
Im ARD-Fernsehen sagte Merz, die Union habe das gemacht, was sie für richtig halte und dafür eine Mehrheit bekommen. Es sei keine Zusammenarbeit mit der AfD gewesen. Bundeskanzler Scholz sagte der ARD, die Abstimmung stelle einen Tabubruch dar. Die Union habe einen Konsens aufgekündigt, den es die ganze Nachkriegsgeschichte über unter den Demokraten in Deutschland gegeben habe.
Am Nachmittag war ein Antrag der Union zur Verschärfung der Migrationspolitik von einer knappen Mehrheit im Bundestag gebilligt worden. Neben CDU/CSU und FDP hatte auch die AfD mehrheitlich für den Antrag gestimmt. Somit kam erstmals eine Mehrheit im Bundestag mit Unterstützung der AfD zustande.
In einer von vielen Zwischenrufen geprägten kurzen Aussprache nach Bekanntgabe des Ergebnisses warfen SPD und Grüne der Union vor, aus der politischen Mitte des Hauses ausgebrochen und die Mehrheit mit der AfD billigend in Kauf genommen zu haben. Ähnlich äußerte sich die Linke. Die AfD-Fraktion hingegen sprach von einem historischen Moment und einer neuen Epoche.
Der Präsident des Zentralrats der Juden, Schuster, sagte, es sei enttäuschend, dass sich die demokratischen politischen Kräfte nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen konnten. So hätten sie der AfD eine Bühne bereitet. Scharfe Kritik kam von der Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Merz habe wissentlich in der Frage des Asylrechts den Boden des Grundgesetzes verlassen, sagte Stetter-Karp der "Augsburger Allgemeinen". Die Abgeordnete der Grünen, Kaddor, sagte im Deutschlandfunk, die Union habe die Dimension falsch eingeschätzt. Sie sprach von einem Sündenfall und Tabubruch.
Vor der CDU-Parteizentrale in Berlin kamen am Abend mehrere Hundert Menschen zu einer Protestkundgebung unter dem Motto "Brandmauer statt Brandstiftung" zusammen. Sie forderten ein Verbot der AfD und ein Festhalten am Asylrecht.
Diese Nachricht wurde am 29.01.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.