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Mehrwertsteuer auf Hygieneartikel
Günstige Alternativen zu Tampon und Binden

Auf Binden und Tampons zahlen Frauen EU-weit einen erhöhten Mehrwertsteuersatz. Doch Binden und Tampons sind nicht nur teuer, sondern sie produzieren auch viel Müll - mit Alternativen kann frau nicht nur Müll, sondern auch Geld sparen.

Von Juliane Neubauer | 07.07.2016
    Tampon auf rosa Hintergrund
    19 Prozent Mehrwertsteuer werden auf Hygieneartikel wie Tampons und Binden erhoben. (imago/fotoimedia)
    In Deutschland greifen etwa zwei von drei Frauen während ihrer Periode zu Tampons. Grob gerechnet werden sie über 10.000 Stück in ihrem Leben verwenden. Mitte März starteten Frauengruppen EU-weit eine Diskussion um die sogenannte Tampontax. Denn Frauen zahlen für Tampons und Binden den hohen und nicht den ermäßigten Mehrwertsteuersatz, obwohl es sich um ein Produkt handelt, das ähnlich wie Lebensmittel zur Grundversorgung gehört. 300.000 Briten, die eine Petition gegen die Tampontax unterschrieben hatten, wurden bereits erhört: Der britische Premier David Cameron will den erhöhten Mehrwertsteuersatz für alle Hygieneprodukte gleich in der gesamten Europäischen Union abschaffen. Auch in Deutschland gibt es eine digitale Unterschriftenaktion für eine Herabsetzung der Steuer, die bisher 31.000 Personen unterschrieben haben. Initiiert hat sie unter anderem Juliane Graß.
    "Man kann sagen, dass das Mehrwertsteuersystem in Deutschland sehr unübersichtlich und auch sehr widersprüchlich ist. Wir erwarten einfach nur, dass das Mehrwertsteuersystem so angeglichen wird, dass Produkte, die wirklich zum Leben und auch zum sozialen Leben dazu gehören, mit sieben Prozent oder eben sogar weniger besteuert werden und Produkte, die man vielleicht nicht zwingend zum Leben braucht, weiterhin mit 19 Prozent."
    Während man auf Kaviar oder Blumen sieben Prozent Mehrwertsteuer zahlt, muss man für Hygieneartikel wie Tampons und Toilettenpapier 19 Prozent drauflegen.
    Günstiger und umweltfreundlicher als Tampons
    Manche Frau stellt sich mittlerweile auch die Frage, warum sie nicht ganz auf klassische Menstruationsartikel verzichtet und zu einer umweltfreundlicheren und zudem sogar günstigeren Alternative greift. Die New Yorkerin Miki Agrawal hat sich vor gut drei Jahren zum Ziel gesetzt, den Markt für Damenhygiene auf zu mischen. Sie wollte ein Produkt entwickeln, das zeitgemäß ist und ein weitverbreitetes Problem beseitigt.
    "Jede Frau hat es schon erlebt, dass etwas ausgelaufen ist und man dann mit dem Fleck ein Problem hatte. Und unsere Frage war, wie kann es sein, dass es in dieser Zeit der Innovationen keine Innovation in dieser Hygienekategorie gab. Immerhin handelt es sich um etwas, auf das die Frauen lange Zeit in ihrem Leben angewiesen sind."
    Der weltweite Markt für Damenhygieneartikel umfasst über 13 Milliarden Euro jährlich. Durchaus lukrativ hier mitzumischen. Miki Agrawals Idee war es, eine Unterhose zu erfinden, die die Funktion einer Binde hat, bequem ist und gut aussieht. Unter dem Namen Thinx verkauft sie heute eine kleine Kollektion von Unterwäsche – für rund 30 Euro das Stück. Seit einem Jahr vertreibt sie die Unterwäsche über das Internet, mit großem Erfolg. In den Slip zu bluten hört sich für viele zunächst komisch an, sagt Agrawal:
    "Man muss natürlich sein Verhalten ändern, aber es macht keinen Unterschied dazu, eine Binde zu tragen, außer, dass man eben in seine Unterwäsche blutet, die man dann aber auswaschen kann. Anders als eine Binde hat unsere Unterhose eine Schicht, die gegen die Vermehrung von Bakterien wirkt. Es fühlt sich an und sieht aus, als würde man ganz normale Unterwäsche tragen und nicht als würde man gepolsterte Unterwäsche tragen."
    Rund fünfeinhalb Milliarden Binden und Tampons landen allein in Deutschland und Österreich jährlich auf dem Müll. Im Unterschied dazu ist die Unterhose kein Wegwerfprodukt. Sie könne bei richtiger Pflege über Jahre getragen werden, wirbt Agrawal.
    Menstruationstasse jahrelang benutzbar
    Eine andere Idee für umweltfreundliche Menstruationshygiene sind die sogenannten Menstruationstassen: Ein kleiner Becher aus weichem, medizinischem Silikon, der in der Scheide das Blut auffängt, anschließend ausgewaschen und wieder eingesetzt wird. Die Tasse ist allerdings nur für Frauen geeignet, die mit ihrem eigenen Menstruationsblut kein Problem haben, wie Anna-Lena. Sie benutzt die Menstruationstasse seit ein paar Monaten.
    "Natürlich sieht man das direkt und man macht sich auch mehr die Finger schmutzig, aber das finde ich nicht schlimm. Ich finde es eher einfach interessant, zu sehen, dass man zum Beispiel die Menge total überschätzt. Zuerst war meine Vorstellung, dass das Ding ja irgendwie überlaufen muss, das passiert aber nicht."
    Kaufen lässt sich die Tasse für etwa 20 Euro in Drogerien, Apotheken oder im Internet. Auch der Becher könne bei richtiger Pflege viele Jahre benutzt werden. In den meisten EU-Staaten sind die Alternativen zu Tampons und Binden nur wenigen bekannt. In Finnland dagegen lässt sich der Erfolg in Zahlen fassen: Dort hat bereits jede zehnte Frau den Tampon gegen eine umwelt- und geldschonende Menstruationstasse eingetauscht.