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Mein Vater der Zauberer - Meine Liebe das Meer

Dem Filmemacher, Autor und Fotograf Wolf Gaudlitz ist es 1999 gelungen, das letzte "Mann-Kind", Thomas' Lieblingstochter Elisabeth, genannt "die Medi", in ihrem Haus bei Halifax/Kanada, zwei Tage lang in ein sehr persönliches Gespräch über das zu Ende gehende Jahrhundert zu verwickeln.

Von Wolf Gaudlitz |
    "Die Manns - Ein Jahrhundertroman" nannte Heinrich Breloer später seine preisgekrönte Chronik über die bedeutendste deutsche Schriftstellerfamilie des letzten Jahrhunderts. Dem Film aber vorweg erzählte Elisabeth Mann Borgese, die große Meeres- und Friedensforscherin und zugleich einziges weibliches Gründungsmitglied des Club of Rome, was bei aller Lebensfreude ihren ganz persönlichen "Jahrhundertroman" ausmachte.

    Als letzte und zugleich unbeschwerteste Zeugin der Familie Mann ließ sie sich auf dieses Gespräch ein, das so sehr in die Tiefe dunkler deutscher Geschichte führt, als es zugleich die Tragik "Mann'scher" Schwermut aus Elisabeths doch stets auch heiterem Blickwinkel reflektiert. Dieses einmalige Gespräch, in dem außer dem "Hundefräulein" auch ihre klavierspielenden Hunde "zu Wort" kommen, zeugt von dem schier unendlichen Lächeln einer großen (deutschen) Weltbürgerin.


    Biografischer Abriss:

    Elisabeth Mann Borgese wurde am 24. April 1918 in München als das fünfte Kind und die jüngste Tochter von Katia und Thomas Mann geboren.

    Sie war das Lieblingskind ihres Vaters. In seinen Werken wurde sie im "Gesang vom Kindchen" und als Lorchen in der Novelle "Unordnung und frühes Leid" verewigt.

    1938 übersiedelte sie mit den Eltern in das US-amerikanische Exil nach Princeton.

    1939 heiratete sie dort den 1931 aus dem faschistischen Italien emigrierten 36 Jahre älteren Schriftsteller Giuseppe Antonio Borgese.

    1941 erhielt sie die amerikanische Staatsangehörigkeit.

    Sie nahm seit 1967 regelmäßig an den UNO-Seerechtskonferenzen teil. Ihrem Engagement wird zugeschrieben, dass im heutigen Seerecht die Meere als Gemeinerbe der Menschheit angesehen werden.

    1972 gründete sie das International Ocean Institute auf Malta und wurde dessen erste Direktorin.

    Sie investierte die Erlöse der Bücher ihres Vaters in die Rettung der Meere. Ihr Motto lautete: "Wir müssen die Ozeane retten, wenn wir uns selbst retten wollen”.

    1980 wurde sie zur Professorin für Internationales Seerecht an die Politische Fakultät in Halifax berufen und bestimmte maßgeblich das Seerechtsübereinkommen von 1982.

    Sie starb am 8. Februar 2002 in St. Moritz im Alter von 84 Jahren


    Ihre emotionale Bindung an die Ozeane wurde schon als Kind durch die langen Urlaube mit der Familie an der Ostsee und nicht zuletzt durch die leidenschaftliche Beziehung des Vaters zum Meer geprägt. Ihr romantisches Empfinden, gepaart mit einem scharfen Verstand und dem politischen Gewissen der Visionäre der fünfziger und sechziger Jahre, machte sie in den letzten 25 Jahren zu einer der maßgeblichsten Streiterinnen für die Belange der Meere.
    Mare: Botschafterlin der Meere


    In memoriam Elisabeth Mann Borgese: Nachruf im Jahrbuch Ökologie


    Elisabeth-Mann-Borgese-Meerespreis Schleswig-Holstein


    Filmtipp:

    Im April 1999 führt Heinrich Breloer Thomas Manns Tochter Elisabeth in ihr ehemaliges Elternhaus in München. Die 81 Jahre alte, kluge und humorvolle Witwe des 1952 verstorbenen italienischen Literatur- und Politikprofessors Giuseppe Antonio Borgese erinnert sich an ihre Kindheit, an ihre Eltern, die Geschwister, den Onkel Heinrich und dessen Frau Nelly. Elisabeth Mann Borgeses Antworten auf Heinrich Breloers Fragen halten den Film zusammen, den er aus früheren Äußerungen anderer Familienmitglieder, Erinnerungen von Thomas Manns langjähriger Sekretärin Hilde Kahn-Reach, Originalaufnahmen und nachgespielten Szenen montiert hat.

    Die Manns - Ein Jahrhundertromanist ein dreiteiliger deutscher Fernsehfilm von Heinrich Breloer aus dem Jahre 2001.


    Literatur:


    Wolf Gaudlitz , Elisabeth Mann Borgese: Mein Vater der Zauberer - Meine Liebe das Meer. Im Gespräch mit Wolf Gaudlitz.
    Hörbuch, Produktion des BR, AUDIOBUCH Verlag 2001, ISBN 3933199662.

    Im Gespräch mit dem Filmemacher und Autor Wolf Gaudlitz erzählt die Tochter des Zauberers zum ersten Mal öffentlich von der Familie Mann, den Freunden und Bekannten im Exil (wie Albert Einstein) und ihrem Leben nach dem Krieg. Dazu gehört auch die zufällige Begegnung mit dem amerikanischen Schriftsteller John Irving während eines Transatlantikflugs, die nach beider Erinnerung ausgesprochen komisch verlief. Elisabeth Mann Borgese, die aus Protest gegen den Vietnamkrieg ihre amerikanische Staatsbürgerschaft zurückgab, hat nie nachgelassen in ihrem Einsatz für den Schutz der Meere und den Weltfrieden. Das Gespräch wurde im März 1999 zu Beginn des Kosovo-Krieges in ihrem Haus in Kanada aufgezeichnet.


    Kerstin Holzer: Elisabeth Mann Borgese. Ein Lebensportrait.
    Fischer Verlag, ISBN: 978-3596157259, 9,90 Euro

    Als Protagonistin in Heinrich Breloers Fernsehdokumentation über die Familie Mann wurde sie auch einem breiten Publikum bekannt. Die jüngste Tochter Thomas Manns, Elisabeth Mann Borgese, war der Liebling des berühmten Nobelpreisträgers. "Sie war erwünscht und willkommen auf dieser Welt, geliebt von Anfang an, 'mehr als die vier anderen zusammengenommen', schreibt Thomas Mann an Elisabeths Paten Bertram.


    Elisabeth Mann Borgese: Der unsterbliche Fisch
    Edition Memoria, ISBN: 978-3930353088, 19,90 Euro

    In ihren italienischen 50er Jahren schrieb die ausgebildete Konzertpianistin Erzählungen. Zu ihrem 80. Geburtstag hat sie Thomas B. Schumann neu herausgegeben. Ihre nach eigener Einschätzung "bescheidenen, kleinen literarischen Versuche" erweisen sich rasch als visionäre, humorvolle, mitunter satirisch zugespitzte bis bitterböse Geschichten, die nichts an Aktualität und Brisanz verloren haben.


    Elisabeth Mann Borgese und Marianne Scheuerl: Mein Leben. Elisabeth Mann Borgese
    Hoffmann und Campe, ISBN-13: 978-3455320121, 9,95 Euro

    Elisabeth Mann Borgese erzählt 1999 in einem Gespräch mit Marianne Scheuerl lebendig und interessant über ihre Liebe zum Meer und über ihre Arbeit. Sie berichtet über Pläne und Projekte und blickt zurück auf ihr Leben in der Familie Mann.


    Marianne Krüll: Im Netz der Zauberer. Eine andere Geschichte der Familie Mann
    Fischer Verlag, ISBN: 978-3100420305, 15,99 Euro

    "Was für eine sonderbare Familie sind wir! Man wird später Bücher über uns - nicht nur über einzelne von uns - schreiben", ahnte Klaus Mann bereits 1936. Seit neben den Werken auch Briefe und Tagebücher von Thomas, Heinrich, Erika und Klaus Mann sowie Lebenserinnerungen anderer Familienmitglieder vorliegen, ist der Zeitpunkt erreicht, und die Soziologin und Familienforscherin Marianne Krüll hat in ihrem Bestseller die erlebten und Literatur gewordenen Geschichten der Manns im Vergleich mit- und zueinander analysiert.

    Sie folgt in ihrer auf langjährigen intensiven Forschungen basierenden Biographie der Familie Mann den Fäden des Netzes, in dem sie alle verstrickt waren, Ausgangspunkt ist der Selbstmord Klaus Manns, den sie vor dem Hintergrund des Generationen umspannenden Gewebes von Schuld, Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit und Tod betrachtet. Sie legt dar, wie Erfolg und Scheitern, Selbstverwirklichung und Selbstvernichtung auf unterschiedliche Weise von den Mitgliedern dieser Familie gelebt wurden.


    Uwe Naumann: Die Kinder der Manns. Ein Familienalbum
    Rowohlt Verlag, ISBN: 978-3498046880, 19,90 Euro

    Zum ersten Mal ist ein Bildband über die Geschichte aller sechs Kinder von Katia und Thomas Mann mit vielen unbekannten Fotos und Dokumenten erschienen. Der Bildband "Die Kinder der Manns" widmet sich erstmals allen sechs Kindern von Thomas und Katia Mann: von den ältesten, Erika und Klaus, über die "mittleren", Golo und Monika, bis hin zu den Nachzüglern Elisabeth und Michael Mann. Das Familienalbum beginnt mit Erikas Geburt 1905 und endet mit Elisabeths Tod 2002. Die Spanne reicht also von den Anfängen der gemeinsam in München verbrachten Kindheit über die "wilden" Jahre der Weimarer Republik, die Zeit der Emigration ab 1933 und die schwierige Epoche nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die jüngste Vergangenheit.

    Kirsten Jüngling: Ich bin doch nicht nur schlecht - Nelly Mann. Die Biografie
    Propyläen Verlag 2008, ISBN: 978-3549072691, 22,90 Euro


    Momentan vergriffen sind die folgenden Bücher von Elisabeth Mann Borgese:

    Aufstieg der Frau - Abstieg des Mannes?

    Das Drama der Meere

    Mit den Meeren leben

    ... sagte mein Vater

    Wie Gottlieb Hauptmann die Todesstrafe abschaffte

    Zwei Stunden