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Mehrwertangebote aus dem Internet auf den Fernseher

Mit HbbTV (Hybrid Broadcast Broadband TV) können Videos aus dem Internet auf das Fernsehgerät gelangen. Dirk Tatmann, Projektleiter des Fraunhofer-Instituts Fokus erklärt, was HbbTV kann und wie die neuen Anwendungen eingesetzt werden.

Dirk Tatmann im Gespräch mit Manfred Kloiber | 03.09.2011
    Manfred Kloiber Hauptproblem für den 3D-Trend ist der fehlende Inhalt. Nur wenige Fernsehproduzenten haben überhaupt 3D-Filme auf Lager. Hauptcontent-Liefernat ist da eher die Spieleindustrie und das Internet. Und die Werbebranche, die mit dreidimensionalen Eindrücken Produkte noch besser verkaufen will. Und wenn die Fernsehwerbung dann dank Hybrid-TV
    auch noch über das Internet aufgepeppt werden kann, dann klingeln bei den Sendern und den Produzenten bestimmt auch die Kassen.
    Das Fraunhofer-Institut Fokus in Berlin demonstriert auf der IFA, wie es gehen kann und Projektleiter Dirk Tatmann hat es mir erklärt.

    Dirk Tatmann: HbbTV bietet nicht für Werbetreibende, sondern ganz allgemein die Möglichkeit, zu einem anliegenden Fernsehsignal eine Webanwendung zu schalten, eine HbbTV-Anwendung, und dem Nutzer dadurch die Möglichkeit zu geben, in die Welt des Internets, in die Welt dieser Anwendung unterzutauchen.

    Kloiber: Jetzt gerade ist hier ein Spot eines Autoherstellers erschienen, und dann auch gleichzeitig ein kleines Bild: Konfigurieren Sie Ihr Auto, drücken Sie auf die rote Taste. Was bedeutet das?

    Tatmann: Das bedeutet, dass die Fernseher, oder Setup-Boxen, die HbbTV unterstützen, auf ihrer Fernbedienung eine rote Taste haben, den Red Button, und ich jetzt mit Druck auf diesen Red Button diese Anwendung, die im Hintergrund liegt, starten kann.

    Kloiber: Dann machen wir das mal.

    Tatmann: Was nun zu sehen ist, ist dass der Car-Configurator von dem Automobilhersteller hier gestartet wird und im Hintergrund läuft das Fernsehsignal natürlich weiter, aber ich kann jetzt mit der Fernbedienung und mit dem Steuerkreuz mich einfach durch die Anwendung navigieren und mir hier das Fahrzeug in seiner Ausstattung zusammenstellen: Farbe definieren, Motor definieren, Felgen auswählen, mir Informationen zu dem Fahrzeug anschauen, textuell als auch Bildinformation, auch Videoinformation. Ich kann mir eine 360-Grad-Ansicht anschauen, das heißt, das Fahrzeug rotiert dann vor mir und ich kann aus allen Winkeln das Fahrzeug betrachten. Ich kann Film und Bilder starten, die auch das Fahrzeug noch beschreiben und damit einen schönen Rundumeindruck von dem erworbene Fahrzeug bekommen.

    Kloiber: Kommen denn jetzt all diese Informationen, die über dieses Fahrzeug zusätzlich zu dem Werbespot jetzt zu sehen sind, kommen die alle von der ausstrahlenden Fernsehanstalt oder kommen die über das Internet?

    Tatmann: Man kann die Anwendung komplett über den Broadcast-Stream auf das Endgerät bringen. Was bei uns in Deutschland primär gemacht wird, sind Weblinks, die an das Endgerät geschickt werden, die das Gerät dann aufnehmen kann und über einen Netzwerkanschluss, also einen Internetanschluss, dann auch aus dem Internet beziehen kann.

    Kloiber: Reicht das denn, wenn der Werbetreibende der Fernsehanstalt sagt: Pass auf, wenn Du meinen Spot ausstrahlst, dann blendest du bitte den Link sowieso ein und packst ihn auch gleich unter diesen roten Knopf. Oder muss dahinter ein spezielles Angebot stehen, das extra für den Fernseher komponiert wurde.

    Tatmann: Es sieht zurzeit so aus, dass wir im CE-HTML-Standard die Anwendung entwickeln müssen. Das ist eine Webanwendung, also eine HTML4-Anwendung die optimiert wurde für den Fernseher. Das heißt, hier wird darauf geachtet, dass die Steuerung mit einem einfachen Steuerkreuz, wie es für Fernbedienungen üblich ist, bedient werden kann. Und ich muss auch zusehen, dass ich die Bildelemente, die Grafikelemente und die Steuerung entsprechend fernsehgerecht aufbereite. Auch Texte entsprechend groß darstelle, da ich meistens in einer Lean-Back-Situation nicht so nah Fernseher dran sitze.

    Kloiber:Sie als Fraunhofer-Fokus, als Forschungsinstitut, warum beschäftigen Sie sich mit Werbung?

    Tatmann: Wir beschäftigen uns nicht mit Werbung. In diesem Fall hat das Exponat den Newscase, dass wir aus einer Werbung eine Anwendung starten. Generell beschäftigen wir uns allgemein mit IP-TV, Standardisierungen, Hybrid-TV. Also wie eine ganze Wertschöpfungskette auch abgebildet werden kann, dazu muss es seinen Standard geben. Es gibt diverse Schnittstellen zwischen Contentproduzenten, zwischen Technologieprovidern, Netzwerkoperatoren und auch Endgeräteherstellern. Und da sind wir aktiv im Bereich Standardisierung und wir bauen auch Prototypen, wie hier das Exponat auf der IFA, dass so ein Szenario darstellt.

    Kloiber: Aber Hand aufs Herz: Dafür, dass so ein Standard wie HBB-TV sich durchsetzen kann, braucht man auch die Werbeindustrie?

    Tatmann: Das ist durchaus eine treibende Kraft. Ich würde mal sagen nicht nur, aber sie hilft auf jeden Fall dabei, so einen Standard im Markt zu etablieren. Und da ist auch die Werbeindustrie durchaus ein Kandidat, der puscht.