Ein roter VW-Käfer versucht, einen steilen Hang hinaufzufahren, bloß um mangels Pferdestärken immer und immer wieder rückwärts hinabzurutschen. Ein Mann schiebt einen Eisblock durch die Straßen einer brütend heißen Stadt, bis von dem Block nur noch ein paar Wassertropfen übrig sind. 500 Männer und Frauen schaufeln wie wild, um eine riesige Sanddüne um zehn Zentimeter zu verschieben.
"Das bezeichnende für Francis Alÿs ist die Bewegung."
Sagt Klaus Biesenbach, der Kurator von "Francis Alÿs: A Story of Deception”. Die Bewegung und Metaphern:
"Alles, was er macht, geht eigentlich aus von einem Satz. So wenn man sagt: Wenn der Glaube Berge versetzen könnte. Das ist ein Satz. Und dann überzeugt er 500 Freiwillige mit Schaufeln eine Sanddüne zu bewegen, die sich natürlich nicht bewegt, weil der Sand sofort vom Wind irgendwie verweht wird. Aber dann gibt es eben Zeichnungen, dann gibt es eine Malerei, die das dokumentiert. Dann gibt's ein Video, dann gibt's einen Helikopter, der über diese Sanddüne fliegt. Und dann gibt's natürlich die Erzählung, wie eine moderne Fabel, dass jemand sagt: Oh Gott, da war dieser belgische Künstler, der in Mexiko lebt, und er ist nach Lima gekommen, und er hat diese 500 Leute bewegt, da einen ganzen Tag lang in der Sonne zu schaufeln."
"When Faith Moves Mountains”, so der Titel des Dünenprojekts von 2002, zählt zu den bekanntesten Werken des 51-jährigen Künstlers. Mit seinem Motto "Maximaler Aufwand, minimales Resultat” begeistert Francis Alÿs seit Anfang der 1990er-Jahre die internationale Kunstwelt. In der groß angelegten Retrospektive im Museum of Modern Art und in der Schwesterinstitution MoMA PS 1 wird deutlich, nach welchen Mustern Alÿs' Multimedia-Werkstatt funktioniert.
Da ist zum einen die Vergeblichkeit menschlichen Strebens, die einem Francis Alÿs als Interpretation auf dem Silbertablett serviert. Ob wie in "Guards” von 2004 in London 64 herumirrende königliche Garden zusammenfinden, kurze Zeit im Gleichschritt laufen und sich dann wieder zerstreuen, oder ob der Künstler mit der Kamera in der Hand durch die Wüste Windhosen hinterher jagt wie in seiner jüngsten Arbeit "Tornados”: Stets enden seine Aktionen mit weniger als nichts. Einem Nichts allerdings, das sich hervorragend kommerziell verwerten lässt. Denn wie Klaus Biesenbach bereits angedeutet hat, dokumentiert Francis Alÿs jedes Stadium seiner sich teilweise über Jahre hinwegziehenden Performances: Auf hübschen Zeichnungen und Bildchen und vor allem auf den Filmen, die sich in den Räumen eines Museums ebenso prächtig machen wie auf dem Flachbildschirm in einem schicken Wohnzimmer.
Alÿs' Werke haben alle die Form kleiner, witziger Geschichten, in denen der Künstler, wenn überhaupt, als clowneske Figur auftritt. Gefälliger geht es nicht. Klaus Biesenbach:
"Er ist ein Architekt, und es gibt einen Entwurf. Und der Entwurf wird detaillierter und detaillierter und detaillierter. Dann baut man ein Modell. Dann hat man das Modell und dann baut man vielleicht ein Gebäude. Aber man sagt, dieses Gebäude ist immer noch nicht genau das, was eigentlich der Architekt wollte. Also es geht eigentlich um eine Umformulierung, eine Neuformulierung immer wieder von dem, was eigentlich sein Konzept sein könnte. Und es ist ganz wichtig, dass er nie sein Konzept erreicht."
Tatsächlich zog Francis Alÿs 1986 noch nicht als Künstler, sondern als Architekt nach Mexiko City, um der Stadt nach dem Erdbeben beim Wiederaufbau zu helfen. Dem Meister unfertiger Konzepte darf man also ernsthafte Absichten keineswegs ganz absprechen. Die königlichen Garden in London? Ein Marsch gegen die urbane Entfremdung. Die Windhosen in der Wüste? Sie widerspiegeln den chaotischen Zustand Mexikos. So steht es jedenfalls auf dem Label neben dem laufenden Video.
"Francis Alÿs: A Story of Deception” bietet ein bisschen Intellektmassage, viel Spaß und die Gelegenheit daheim zu erzählen: Wir waren im Museum und da war dieser Künstler, der mit seinem Glauben keine Berge versetzte.
"Francis Alÿs: A Story of Deception”, bis 1. August im Museum of Modern Art; bis 12. September im MoMA PS 1. Unter demselben Titel ist ein 200-seitiger Katalog erschienen. Er kostet 35 Dollar.
"Das bezeichnende für Francis Alÿs ist die Bewegung."
Sagt Klaus Biesenbach, der Kurator von "Francis Alÿs: A Story of Deception”. Die Bewegung und Metaphern:
"Alles, was er macht, geht eigentlich aus von einem Satz. So wenn man sagt: Wenn der Glaube Berge versetzen könnte. Das ist ein Satz. Und dann überzeugt er 500 Freiwillige mit Schaufeln eine Sanddüne zu bewegen, die sich natürlich nicht bewegt, weil der Sand sofort vom Wind irgendwie verweht wird. Aber dann gibt es eben Zeichnungen, dann gibt es eine Malerei, die das dokumentiert. Dann gibt's ein Video, dann gibt's einen Helikopter, der über diese Sanddüne fliegt. Und dann gibt's natürlich die Erzählung, wie eine moderne Fabel, dass jemand sagt: Oh Gott, da war dieser belgische Künstler, der in Mexiko lebt, und er ist nach Lima gekommen, und er hat diese 500 Leute bewegt, da einen ganzen Tag lang in der Sonne zu schaufeln."
"When Faith Moves Mountains”, so der Titel des Dünenprojekts von 2002, zählt zu den bekanntesten Werken des 51-jährigen Künstlers. Mit seinem Motto "Maximaler Aufwand, minimales Resultat” begeistert Francis Alÿs seit Anfang der 1990er-Jahre die internationale Kunstwelt. In der groß angelegten Retrospektive im Museum of Modern Art und in der Schwesterinstitution MoMA PS 1 wird deutlich, nach welchen Mustern Alÿs' Multimedia-Werkstatt funktioniert.
Da ist zum einen die Vergeblichkeit menschlichen Strebens, die einem Francis Alÿs als Interpretation auf dem Silbertablett serviert. Ob wie in "Guards” von 2004 in London 64 herumirrende königliche Garden zusammenfinden, kurze Zeit im Gleichschritt laufen und sich dann wieder zerstreuen, oder ob der Künstler mit der Kamera in der Hand durch die Wüste Windhosen hinterher jagt wie in seiner jüngsten Arbeit "Tornados”: Stets enden seine Aktionen mit weniger als nichts. Einem Nichts allerdings, das sich hervorragend kommerziell verwerten lässt. Denn wie Klaus Biesenbach bereits angedeutet hat, dokumentiert Francis Alÿs jedes Stadium seiner sich teilweise über Jahre hinwegziehenden Performances: Auf hübschen Zeichnungen und Bildchen und vor allem auf den Filmen, die sich in den Räumen eines Museums ebenso prächtig machen wie auf dem Flachbildschirm in einem schicken Wohnzimmer.
Alÿs' Werke haben alle die Form kleiner, witziger Geschichten, in denen der Künstler, wenn überhaupt, als clowneske Figur auftritt. Gefälliger geht es nicht. Klaus Biesenbach:
"Er ist ein Architekt, und es gibt einen Entwurf. Und der Entwurf wird detaillierter und detaillierter und detaillierter. Dann baut man ein Modell. Dann hat man das Modell und dann baut man vielleicht ein Gebäude. Aber man sagt, dieses Gebäude ist immer noch nicht genau das, was eigentlich der Architekt wollte. Also es geht eigentlich um eine Umformulierung, eine Neuformulierung immer wieder von dem, was eigentlich sein Konzept sein könnte. Und es ist ganz wichtig, dass er nie sein Konzept erreicht."
Tatsächlich zog Francis Alÿs 1986 noch nicht als Künstler, sondern als Architekt nach Mexiko City, um der Stadt nach dem Erdbeben beim Wiederaufbau zu helfen. Dem Meister unfertiger Konzepte darf man also ernsthafte Absichten keineswegs ganz absprechen. Die königlichen Garden in London? Ein Marsch gegen die urbane Entfremdung. Die Windhosen in der Wüste? Sie widerspiegeln den chaotischen Zustand Mexikos. So steht es jedenfalls auf dem Label neben dem laufenden Video.
"Francis Alÿs: A Story of Deception” bietet ein bisschen Intellektmassage, viel Spaß und die Gelegenheit daheim zu erzählen: Wir waren im Museum und da war dieser Künstler, der mit seinem Glauben keine Berge versetzte.
"Francis Alÿs: A Story of Deception”, bis 1. August im Museum of Modern Art; bis 12. September im MoMA PS 1. Unter demselben Titel ist ein 200-seitiger Katalog erschienen. Er kostet 35 Dollar.