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Mers-Coronaviren in Saudi Arabien
Kamele könnten Quelle des Ausbruchs sein

Seit September 2012 breitet sich das neue Mers-Coronavirus in Saudi Arabien und angrenzenden Ländern aus. Mehr als 160 Menschen haben sich bislang mit dem neuen Virus infiziert. Die Verbreitung war bislang unklar. Auf einer Farm sind jetzt jedoch Menschen und Kamele zeitgleich erkrankt.

Von Marieke Degen | 17.12.2013
    Im Oktober sind auf einer Tierfarm in Katar zwei Männer am Mers-Coronavirus erkrankt. Dem einen gehört die Farm, der Zweite arbeitet dort, er versorgt unter anderem 14 Dromedare. Die Gesundheitsbehörden haben Proben von den Tieren genommen und nach Rotterdam geschickt, zur Virologin Marion Koopmans an die Erasmus-Uniklinik. Jetzt haben sie es schwarz auf weiß.
    "Wir haben sicher nachgewiesen, dass sich Kamele mit Mers-Coronaviren infizieren können. Den Verdacht hatten wir schon länger, aber jetzt haben wir den Beweis. Wir haben das Virus bei drei Kamelen von der Farm gefunden. Und es ist fast identisch mit dem Virus, an dem die beiden Patienten erkrankt sind."
    Bei drei der einhöckrigen Kamelen haben sie das Virus also praktisch noch in Aktion erwischt. Bei den anderen haben sie Antikörper gegen Mers aufgespürt – was dafür spricht, dass die Kamele die Infektion schon durchgemacht haben.
    "Aber wir können nicht sagen, ob die Kamele die eigentliche Quelle des Ausbruchs sind oder selbst Opfer. Wir wissen nicht, ob die Kamele die Menschen angesteckt haben – oder die Menschen die Kamele."
    Welche Rolle spielen Kamele beim Mers-Ausbruch? Das ist die große Frage. Tatsache ist: Wissenschaftler haben schon vor Monaten bei Kamelen Antikörper gegen Coronaviren gefunden - Coronaviren, die Mers sehr ähnlich sind. Vielleicht stammt das Virus also tatsächlich vom Kamel, vielleicht hat es sich nur etwas verändert und ist auf den Menschen übergesprungen. Das ist aber nur eine Hypothese, sagt Marion Koopmans.
    "Wir haben Mers-Viren im Nasenabstrich der Kamele aufgespürt. Offenbar infiziert Mers bei Kamelen eher die oberen Atemwege. Das bedeutet: Wenn ein infiziertes Kamel niest, könnte es die Viren in der Gegend verteilen. Ein Mensch, der sich in der Nähe aufhält, könnte das Virus so vielleicht aufschnappen. Bei Menschen wiederum sitzt die Infektion tief in der Lunge, und deshalb können Menschen die Viren wohl auch nicht so leicht verbreiten."
    Rein theoretisch könnten sich Menschen also leichter bei Kamelen anstecken als andersherum.
    "Das klingt logisch, aber wir müssen das wirklich noch untersuchen und nachweisen."
    Kamele könnten eine Quelle für Mers sein – aber wahrscheinlich nicht die Einzige. Bislang haben sich mehr als 160 Menschen mit dem neuen Coronavirus infiziert, und nur wenige hatten vorher Kontakt zu Kamelen.
    "Deshalb sagen wir immer: Wir müssen unsere Augen offenhalten, nach anderen Infektionsquellen."
    Marion Koopmans denkt da vor allem an andere Nutztiere, mit denen die Menschen noch häufiger zusammen sind: zum Beispiel Ziegen und Schafe.
    "Meine Kollegen hier in Rotterdam haben entdeckt, dass Zellen von Schafen und Ziegen ebenfalls von Mers befallen werden können. Und diese Tiere sind natürlich sehr häufig."
    Auf der Farm in Katar haben auch noch andere Tiere gelebt, darunter auch Schafe. Die Behörden haben ebenfalls Proben genommen, die zurzeit noch in Rotterdam analysiert werden. Die Suche nach den Infektionsherden geht also weiter. Derweil rät die Weltgesundheitsorganisation zur Vorsicht: In den Gebieten, in denen Mers zirkuliert, sollte man sich von Tierställen lieber fernhalten.