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Mehrwertsteuer rauf, Lohnnebenkosten runter

Frankreichs Regierung will noch vor den Wahlen einen deutlichen Umschwung in der Arbeits- und Sozialpolitik vollziehen. Details will die Regierung am 18. Januar auf den Tisch legen. Vorbild ist Deutschland.

Von Ursula Welter | 03.01.2012
    Die Idee ist nicht neu, Nicolas Sarkozy hat schon im Wahlkampf 2007 mit dem Gedanken gespielt, die Arbeitskosten durch eine Anhebung der Mehrwertsteuer zu entlasten. Nun, wenige Monate vor dem Ende seiner Amtszeit und mitten im aufkeimenden Wahlkampf, will Sarkozy das Projekt realisieren.

    Regierungssprecherin, Valerie Pecresse, bestätigte, dass die sogenannte "TVA sociale", die Mehrwertsteueranhebung zur teilweisen Entlastung der Lohnkosten von den Sozialabgaben, noch vor den Präsidentschaftswahlen im April umgesetzt werde:

    Französische Produkte müssten wettbewerbsfähig gemacht werden gegenüber Importen aus Ländern mit geringeren Lohnkosten, sagte Pecresse. Details will die Regierung am 18. Januar auf den Tisch legen. Für diesen Tag hat Staatspräsident Sarkozy die Sozialpartner zu einer großen Konferenz eingeladen. Bis dahin wird spekuliert werden, um wie viele Punkte die Mehrwertsteuer angehoben werden wird und welche Produkte betroffen sein werden.

    Die Brutto-Löhne in Frankreich, so rechnete das Arbeitsministerium vor, würden mit 50 Prozent Sozialabgaben belastet. Sind die Abgaben in Frankreich zu hoch, fragte deshalb Arbeitsminister Xavier Bertrand heute: Ja, sie sind es, deshalb werde nun gehandelt.

    Der Finanzwissenschaftler und Direktor des Forschungs-Instituts Edhec, Noel Amanc, sagte im französischen Rundfunk, die Entscheidung sei riskant:

    Die Entlastung der Unternehmen durch geringere Sozialabgaben werde bei den Verbrauchern kurzfristig nicht ankommen, warnte der Wissenschaftler. Vielmehr riskiere die Regierung einen Preisschock und einen Einbruch der Nachfrage, einen Nachfrageschock.

    Arbeitgeberpräsidentin Laurence Parisot begrüßte das Vorhaben, die Opposition reagierte ablehnend, dies sei ein Geschenk des Wahlkämpfers Sarkozy an die Unternehmen, hieß es im linken Parteienspektrum. Pierre Moscovici sagte für die französischen Sozialisten, Zitat: "Wir werden so etwas im Falle des Wahlsiegs nicht tun, das ist nicht sozial", Moscovici ist Kampagnenchef des sozialistischen Präsidentschaftskandidaten Francois Hollande.

    Der Wahlkämpfer Sarkozy, der seine erneute Kandidatur noch nicht offiziell bekannt gegeben hat, hatte in den vergangenen Monaten stets auf das Beispiel Deutschland verwiesen und vor Weihnachten gar den deutschen Sozialdemokraten Gerhard Schröder in den Elysee Palast eingeladen. Arbeitsmarktreformen, so Sarkozys These, seien zwar nicht immer populär, wie das Beispiel Deutschland zeige aber durchaus erfolgreich.