
Ein heißer Sommertag, die Hitze zeigt sich flirrend über dem staubigen Boden, in den Gassen weht nur ein laues Lüftchen.
"Im Schatten ist es besser."
So der Tipp einer Spanierin, dunkle mittellange Haare, dunkle Sonnenbrille und ein Strahlen im Gesicht. Die Bewohner des Ortes Ferreries im Inselinnern lassen sich von der Sommerhitze wenig beeindrucken, ausgelassene Stimmung überall: Es ist die Zeit der Volksfeste, und die Helden des Tages sind die Reiterinnen und Reiter auf ihren stolzen Pferden.
Vor allem die schwarzen Pferde werden bewundert. Ihr Fell glänzet, ihr Körper wirkt angespannt. Leichtes Zittern in den Flanken. Aufstellung zum Ritt in die Menge.
"Die Pferde kommen hier lang und springen da, wegen der Fiesta hier ist das, das ist typisch für hier."
Rund um den Hauptplatz des Ortes haben sich schon viele Schaulustige versammelt, vor dem dem Rathaus, wurde eine Tribühne aufgebaut, darauf die Ehrengäste der Stadt, gegenüber die Kirche und als weiteres eingrenzendes Gebäude ein weiß getünchtes Haus mit hohem Säulengang, der ein wenig Schatten spendet, und Zuschauer auch ein wenig sicheren Abstand verspricht. Mitten auf dem Platz warten einige Männer darauf, dass das Spektakel endlich losgeht. Warten auf die Reiter, die ihre Pferde gleich aufsteigen lassen werden, sie auf den Hinterbeinen inmitten der Menge regelrecht tanzen lassen.
Höhepunkt des Volksfestes: Die Kapelle auf der Bürgermeistertribühne spielt ohne Unterlass - immer wieder die gleiche Melodie fast den ganzen Tag. Und während sie spielt kommt ein Reiter nach dem anderen auf den Platz, lässt sein Pferd eine Runde drehen und dann – aufsteigen - mitten im dichten Menschengedränge.
Zahlreiche Hände recken sich Brust und Vorderläufen der Tiere entgegen, ein atemberaubendes Unterfangen: die Vorderbeine in der Luft wirbelnd, kommen die Hufe den Köpfen ziemlich nah. Es sind vorwiegend Männer, die das schweißgebadete Tier möglichst an der Brust berühren wollen, nahe des Herzens, in der Hoffnung auf Glück. Aufgeheizt von dem traditionellen Gin-Limo-Gemisch, übrig geblieben aus der Zeit britischer Herrschaft, sind die jungen Männer euphorisch und übermütig, was einige ältere Ortsbewohner aber erstaunlich auffangen können. Sie bewegen sich weitaus umsichtiger um die "tanzenden" Pferde und schieben die auf den Hinterläufen stehenden Tiere auch das ein oder andere Mal von einem übermütigen jüngeren Mitstreiter weg.
In einer Seitengasse sitzen die wartenden Reiterinnen und Reiter in einer Reihe aufgestellt auf ihren Pferden. Gelegenheit, sie zu fragen, was sie antreibt, bei einem solch gefährlich anmutenden Spektakel mitzumachen:
"Weil ich die Pferde sehr mag. Und – weil wir das schon viele Jahre machen, es ist ein Volksfest. Ich reite schon viele Jahre und ich habe keine Angst."
Eindrucksvolle Paraden
Reiten, für die Menorciner ein besonderes Vergnügen, die Pferde menorquinischer Rasse, die Cavalls de Raça Menorquina, gehören zum Stolz der Insulaner. Und während die Zucht vorwiegend in bäuerlicher Hand liegt, so sind es eher die Grundbesitzer, die bei den Volksfesten ihren Hengst bei der Parade präsentieren. Die schwarzen Hengste sind längst ein Wahrzeichen der Insel, am Rand der zweitgrößten Stadt Menorcas, Ciutadella, bezeugt eine monströse Pferdestatue diesen Stolz, und natürlich steht das steinerne Tier auf dem Hinterhuf, ganz so, wie die lebendigen Exemplare es eindrucksvoll bei den Paraden leisten. Aufbäumen, in der Menge, immer wieder und lang andauernd. Darauf sind die Pferde und die Reiter trainiert.
"Für mich ist es das erste Jahr ... eine Sensation, sehr, sehr, sehr besonders, ... die Leute genießen das Fest."
Wie lange auf der Insel so schon gefeiert wird, darüber gibt es unterschiedliche Angaben, aber keine Frage, es ist eine Veranstaltung mit langer Tradition. In Ferreries etwa wird sie seit gut 500 Jahren zelebriert. Damals wurde die Pfarrei Sant Bartomeu gegründet, sie bildete das Zentrum des ursprünglichen Ortskerns. Und weil es ein religiöses Fest ist, darf auch der Pfarrer des Ortes nicht fehlen. Juan Bosco Martien sitzt selbst auf einem der menorquinischen Pferde. Schön in der Reihe auf seinen Einsatz wartend:
"Es ist heute das Fest von San Bartolomeu, des Heiligen Bartolome, und er ist der Patron, der Schutzheilige der Bewohner, deswegen haben wir diese Veranstaltung, dieses Fest des Volkes. Die Pferde sind etwas Spezielles dieser Insel, aus der Geschichte entstanden, wir arbeiten mit Pferden, das ist eine Tradition."
Ob der spirituelle Schutz aber bei den waghalsigen Reiterspielen ausreicht? Am Rande des Hauptplatzes wachen Sanitäter über das Geschehen. Doch so gefährlich das alles wirkt, an diesem Tag kommen sie nur einmal zum Einsatz, eine ernsthafte Verletzung gibt es nicht. Vielleicht tatsächlich: San Bartomeo sei Dank? So oder so, die Menorciner lieben ihre Fiestas – in Ferreries – und in anderen Orten nicht weniger: ein Volksfest, nicht für Touristen gemacht, sondern aus Tradition gelebt.