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Meisterhafte romantische Miniaturen

Die Blaue Blume der Romantik - die vielen kleinen, feinen Werke für Klavier und die Kammermusik von Robert Schumann sind ganz dieser zarten Pflanze verpflichtet. Der französische Pianist Eric Le Sage, ein ausgewiesener Schumann-Spezialist, hat nun einige der renommiertesten Musiker Frankreichs um sich versammelt und mit ihnen zusammen eine Doppel-CD mit Kammermusik von Robert Schumann aufgenommen. Sie erschien beim Label Alpha.

Von Ruth Jarre |
    Romanzen und Phantasiestücke, Märchenbilder und Märchenerzählungen sind da unter anderem zu hören - meisterhafte romantische Miniaturen, Werke in nicht alltäglicher Besetzung, wie die Märchenerzählungen op. 132 für Klarinette, Viola und Klavier.

    Musikbeispiel:
    Robert Schumann: I - Lebhaft, nicht zu schnell aus: "Märchenerzählungen", op. 132
    Paul Meyer, Klarinette
    Antoine Tamestit, Viola
    Eric Le Sage, Klavier


    Die erste der vier Märchenerzählungen op. 132 von Robert Schumann, mit Paul Meyer, Klarinette, Antoine Tamestit, Viola, und Eric Le Sage Klavier.

    1853 entstand dieses Werk, drei Jahre vor Schumanns Tod, es ist das letzte, das er für Trio-Besetzung schrieb. Gewidmet hat er es etwas später seinem ehemaligen Schüler Albert Dietrich " ... zu langer Erinnerung am 20. Februar 1854 (an einem guten Tag)". Schon seit Jahren war das Leben Robert Schumanns und seiner Familie überschattet von den psychischen Hoch- und Tiefphasen seiner Krankheit.

    In zwei Jahren, 2010, ist Schumann-Jahr. Bis dahin will der französische Pianist Eric Le Sage das gesamte Klavier- und Kammermusikwerk der Komponisten auf CD eingespielt haben. Zwei Folgen mit Solowerken liegen bereits vor, die dritte ist vorwiegend der etwas abseits vom üblichen Quartett- und Triorepertoire liegenden Kammermusik gewidmet. Die Klarinette in den Märchenerzählungen kann zwar auch durch eine Violine ersetzt werden, aber den besonderen klanglichen Reiz sah auch Schumann schon in der Originalbesetzung. Und Paul Meyer ist ein Klarinettist, der das Kunststück fertig bringt, die ganze romantische Farbenpracht der Klarinette ohne schwülstig-brütenden Ton zu präsentieren, edel zurückhaltend, auf einem Atem mit Eric Le Sage am Klavier. Wie in den Fantasiestücken op. 73

    Musikbeispiel:
    Robert Schumann: II - Lebhaft, leicht aus: "Fantasiestücke", op. 73
    Paul Meyer, Klarinette
    Eric Le Sage, Klavier


    Paul Meyer, Klarinette, und Eric Le Sage, Klavier, mit dem 2. der drei Fantasiestücke op. 73 für von Robert Schumann. Auch dieser kurze Zyklus kleiner Charakterstücke existiert in der Fassung für Violoncello und Klavier, wirkt aber in seiner ursprünglichen Besetzung viel melancholisch-versonnener.

    Eric Le Sage und Paul Meyer sind wunderbare Kammermusiker, die bereits mehrfach miteinander gearbeitet haben und sich ganz auf die Intimität, den besonderen Tonfall von Robert Schumann einlassen. Große Gesten und virtuoses Gedonner wären hier unpassend.

    Das weiß auch der junge Star-Bratscher Antoine Tamestit:

    Musikbeispiel:
    Robert Schumann: III - Rasch aus: "Märchenbilder", op. 113
    Paul Meyer, Klarinette
    Antoine Tamestit, Viola


    Antoine Tamestit und Eric Le Sage spielten eines der Märchenbilder op. 113 für Viola und Klavier von Robert Schumann.

    Auch alle weiteren Kammermusikpartner, Musiker zwischen Anfang 30 und Anfang vierzig mit internationaler Solistenkarriere, die Eric Le Sage für diese Aufnahme versammelt hat, spüren sensibel diesem zart-romantischen Geist nach: der Oboist François Leleux, in den Romanzen op. 94, der Cellist Jean-Guihen Queyras in den fünf Stücken im Volkston, der und der Hornist Bruno Schneider, im Adagio und Allegro op. 70. Nur der Geiger Gordan Nikolitsch ist in den drei Violinsonaten, die auch auf der Doppel-CD enthalten sind, fast zu vorsichtig: sein Ton zum Teil so schwerelos, dass der Bogen hüpft und der Ton verwackelt.

    Regelrecht eigenartig erscheint die Kombination Horn-Klavier: der sehr räumliche, runde Klang des Horns mit seiner enormer Tiefenwirkung findet nicht so recht zusammen mit der eher flächigen Klanglichkeit des Klaviers.

    Oboe und Klavier hingegen verschmelzen geradezu miteinander in den 3 Romanzen op. 94. François Leleux kann seinen klaren, beweglichen und dabei trotzdem warm gefärbten Ton direkt ins Klavier hineinsinken oder aus ihm hervorwachsen lassen. Auch deshalb, weil Eric Le Sage ein extrem verlässlicher, flexibler Partner ist, dem die Feinheit und Delikatesse der Schumannschen Kammermusik sehr nahe ist.

    Die Romanzen entstanden 1849 in Dresden, in einer ziemlich turbulenten, schwierigen Zeit: vier Jahre zuvor hatte Schumann einen schweren Zusammenbruch erlitten, von dem er sich nie mehr ganz erholte.

    In Dresden fühlte er sich als Musiker nicht recht heimisch - und zudem tobte noch die 48er-Revolution. Die befürwortete Schumann zwar, dennoch floh er während der Straßenkämpfe mit der ganzen Familie aufs Land. Die Kammermusik aus dieser Zeit wirkt wie ein Rückzug in eine heile Welt: die poetische Atmosphäre der ersten Romanze lässt die Turbulenzen vergessen.

    Musikbeispiel:
    Robert Schumann: I - Nicht schnell aus: "Drei Romanzen", op. 94
    François Leleux, Oboe
    Eric Le Sage, Klavier


    Schwebend und sehr gesanglich - die erste der Drei Romanzen op. 94 von Robert Schumann, gespielt von dem Oboisten François Leleux und dem Pianisten Eric Le Sage.

    Späte Kammermusik ist auf dieser Schumann-Doppel-CD enthalten. Kammermusik also, die zwischen 1849 und 1853 entstanden ist, ausschließlich in kleinteiligen Formen mit sprechenden Titeln: Romanzen, Fantasiestücke, Märchenbilder, Märchenerzählungen. Immer wieder wird dem kammermusikalischen Spätwerk Schumanns nachlassende Schöpferkraft vorgeworfen - und tatsächlich waren die umfänglichen Streich- und Klavierquartette in den Jahren zuvor entstanden. Doch Schumann verstand es, auch in scheinbar kleinen Charakterstücken und Miniaturen den romantischen Geist einzufangen und auf die reine Essenz zu reduzieren. Wie in den "5 Stücken im Volkston", op. 102, für Violoncello und Klavier. Man hört dem Spiel des Cellisten Jean-Guihen Queyras deutlich an, dass er sich auch mit der barocken Musiksprache auskennt: Cellist und Pianist erzählen eine kleine Geschichte.

    Musikbeispiel:
    Robert Schumann: IV - Nicht zu rasch aus: 5 Stücke im Volkston, op. 102
    Jean-Guihen Queyras, Violoncello
    Eric Le Sage, Klavier


    Nicht zu rasch - so ist das vierte der fünf Stücke im Volkston für Violoncello und Klavier von Robert Schumann überschrieben.

    Jean-Guihen Queyras und Eric Le Sage spielten.

    Charakterstücke und Sonaten von Robert Schumann sind auf einer neuen Doppel-CD zu hören. Diese Neue Platte ist beim Label Alpha erschienen.


    Titel: Robert Schumann - Klavierwerke und Kammermusik - III
    Ausführende: Eric Le Sage u.a.
    Label: Alpha (LC 00516) 121