"Das Tier hat einen großen Vorteil, weil es ganz erwartungsfrei dem Kind oder Klienten gegenüber tritt. Und damit hat es uns Pädagogen schon etwas voraus. Tiere kennen nicht solche Höflichkeiten im Umgang und sind ganz direkt und ehrlich und das ist für Kinder etwas ganz verlässliches. Sie wissen einfach diese Reaktion war absolut echt und stimmt so."
Ingrid Stephan leitet das Institut für soziales Lernen mit Tieren in der Wedemark bei Hannover. Zu ihren Mitarbeitern gehören 60 Tiere - Hühner und Schafe, Schweine und Hunde, Katzen und Hasen und andere traditionell in Europa verbreitete Nutztiere. Sie helfen, kommunikations- und kontaktgestörte Kinder zu therapieren und Pädagogen und Therapeuten für die tiergestützte Arbeit auszubilden. Längst ist bekannt, dass Tiere einen Beitrag zur Heilung von kranken und behinderten Menschen leisten. Darüber hinaus belegen neuere Forschungen, dass die tiergestützte Arbeit Menschen sozialer und zufrieden macht.
"In einem Jugendhilfeprojekt leben Kinder mit Huskies zusammen. Das ist ein Unterschied, ob sich ein Junge zu dem verspielten Jungen hingezogen fühlt oder ob sich die Alpha-Hündin für ihn interessiert. Das gibt uns Pädagogen eine Menge Hinweise."
An der Klinik für Kinder- und Jugendpsychotherapie Leipzig untersuchten Wissenschaftler die Kind-Tier-Beziehung und deren Bedeutung für psychotherapeutische Behandlungen. Inzwischen nutzen 80 Prozent der Kliniken in Deutschland Tiere in der Therapie, vor allem in der Physiotherapie und als heilpädagogisches Reiten, aber auch für die Psychotherapie. Ein Drittel der Chefärzte halten diese Arbeit für hochwirksam, zwei Drittel für wirksam.
Gerade in der Diagnostik hilft die Deutung des nonverbalen Verhaltens eines Kindes gegenüber einem Tier in drei von vier Fällen die Verhaltensstörung richtig zu klassifizieren und zu erkennen, ob Autismus oder eine Angststörung, Bulimie oder eine Depression zu behandeln sind. Dabei nutzen die Therapeuten den Fakt, dass wir als Menschen neben dem verbal symbolischen System auch durch ein Erfahrungssystem mit der Welt in Kontakt treten.
"Wenn wir uns vorstellen, Menschen gibt es seit 4 Millionen Jahren auf dieser Erde und all diese Zeit haben sie mit Tieren zusammen gelebt, waren auf präzises Wissen von diesen Tieren angewiesen. In diesen 4 Millionen Jahren hat sich in der Evolution Hardware, Software unser Nervensystem immer mit Tieren entwickelt. Lange bevor wir sprechen können, bevor unser verbales System funktioniert, mit 2 Jahren können wir etwa 200 Begriffe, in diesen zwei Jahren ist sehr viel passiert an Emotionalität und Beziehung. Das ist in uns gespeichert. Diese Speicherung wirkt lebenslang. Bis ins hohe Altern lässt sich nachweise, dass die frühen Erfahrungen, die aufsetzen auf evolutionär vorbereitetes, dass die unser Verhalten entscheiden prägen können. Etwas davon erklärt die Wirkung von Tieren."
Der Psychologe Prof. Erhard Olbrich. Er lehrte und forschte an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg und forcierte auch in Deutschland die Forschung und Ausbildung zur Arbeit mit Tieren. Für die Forschungsgruppe Mensch und Tier an der bayrischen Universität ist Andrea Beetz tätig. Die Psychologin erforscht die Bindung zwischen Mensch und Tier und ob sie ähnlichen Gesetzen wie der Bindung zu Menschen folgt. Befragungen von Kindern belegen, dass eine enge Beziehung zu einem eigenen Tier sie sicherer und selbstbewusster macht.
"Wenn man sie so auswählen lässt, mit wem würdest du gern einen Ausflug machen, sind die, die mit einem Tier aufwachsen, beliebter und wir nehmen einfach mal an, dass die authentischer wirken, sympathischer wirken, einfach weil das nonverbale und das verbale, was er kommuniziert, im Einklang ist und das entspannend ist für das Gegenüber. Er weiß, woran er ist. Während andere Menschen, die verbal immer das eine sagen und nonverbal irgendwelche Aggressionen ausdrücken oder Ängstlichkeiten, die sind auch für uns einfach anstrengender im Umgang."
Inzwischen zeigen eine Reihe von Studien: Die Interaktion mit einem uns vertrauten Tier wirkt sich positiv auf unser Wohlbefinden und unsere Sicherheit aus. Beispielsweise entspannt es deutlich, sich eine halbe Stunde hinzusetzen und den eigenen Hund zu streicheln, mehr als nur ein Buch zu lesen.
Tiere sind ein stabilisierender Faktor für unsere eigene Natur. Gerade dadurch, dass wir uns auf die sofortige emotionale Reaktion des Tieres verlassen können, reguliert es unsere Psyche und gibt uns Vertrauen. Zugleich sind Tiere auf menschliche Pflege für ihr Überleben angewiesen und geben uns einen Sinn.
Wegen dieser beiden Seiten der Mensch-Tier-Beziehung beginnt man auch an einigen Schulen in Deutschland, Hunde mit in den Unterricht zu nehmen.
"Die Kinder werden ruhiger, werden freundlicher im Umgang miteinander. Die Außenseiter werden mehr integriert, weil die auch Aufgaben übernehmen, wie den Hund in der Pause Gassi führen oder auch dafür verantwortlich sind, den Platz herzurichten, das Wasser zu holen. Das ist ein neuer Trend in der Pädagogik.
Einige Hunde sehen, wenn Kinder besonders nervös sind in Prüfungen und gehen da hin, wirken beruhigend. Die Atmosphäre wird locker, Schulangst nimmt ab, weniger Fehltage. Da gibt es eine Studie aus Österreich, ganz spannend, weil die Kinder einfach auch gerne in die Schule gehen. "
Unsere Sinne und auch unsere motorischen Möglichkeiten sind für das natürliche Zusammenspiel mit Tieren gemacht und durch moderne Ansätze von Therapie und Pädagogik werden diese uralten evolutionären Programme nur wiederbelebt. Manager entwickeln durch das Hüten von Pferden ihre emotionale Intelligenz, Pubertierende werden in der Ablösung von den Eltern durch die enge Bindung an ein Tier gestützt. Und das Leben in einer alternden Gesellschaft kann durch Tiere bereichert werden, erlebt Prof. Olbrich, der vor allem auf dem Gebiet der Gerontologie forscht:
"Ich spüre, dass alte Menschen sehr den Erfahrungsmodus, nicht so sehr den verbal symbolischen Modus nützen. Wir finden es ganz extrem bei Alzheimerkranken, eine kognitive Demenz, in höchsten Zentren des Gehirns sind irreversible Schädigungen bis jetzt aufgetreten. Aber alle tieferen Zentren sind nicht nur ansprechbar, sondern wollen reagieren und wir finden hundertfach, dass Alzheimerkranke wenn Tiere vorbei kommen, viel lebendiger werden und das Erfahrungen auch verbal geäußert werden, dass sie mit diesen Tiere sinnvolles tun. Sie streicheln sie in einer angemessenen Weise.
Diese archaisch angelegten Formen des Verhaltens - sie sind nicht nur da, sie wollen auch kommen, sie kommen. Und ich denke, dass diese durch Zivilisation überdeckten Erfahrungen wieder freigeschaufelt werden, dass dieses verrückte, Paul Münch sagt schizophrene Verhältnis zu Tieren haben. Auf der einen Seite das affige Überbetonen einer künstlich-liebenvollen emotional geprägten Beziehung zu Tieren und auf der anderen Seite die industrielle Massentierhaltung, die uns bedenkenlos, ohne jegliches Mitgefühl über 50 Millionen tote Tiere jedes Jahr in Deutschland hinwegsehen lässt. Nichts schizophrenes, sondern vernünftiges Zusammenleben mit Tieren - das könnte die tiergestützte Arbeit bringen. "
Ingrid Stephan leitet das Institut für soziales Lernen mit Tieren in der Wedemark bei Hannover. Zu ihren Mitarbeitern gehören 60 Tiere - Hühner und Schafe, Schweine und Hunde, Katzen und Hasen und andere traditionell in Europa verbreitete Nutztiere. Sie helfen, kommunikations- und kontaktgestörte Kinder zu therapieren und Pädagogen und Therapeuten für die tiergestützte Arbeit auszubilden. Längst ist bekannt, dass Tiere einen Beitrag zur Heilung von kranken und behinderten Menschen leisten. Darüber hinaus belegen neuere Forschungen, dass die tiergestützte Arbeit Menschen sozialer und zufrieden macht.
"In einem Jugendhilfeprojekt leben Kinder mit Huskies zusammen. Das ist ein Unterschied, ob sich ein Junge zu dem verspielten Jungen hingezogen fühlt oder ob sich die Alpha-Hündin für ihn interessiert. Das gibt uns Pädagogen eine Menge Hinweise."
An der Klinik für Kinder- und Jugendpsychotherapie Leipzig untersuchten Wissenschaftler die Kind-Tier-Beziehung und deren Bedeutung für psychotherapeutische Behandlungen. Inzwischen nutzen 80 Prozent der Kliniken in Deutschland Tiere in der Therapie, vor allem in der Physiotherapie und als heilpädagogisches Reiten, aber auch für die Psychotherapie. Ein Drittel der Chefärzte halten diese Arbeit für hochwirksam, zwei Drittel für wirksam.
Gerade in der Diagnostik hilft die Deutung des nonverbalen Verhaltens eines Kindes gegenüber einem Tier in drei von vier Fällen die Verhaltensstörung richtig zu klassifizieren und zu erkennen, ob Autismus oder eine Angststörung, Bulimie oder eine Depression zu behandeln sind. Dabei nutzen die Therapeuten den Fakt, dass wir als Menschen neben dem verbal symbolischen System auch durch ein Erfahrungssystem mit der Welt in Kontakt treten.
"Wenn wir uns vorstellen, Menschen gibt es seit 4 Millionen Jahren auf dieser Erde und all diese Zeit haben sie mit Tieren zusammen gelebt, waren auf präzises Wissen von diesen Tieren angewiesen. In diesen 4 Millionen Jahren hat sich in der Evolution Hardware, Software unser Nervensystem immer mit Tieren entwickelt. Lange bevor wir sprechen können, bevor unser verbales System funktioniert, mit 2 Jahren können wir etwa 200 Begriffe, in diesen zwei Jahren ist sehr viel passiert an Emotionalität und Beziehung. Das ist in uns gespeichert. Diese Speicherung wirkt lebenslang. Bis ins hohe Altern lässt sich nachweise, dass die frühen Erfahrungen, die aufsetzen auf evolutionär vorbereitetes, dass die unser Verhalten entscheiden prägen können. Etwas davon erklärt die Wirkung von Tieren."
Der Psychologe Prof. Erhard Olbrich. Er lehrte und forschte an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg und forcierte auch in Deutschland die Forschung und Ausbildung zur Arbeit mit Tieren. Für die Forschungsgruppe Mensch und Tier an der bayrischen Universität ist Andrea Beetz tätig. Die Psychologin erforscht die Bindung zwischen Mensch und Tier und ob sie ähnlichen Gesetzen wie der Bindung zu Menschen folgt. Befragungen von Kindern belegen, dass eine enge Beziehung zu einem eigenen Tier sie sicherer und selbstbewusster macht.
"Wenn man sie so auswählen lässt, mit wem würdest du gern einen Ausflug machen, sind die, die mit einem Tier aufwachsen, beliebter und wir nehmen einfach mal an, dass die authentischer wirken, sympathischer wirken, einfach weil das nonverbale und das verbale, was er kommuniziert, im Einklang ist und das entspannend ist für das Gegenüber. Er weiß, woran er ist. Während andere Menschen, die verbal immer das eine sagen und nonverbal irgendwelche Aggressionen ausdrücken oder Ängstlichkeiten, die sind auch für uns einfach anstrengender im Umgang."
Inzwischen zeigen eine Reihe von Studien: Die Interaktion mit einem uns vertrauten Tier wirkt sich positiv auf unser Wohlbefinden und unsere Sicherheit aus. Beispielsweise entspannt es deutlich, sich eine halbe Stunde hinzusetzen und den eigenen Hund zu streicheln, mehr als nur ein Buch zu lesen.
Tiere sind ein stabilisierender Faktor für unsere eigene Natur. Gerade dadurch, dass wir uns auf die sofortige emotionale Reaktion des Tieres verlassen können, reguliert es unsere Psyche und gibt uns Vertrauen. Zugleich sind Tiere auf menschliche Pflege für ihr Überleben angewiesen und geben uns einen Sinn.
Wegen dieser beiden Seiten der Mensch-Tier-Beziehung beginnt man auch an einigen Schulen in Deutschland, Hunde mit in den Unterricht zu nehmen.
"Die Kinder werden ruhiger, werden freundlicher im Umgang miteinander. Die Außenseiter werden mehr integriert, weil die auch Aufgaben übernehmen, wie den Hund in der Pause Gassi führen oder auch dafür verantwortlich sind, den Platz herzurichten, das Wasser zu holen. Das ist ein neuer Trend in der Pädagogik.
Einige Hunde sehen, wenn Kinder besonders nervös sind in Prüfungen und gehen da hin, wirken beruhigend. Die Atmosphäre wird locker, Schulangst nimmt ab, weniger Fehltage. Da gibt es eine Studie aus Österreich, ganz spannend, weil die Kinder einfach auch gerne in die Schule gehen. "
Unsere Sinne und auch unsere motorischen Möglichkeiten sind für das natürliche Zusammenspiel mit Tieren gemacht und durch moderne Ansätze von Therapie und Pädagogik werden diese uralten evolutionären Programme nur wiederbelebt. Manager entwickeln durch das Hüten von Pferden ihre emotionale Intelligenz, Pubertierende werden in der Ablösung von den Eltern durch die enge Bindung an ein Tier gestützt. Und das Leben in einer alternden Gesellschaft kann durch Tiere bereichert werden, erlebt Prof. Olbrich, der vor allem auf dem Gebiet der Gerontologie forscht:
"Ich spüre, dass alte Menschen sehr den Erfahrungsmodus, nicht so sehr den verbal symbolischen Modus nützen. Wir finden es ganz extrem bei Alzheimerkranken, eine kognitive Demenz, in höchsten Zentren des Gehirns sind irreversible Schädigungen bis jetzt aufgetreten. Aber alle tieferen Zentren sind nicht nur ansprechbar, sondern wollen reagieren und wir finden hundertfach, dass Alzheimerkranke wenn Tiere vorbei kommen, viel lebendiger werden und das Erfahrungen auch verbal geäußert werden, dass sie mit diesen Tiere sinnvolles tun. Sie streicheln sie in einer angemessenen Weise.
Diese archaisch angelegten Formen des Verhaltens - sie sind nicht nur da, sie wollen auch kommen, sie kommen. Und ich denke, dass diese durch Zivilisation überdeckten Erfahrungen wieder freigeschaufelt werden, dass dieses verrückte, Paul Münch sagt schizophrene Verhältnis zu Tieren haben. Auf der einen Seite das affige Überbetonen einer künstlich-liebenvollen emotional geprägten Beziehung zu Tieren und auf der anderen Seite die industrielle Massentierhaltung, die uns bedenkenlos, ohne jegliches Mitgefühl über 50 Millionen tote Tiere jedes Jahr in Deutschland hinwegsehen lässt. Nichts schizophrenes, sondern vernünftiges Zusammenleben mit Tieren - das könnte die tiergestützte Arbeit bringen. "