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Mellotron
Erster Sampler der Musikgeschichte

Mit einem Sampler zu arbeiten - das ist heute für eine Band das Normalste der Welt: Ein Knopfdruck und man hat alle möglichen Sounds oder Instrumente zu Verfügung. Die Anfänge dieser Technik liegen in den 60er-Jahren. Damals kam eine Maschine namens Mellotron auf den Markt - der Urgroßvater des heutigen Samplers. Heute sind sie heiß begehrte Sammlerstücke.

Von Nicolas Tribes | 17.06.2014
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    Die Beatles haben das Mellotron unsterblich gemacht. Später haben die progressiven Bands der 70er wie Genesis, Yes oder King Crimson das Instrument in ihre Musik eingebaut. (Apple)
    Warm und wabernd klingt das Mellotron. Der Sound erinnert an Science-Fiction-Filme aus den 60er Jahren.
    Der Deckel der kleinen, weiß gestrichenen Holztruhe ist geöffnet - Florian Zwissler improvisiert ein paar Akkorde. Drückt er auf eine Taste setzt er ein Band in Bewegung, das gegen einen Tonkopf gepresst wird.
    Je nachdem wie man es einstellt, kann das Mellotron verschiedene Instrumentenklänge wiedergeben. Z.B. eine Flöte:
    "Jetzt drehe ich an diesem Knopf und gehe auf Position B. Jetzt sind wir bei diesen Streichern. Das sind 3 Geigen."
    "Wenn ich diesen Knopf drehe, kann ich sogar hinüberblenden."
    "Der Tonkopf fährt zwischen den Spuren hin und her."
    „Der 3. Sound auf diesem Rahmen ist ein "sehr reizvoller" Knabenchor."
    Schnell wird klar: Eine originalgetreue Wiedergabe ist nicht unbedingt die Stärke des Mellotrons. Dafür aber hat es seinen ganz eigenen, sphärischen Klang, der viele Musiker in den 60er Jahren in seinen Bann gezogen hat.
    "Also zu den ganz berühmten und ganz frühen Mellotron-Usern gehören natürlich die Beatles – das hier kennt man dann ja vielleicht."
    Die Beatles haben das Mellotron unsterblich gemacht
    Später haben die progressiven Bands der 70er wie Genesis, Yes oder King Crimson das Instrument in ihre Musik eingebaut. Doch sehr lange hat die Karriere der Mellotrons nicht gedauert. Ab den 80er Jahren verschwand es aus den Musikstudios – was vermutlich auch an seiner notorischen Unzuverlässigkeit lag.
    "Das Ding verstimmt sich andauert, selbst wenn es gut gewartet ist. Es hat in den 70ern auch immer Probleme bereitet, weil es auf Bühnennebel sehr schlecht reagiert hat. Die Tonhöhe haut einfach ab.
    Und so hat z.B. Rick Wakeman von Yes, als er endlich die mehrstimmigen Synthesizer hatte und meinte, die Klänge ersetzen zu können, offensichtlich sein Mellotron angezündet. Benzin drübergeschüttet... und: ja."
    Mit der Vintage-Welle der 90er Jahre besann man sich auf die alten Klänge zurück - das Mellotron wurde wieder salonfähig. Allerdings beschränkte sich das Revival auf die Popmusik.
    Mittlerweile sind eine Handvoll Musiker im Proberaum eingetroffen. Gemeinsam mit ihnen und zwei weiteren Komponisten bereitet Florian Zwissler ein Konzert vor, bei dem das Mellotron im Mittelpunkt stehen soll - und zwar im Kontext der Neuen Musik.
    Spannende Experimentierfelder bietet das Instrument zur Genüge. Seien es die Unregelmäßigkeiten der einzelnen Töne oder auch der Zusammenklang echter Instrumente mit den Tonbändern des Mellotrons.
    Hier zum Beispiel trifft eine Geige, mit etwas Echo versehen, auf die „Three Violins" Einstellung des Sampler-Urgesteins.
    Im Nachhinein ist es nicht nachvollziehbar, wie Musiker in den 80er Jahren diese Klänge gegen das kühle Gepiepse der ersten Keyboards eintauschen konnten.
    Aber wahrscheinlich musste einfach etwas Zeit vergehen, bis man realisiert hat, dass es gerade die Schrullen und Macken des Mellotrons sind, die seinen Reiz ausmachen. Florian Zwissler jedenfalls hat das Instrument von Anfang an in seinem Bann gezogen.
    "Also ich bin von diesem Klang, klingt doof, aber so: Verzaubert. Seit ich 12-13 bin und das zum ersten Mal gehört habe wollte ich das immer haben und fand das immer total toll."
    Neben dem eben gehörten Florian Zwissler haben für das anstehende Konzert auch noch zwei weitere Komponisten Stücke für das Mellotron geschrieben: Oxana Omelchuk und Roman Pfeifer nämlich. Das Konzert mit ihrer Musik findet Mittwoch den 18. Juni 2014 in Köln statt um 19.30 Uhr im King Georg, der Eintritt ist frei.