Gedenken an Nawalny
Menschenrechtlerin warnt vor Illusionen über Russland

Die russische Menschenrechtlerin Irina Scherbakowa hat vor der Hoffnung gewarnt, dass nach einem Ende des Ukraine-Kriegs Normalität in Bezug auf Russland zurückkehren könne. Den Tod des Oppositionspolitikers Nawalny vor einem Jahr bezeichnete sie als großen Verlust. Auch Bundeskanzler Scholz würdigte dessen Mut.

    Menschen legen Blumen am Grab von Alexey Nawalny nieder.
    Am Jahrestag des Todes von Oppositionspolitiker Nawalny legen in Moskau zahlreiche Menschen Blumen auf sein Grab. (Uncredited / AP / dpa / Uncredited)
    Die Memorial-Mitbegründerin sagte im Deutschlandfunk, man sollte sich nicht der Illusion hingeben, dass man nach dem Krieg mit dem Putin-Regime einfach wieder Handel treiben könne und so weiter. Russland sei eine gewalttätige Diktatur geworden, die versuche, alle Kritiker auszuschalten. Es gebe inzwischen viel mehr politische Gefangene als zu Sowjetzeiten unter Staats- und Parteichef Breschnew.
    Scherbakowa führte aus, das Justizsystem des Landes sei schon seit Langem in den Händen der Machthaber. Alle in Russland wüssten, dass die Richter absolut abhängig seien. Für Oppositionelle sei die Frage in dieser Situation, was sie überhaupt noch erreichen könnten. Die Mehrzahl der Russen sei vielleicht gegen den Ukrainekrieg, aber viele blieben versteckt, tauchten im Alltag unter oder seien gleichgültig.

    "Nawalnys Tod ist ein sehr großer Verlust"

    Vor diesem Hintergrund bezeichnete Scherbakowa den Tod des Oppositionspolitikers Nawalny heute vor einem Jahr als sehr großen Verlust. Nawalny sei ein charismatischer Vertreter der Putin-Gegner gewesen und zu einem sehr starken Symbol geworden. Bisher gebe es für ihn keinen adäquaten Ersatz. - Nawalny war am 16. Februar vorigen Jahres unter ungeklärten Umständen in einem sibirischen Straflager gestorben.

    Hunderte Menschen versammeln sich in Moskau am Grab

    Auf dem Borissowskoje-Friedhof versammelten sich hunderte Menschen und legten Blumen am Grab nieder. Die Polizei gewährte ihnen Zutritt, filmte sie dabei aber. Unter den Besuchern waren ausländische Diplomaten, darunter US-Botschafterin Tracy und EU-Botschafter Galharague. Menschenrechtler hatten vor der Gefahr von Festnahmen gewarnt, weil Nawalnys politische Bewegung in Russland als extremistisch eingestuft und verboten ist.

    Scholz: "Nawalnys Mut hat einen Unterschied gemacht und wirkt weit über seinen Tod hinaus"

    In Berlin findet ein Gedenkabend in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche statt.
    Bundeskanzler Scholz hob die Bedeutung Nawalnys hervor. Dessen Mut habe einen Unterschied gemacht und wirke über dessen Tod hinaus, teilte der SPD-Politiker mit. Nawalny sei gestorben, weil er sich in Russland für Demokratie und Freiheit eingesetzt habe. Scholz warf Staatschef Putin vor, die Freiheit und ihre Verfechter brutal zu bekämpfen.
    Diese Nachricht wurde am 16.02.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.