Wenn Eva Besnyö von Berlin sprach, dann leuchtete auch bei der großen alten Dame der niederländischen Fotografie für einen Moment noch einmal eine alte Überwältigung in ihren Augen, und die Begeisterung für die Stadt, in die sie im Oktober 1930, aus ihrer Heimatstadt Budapest gekommen war. Ihr Freund György Kepes, ein Assistent des Bauhaus-Lehrers Laszlo Moholy-Nagy, hatte ihr Berlin empfohlen als den Ort, der ein Muss für jeden Künstler, das Zentrum schlechthin der Kunst und der Fotografie in Europa sei. Und Besnyö, gerade einmal 19 Jahre alt, folgte dem Rat und verließ ihr gutbürgerliches jüdisches Elternhaus in Budapest, stürzte sich in den Moloch - mit Erfolg.
"Ich habe hier gar keine Kreise gehabt, ich hab Moholy-Nagy zwei Mal gesprochen, später in Amsterdam ein paar Mal. Aber Sie müssen natürlich so sehen, ich war ein ganz unerfahrenes, junges Mädchen, das noch gar nicht bewiesen hat, was sie kann. Also ich hatte keine Konnektion zu den großen Leuten, ich war niemand! Was sicher ist, dass die Wahl ausgezeichnet war, denn Berlin hat mir wirklich alles gezeigt, was für mich wichtig und interessant war. Die Ausbildung war eine Selbstausbildung, niemand hat mir etwas gesagt, wie und was. Ich machte, was ich wollte. Ich habe hier ein Jahr selbstständig gearbeitet, und das ging ausgezeichnet. Ich habe wirklich, was man sagt, dachte ich auch, eine große Zukunft gehabt in Berlin."
Besnyö galt früh schon als große fotografische Naturbegabung. In Berlin orientierte sie sich an der allenthalben sichtbaren Moderne, vor allem an der Schule des Neuen Sehens, das auch im Bauhaus-Kreis gelehrt worden war. Ihre Berliner Bilder zeigen bald Besnyös ganz eigene Anverwandlung dieser Lehre, eine verblüffend selbstverständlich anmutende Verbindung abstrakter Prinzipien aus Schattenspiel, diagonaler Bildkomposition mit handfesten Alltagsthemen, menschliche Körper, die sich im Alltag durch das Raster der fotografischen Komposition bewegten. Früh spürte sie die gesellschaftlich vergiftete Stimmung in der Stadt unmittelbar vor Hitlers Machtergreifung und floh nach Amsterdam. Dort fand sie im Umkreis der Malerin Charlie Toroop Aufnahme in die niederländische Avantgarde, brillierte mit Architekturfotografie unter anderem für das damals noch völlig unbekannte Büro von Gerrit Rietveld und engagierte sich im Widerstand gegen die Nationalsozialisten, die Holland ab 1940 besetzten – obgleich Eva Besnyö sich nie als politische Fotografin verstanden hatte.
"Ich habe in diesem Krieg nicht nur sehr gute Freunde verloren, sondern auch meinen Vater, aber nicht in Holland natürlich, aber in Ungarn. Ich habe sehr viel verloren in dem Krieg. Und meine Gefühlsrettung war, dass ich 14 Tage nach dem Kriegsende einen Sohn gekriegt habe. Das war wirklich meine Rettung."
Denn auch mit ihrer Fotografie erlebte Besnyö in dieser Zeit eine einschneidende Krise. In den Trümmern des von den Deutschen zerbombten Rotterdam hatte sie Fotografien von einer seltsamen Ambivalenz gemacht, mit virtuosen Licht- und Schattenspielen, brillant in der Anwendung der Prinzipien des Neuen Sehens, jedoch menschenleer und ohne Blick für das menschliche Elend. Aufnahmen, die sie später selbst befremdeten und dazu führten, dass sie sich in den 50er-Jahren verstärkt der sozialen Reportage- und dokumentarischen Fotografie zuwandte, für die sie dann später so vielfach in Holland ge- und verehrt wurde.
Der Schwerpunkt der Berliner Ausstellung liegt freilich auf jenen höchst dramatischen 20 Jahren der Vor- und Nachkriegszeit, in denen Besnyös fotografisches Werk exemplarisch den Nullpunkt der Moderne durchwandert, in eine eigene Krise gerät, aus der sie sich und mit sich das moderne Erbe doch, wenngleich in leicht verwandelter Gestalt, befreit.
Retrospektive Eva Besnyö in der Berlinischen Galerie Okt./Nov. 2011
"Ich habe hier gar keine Kreise gehabt, ich hab Moholy-Nagy zwei Mal gesprochen, später in Amsterdam ein paar Mal. Aber Sie müssen natürlich so sehen, ich war ein ganz unerfahrenes, junges Mädchen, das noch gar nicht bewiesen hat, was sie kann. Also ich hatte keine Konnektion zu den großen Leuten, ich war niemand! Was sicher ist, dass die Wahl ausgezeichnet war, denn Berlin hat mir wirklich alles gezeigt, was für mich wichtig und interessant war. Die Ausbildung war eine Selbstausbildung, niemand hat mir etwas gesagt, wie und was. Ich machte, was ich wollte. Ich habe hier ein Jahr selbstständig gearbeitet, und das ging ausgezeichnet. Ich habe wirklich, was man sagt, dachte ich auch, eine große Zukunft gehabt in Berlin."
Besnyö galt früh schon als große fotografische Naturbegabung. In Berlin orientierte sie sich an der allenthalben sichtbaren Moderne, vor allem an der Schule des Neuen Sehens, das auch im Bauhaus-Kreis gelehrt worden war. Ihre Berliner Bilder zeigen bald Besnyös ganz eigene Anverwandlung dieser Lehre, eine verblüffend selbstverständlich anmutende Verbindung abstrakter Prinzipien aus Schattenspiel, diagonaler Bildkomposition mit handfesten Alltagsthemen, menschliche Körper, die sich im Alltag durch das Raster der fotografischen Komposition bewegten. Früh spürte sie die gesellschaftlich vergiftete Stimmung in der Stadt unmittelbar vor Hitlers Machtergreifung und floh nach Amsterdam. Dort fand sie im Umkreis der Malerin Charlie Toroop Aufnahme in die niederländische Avantgarde, brillierte mit Architekturfotografie unter anderem für das damals noch völlig unbekannte Büro von Gerrit Rietveld und engagierte sich im Widerstand gegen die Nationalsozialisten, die Holland ab 1940 besetzten – obgleich Eva Besnyö sich nie als politische Fotografin verstanden hatte.
"Ich habe in diesem Krieg nicht nur sehr gute Freunde verloren, sondern auch meinen Vater, aber nicht in Holland natürlich, aber in Ungarn. Ich habe sehr viel verloren in dem Krieg. Und meine Gefühlsrettung war, dass ich 14 Tage nach dem Kriegsende einen Sohn gekriegt habe. Das war wirklich meine Rettung."
Denn auch mit ihrer Fotografie erlebte Besnyö in dieser Zeit eine einschneidende Krise. In den Trümmern des von den Deutschen zerbombten Rotterdam hatte sie Fotografien von einer seltsamen Ambivalenz gemacht, mit virtuosen Licht- und Schattenspielen, brillant in der Anwendung der Prinzipien des Neuen Sehens, jedoch menschenleer und ohne Blick für das menschliche Elend. Aufnahmen, die sie später selbst befremdeten und dazu führten, dass sie sich in den 50er-Jahren verstärkt der sozialen Reportage- und dokumentarischen Fotografie zuwandte, für die sie dann später so vielfach in Holland ge- und verehrt wurde.
Der Schwerpunkt der Berliner Ausstellung liegt freilich auf jenen höchst dramatischen 20 Jahren der Vor- und Nachkriegszeit, in denen Besnyös fotografisches Werk exemplarisch den Nullpunkt der Moderne durchwandert, in eine eigene Krise gerät, aus der sie sich und mit sich das moderne Erbe doch, wenngleich in leicht verwandelter Gestalt, befreit.
Retrospektive Eva Besnyö in der Berlinischen Galerie Okt./Nov. 2011