesunken, weil die Marktanteile von Discountern wie Aldi und Lidl in den letzten zehn Jahren enorm gestiegen ist und gerade diese beiden Discounter setzen ausschließlich auf Einweg-Getränkeverpackungen, und im Wasserbereich haben Lidl und Aldi einen Marktanteil von mehr als 50 Prozent und es sind beispielsweise diese beiden genannten Unternehmen, die die Mehrwegquote massiv gedrückt haben und damit auch viele Mehrwegbetriebe ins Aus befördert haben.
    "Viele Verbraucher können heute nicht unterscheiden, was ist Mehrweg und was ist Einweg"
    Ehring: Wie stellen Sie sich die Lösung vor? Wie kriegt man die Mehrwegquote wieder hoch?
    Fischer: Die Quote ökologisch vorteilhafter Getränkeverpackungen - der größte Anteil davon sind Mehrwegflaschen - ist gesetzlich sogar festgelegt in der Verpackungsverordnung und Umweltministerin Barbara Hendricks ist jetzt gefordert, Mehrwegschutzmaßnahmen durchzuführen.
    Das kann sie auf zwei Wegen tun: einmal durch die Einführung einer Lenkungsabgabe auf unökologische Getränkeverpackungen. Das heißt: Einweg-Plastikflaschen, Getränkedosen werden mit einem zusätzlich zu zahlenden Betrag von 20 Cent - das ist die Höhe, die wir vorschlagen - belegt, sodass es eine Lenkungswirkung zu Mehrwegflaschen gibt, zu umweltfreundlichen Getränkeverpackungen. Und zusätzlich sollte eine Regelung erlassen werden, dass klar gekennzeichnet wird, was ist Einweg, was ist Mehrweg, weil viele Verbraucher können heute nicht unterscheiden, was ist Mehrweg und was ist Einweg.
    Ehring: Thomas Fischer von der Deutschen Umwelthilfe war das zum Thema Mehrweg und Einweg. Herzlichen Dank.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.