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Menschenrechte, Globalisierung und die Rolle der Medien

Wenn über Elend nicht berichtet wird, existiert es in den Augen der Öffentlichkeit kaum. Aber nur die kann helfen. Es geht also auch darum, die globale Ressource Aufmerksamkeit zu organisieren. Das "Global Media Forum" der Deutschen Welle hat Akteure zusammengebracht, um die Herausforderungen der Zukunft zu diskutieren.

Von Kersten Knipp |
    Dass wir in der besten aller möglichen Welten leben, das war die große Hoffnung der Philosophen an der Schwelle zur Neuzeit. Inzwischen weiß man aber, und auch auf dem Global Media Forum konnte man es erfahren, wie ungeheuer viel getan werden muss, damit diese Hoffnung ihren Grund nicht verliert.

    Menschenhandel, Menschenrechtsverletzungen, Kinderarbeit, Krieg, eingeschränkter Zugang zu Nahrungsmitteln: Im schicken "World Conference Center Bonn" konzentrierte sich das Elend der Welt - um bekämpft zu werden. Graswurzelaktivisten, Vertreter von NGO´s, Wissenschaftler, Künstler und andere trafen sich, um die Herausforderungen der Zukunft zu diskutieren - und zwar nicht im großen globalen Wurf, sondern nach dem Prinzip der kleinen Schritte, der mühsamen Arbeit vor Ort. Und sie gingen der Frage nach: Wie lässt sich die mit spezifischen Problemen verbundene Mentalität ändern? Etwa durch offene Netzwerke wie Wikileaks. Durch sie haben die Bürger die Möglichkeit, die Politik viel aktiver zu kontrollieren als bislang. Das könnte langfristig Folgen haben, meint der Journalist Andreas Zumach, Leiter der entsprechenden Sektion.

    "Das kann dazu führen, dass schneller bestimmte Missstände oder auch Vergehen, Korruption etc. bekannt werden und dann hoffentlich auch verfolgt und geahndet werden. Es kann dazu führen, dass Menschen, die zunehmend frustriert worden sind in den letzten Jahren über die Partizipationsmöglichkeiten in unserer Demokratie jetzt doch wieder Interesse entwickeln an dieser Demokratie und sich aktiv einbringen, das wäre persönlich gesprochen meine größte Hoffnung."

    Natürlich, die Menschen wollten auch abschalten, und gelegentlich kapitulierten angesichts der gewaltigen Informationsmengen, fügte Zumach hinzu. Dass sie das nicht überall, jedenfalls in ihrem Land nicht tun, berichtete die ägyptische Politikwissenschaftlerin Heba Raouf Ezzat. Nach der Euphorie der ersten Tage, erklärte sie, sähen sich die Bürger ebenso wie die Journalisten Herausforderungen gegenüber, die einfache Lösungen nicht zuließen.

    "Der Glaube an die Freiheit ist gewachsen. Von ihr reden die Leute sehr viel. Und die Leute wollen sich öffnen. Allerdings gibt es noch eine Herausforderung, und das ist das Militär. Sein Einfluss ist weiterhin sehr groß, und es setzt gewisse Grenzen, die man nicht überschreiten darf. Darum muss man das Militär einerseits kritisieren. Andererseits hat es die Revolution unterstützt. So ist es schwierig, einen angemessenen Umgang zu finden. Allerdings gibt es immer noch einige Menschenrechtsverletzungen. Dem Militär fehlt es also an Professionalität. Und diesen Umstand greift die Presse natürlich auf. De Grenzen werden derzeit neu austariert. Das ist derzeit die große Herausforderung."

    Die Freiheit des Westens wird am Hindukush verteidigt. Die Gesundheit mancher seiner Bürger an der Grenze zu Mexiko. In dem Panel über den Drogenhandel in seinem Land berichtete Victor García Zapata von der mexikanischen Initiative SERAPAZ über die Herausforderungen des Drogenhandels - eines Geschäfts, das in den letzten Jahren gewaltig gewachsen ist und Tag für Tag Todesopfer fordert, unter rivalisierenden Gags, aber auch unter unbeteiligten Zivilisten. Eigentlich sollte das die Leute abschrecken. Gerade die jungen Menschen ziehe das Geschäft aber an, berichtete García Zapata.

    "Das Image der Waffen gewinnt immer mehr an Attraktivität. Die Waffen werden zum Symbol einer neuen Gegenkultur. Die jungen Leute sind keine Punks mehr, gehören nicht mehr der Gothic-Bewegung an - jetzt sind sie Drogendealer. Der größte dieser Drogenhändler wird wie ein Heiliger verehrt, und die Waffen gelten als ganz normales Arbeitsinstrument."

    Eine Gegen-Gegenkultur zu schaffen, mit Hilfe von Zeitungen und Radio andere Bilder anzubieten, solche, die die jungen Menschen wegbringen vom Kult der Gewalt - das ist die Aufgabe, der Organisationen wie SERAPAZ sich widmen. Eines von zahlreichen Problemen, die die Teilnehmer aus aller Welt in ihren Panels diskutierten, in Gesprächsrunden, in denen sich das Elend der Welt ganz offen und drastisch zeigte. So war es schön, dass man dieses im beschaulichen Bonn wenigsten nach den Foren, zwischen Damen und Herren vor Flusslandschaft, auch mal vergessen konnte.

    Global Media Forum der Deutschen Welle 2011