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"Gefahr der Instrumentalisierung"
Menschenrechtler und Anwälte appellieren an stellvertretende UNO-Hochkommissarin, auf Reise in den Iran zu verzichten

Iranische Menschenrechtler und Anwälte appellieren an die stellvertretende UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, Nada al-Nashif, auf ihre geplante Iran-Reise zu verzichten. Kritik kommt auch von Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi. Das UNO-Hochkommissariat verteidigt die Reisepläne.

    Schweiz, Genf: Die Vizehochkommissarin für Menschenrechte, Nada Al-Nashif, spricht in ein Mikrofon.
    Die geplante Iran-Reise der UNO-Vizehochkommissarin für Menschenrechte, al-Nashif, sorgt für Kritik. (AFP/FABRICE COFFRINI)
    Den gemeinsamen Aufruf haben mehr als 20 Organisationen veröffentlicht. Zu den Unterzeichnern des Offenen Briefs an das UNO-Hochkommissariat zählt unter anderem die Organisation "Center for Human Rights in Iran" mit Sitz in den USA. Deren Leiter, Hadi Ghaemi, sagte der Deutschen Welle, die iranischen Behörden würden versuchen, den Besuch für PR-Zwecke zu instrumentalisieren, um eine katastrophale Menschenrechtsbilanz zu beschönigen.

    Den Anschein einer Kooperation erwecken

    Ghaemi verwies darauf, dass in einigen Wochen der Bericht einer UNO-Kommission zu den Protesten im Iran im Herbst 2022 im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen vorgestellt werden soll. Insofern könnte die iranische Regierung mit Hilfe des Besuchs der UNO-Vertreterin versuchen, den Anschein einer Kooperation mit den Vereinten Nationen zu erwecken.

    Verzicht auf Kopftuch, Besuch im Evin-Gefängnis

    Die Friedensnobelpreisträgerin und Anwältin Shirin Ebadi schrieb auf Instagram, al-Nashif solle schon allein wegen der Zunahme unrechtmäßiger Hinrichtungen nicht in den Iran fliegen. Wenn sie aber trotzdem einreise, dann solle sie nicht das vorgeschriebene Kopftuch tragen und neben den offiziellen Terminen auch mit gewöhnlichen Menschen sprechen.
    Ebadi schlug vor, auch mit zum Tode verurteilten Häftlingen zu sprechen. Die UNO-Vertreterin könne im Evin-Gefängnis in Teheran zudem mit den zahlreichen hungerstreikenden Frauen sprechen. Auch solle sie mit der Familie der Kurdin Jina Mahsa Amini in Kontakt treten, deren Tod in Polizeigewahrsam die Massenproteste im Herbst 2022 ausgelöst hatte.

    UNO-Hochkommissariat: "Herausfinden, ob man Menschenrechtslage verbessern kann"

    Auf Anfrage der Deutschen Welle betont das Büro des UNO-Hochkommissariats, man sei sich der Menschenrechtslage im Iran bewusst. Eine Sprecherin hebt zugleich die Bedeutung hervor, Gespräche über die Bedenken zu führen. Auf die Frage, was die stellvertretende UNO-Kommissarin im Iran erreichen könne, antwortet die Sprecherin: "Wir müssen herausfinden, ob es Möglichkeiten gibt, die Menschenrechtslage zu verbessern."

    Thema sind Hinrichtungen und Frauenrechte

    Der Besuch der stellvertretenden UNO-Kommissarin soll am 3. Februar beginnen. Laut der Deutschen Welle geht es bei der Reise um das Thema Hinrichtungen und Frauenrechte. In dem Artikel wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass erst am 29. Januar vier Personen im Iran hingerichtet wurden, angeblich weil sie im Auftrag Israels einen Anschlag geplant hatten.
    Die Familien der Verurteilten bestreiten das laut der Deutschen Welle und beklagen, den Verurteilten seien während des gesamten Prozesses grundlegende Rechte verweigert worden. Der Direktor von "Iran Human Rights" mit Sitz in Oslo, Mahmood Amiry-Moghaddam, spricht von einer Welle von Hinrichtungen im Iran, deren Zahl allein im Januar bei 67 gelegen habe.
    Diese Nachricht wurde am 01.02.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.