"Stahlgipfel" im Kanzleramt
Deutschland strebt mehr Protektion für heimische Stahlindustrie an

Die Bundesregierung will sich in Europa für einen besseren Schutz der deutschen Stahlindustrie einsetzen. Es gehe für die Branche um die Existenz, sagte Bundeskanzler Merz nach Beratungen mit Vertretern der Industrie in Berlin. Die jüngsten Vorschläge der Europäischen Kommission für einen wirksamen Schutz des Sektors gingen in die richtige Richtung.

    Bundeskanzler Friedrich Merz, Lars Klingbeil, Bundesminister der Finanzen, Gunnar Groebler, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, und Jürgen Kerner, 2. Vorsitzender der IG Metall, geben eine Pressekonferenz.
    Pressekonferenz nach dem "Stahlgipfel": Gunnar Groebler, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, Bundeskanzler Friedrich Merz, Bundesminister der Finanzen Lars Klingbeil und Jürgen Kerner, 2. Vorsitzender der IG Metall (von links nach rechts) (Michael Kappeler / dpa / Michael Kappeler)
    Zugleich betonte der CDU-Vorsitzende die Notwendigkeit eines Industriestrompreises. Ohne eine deutliche Absenkung der Energiekosten sei die Stahlindustrie in Deutschland nicht überlebensfähig, erklärte Merz. Die Produktion sei hierzulande eine Schlüsselindustrie. An ihr hingen die Schicksale zahlreicher Unternehmen mit ihren Mitarbeitern. Merz fügte hinzu, die Politik müsse sich mit allen Kräften für den Erhalt der Branche einsetzen. Es gelte, die eigenen Hersteller zu schützen und die Transformation in eine klimaneutrale Produktion effektiv zu begleiten. Bundesfinanzminister Klingbeil (SPD) meinte, dass man auch vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine schnellstmöglich darauf hinarbeite, den Import von Stahl aus Russland zu unterbinden.

    Stahlbranche: "Keine Zeit verlieren"

    Der Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, Groebler, forderte die Politik zum raschen Handeln auf. Man dürfe keine Zeit mehr dabei verlieren, zumindest den Industriestrompreis schnellstmöglich einzuführen. Groebler warnte in diesem Zusammenhang vor einem dauerhaften Verlust von Industriearbeitsplätzen in Deutschland. "Wertschöpfung, die heute abwandert, holen wir nicht zurück." Besonders betroffen seien industriell geprägte Regionen, in denen Menschen Verunsicherung und Zukunftsangst spürten. "Wer den sozialen Frieden sichern will, muss die industrielle Grundlage dieses Landes sichern", betonte Groebler, der auch Vorstandschef des Stahlherstellers Salzgitter ist. Rund 5,5 Millionen Arbeitsplätze hingen direkt oder indirekt an stahlintensiven Wertschöpfungsketten in Zuliefer- und Abnehmerbranchen.

    Nebenwirkungen auch der US-Zölle

    Bei protektionistischen Maßnahmen wie der Bevorzugung eigener Unternehmen, die in Europa zum Beispiel von Frankreich häufig vorgeschlagen wurden, hatte sich die Bundesregierung lange skeptisch gezeigt. Die deutsche Stahlindustrie leidet unter billiger Konkurrenz vor allem aus Asien. Die Zölle von US-Präsident Trump erschweren zudem den Export. Sie wirken sich auch auf Lieferungen aus Asien aus, wodurch billiger Stahl von dort nun verstärkt auf europäische Märkte drängt. Darüber hinaus ist die Umstellung der höchst energieintensiven Stahlproduktion auf grüne Energie sehr teuer. Zu dem Treffen waren auch Gewerkschaftsvertreter sowie eine Reihe von Ministerpräsidenten der Bundesländer im Kanzleramt empfangen worden.
    Diese Nachricht wurde am 06.11.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.