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Messehallen um jeden Preis

Ein Bagger schiebt den Bauschutt beiseite, Arbeiter in blauen Overalls zerlegen einen Stahlträger. Schneidbrenner flackern auf, Funken sprühen.

Von Gerhard Schröder und Volker Wagener | 28.10.2005
    Hektischer Endspurt beim Bau der neuen Kölner Messehallen. Die Zeit drängt. In zwei Monaten müssen die Bauten fertig sein, dann will sich die internationale Möbelbranche in gediegenem Ambiente in den neuen Hallen präsentieren.

    Werbeclip: "We energize your business. Herzlich willkommen in Messe-City, dem besterschlossenen Messeplatz in Europa. Mit Europas führendem Fernsehsender RTL in der Nachbarschaft ist die Messecity der Kern der Stadtentwicklung."


    Mit dem Bau der neuen Hallen will Köln seinen Ruf als internationaler Messestandort aufpolieren. Eine Investition, die beim Richtfest im Mai dieses Jahres auch den damaligen nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Peer Steinbrück beeindruckte:

    "Damit wird Köln zum besterschlossenen Messestandort in Europa. Köln steigt damit zum viertgrößten Messeplatz der Welt auf. Und sichert sich damit einen Platz in der Champions League."

    Für Politiker und Investoren entwickelt sich die hoch gelobte Zukunftsinvestition aber mehr und mehr zum Albtraum. Beinahe täglich tauchen neue Berichte auf über Mauscheleien und Ungereimtheiten bei der Finanzierung, der Auftragsvergabe und Durchführung. Die Aufsichtsbehörde, der Regierungspräsident von Köln, hat sich eingeschaltet, die Staatsanwaltschaft ermittelt. Im Mittelpunkt der Untersuchungen: Oberbürgermeister Fritz Schramma. Der leitende Oberstaatsanwalt Jürgen Kapischke:

    "Wir haben Ermittlungen aufgenommen gegen Oberbürgermeister Schramma und andere Personen wegen des Verdachts der Untreue."

    Den Zuschlag für den Bau der Messehallen erhielt Ende 2003 die Oppenheim-Esch-Holding, ein Ableger der größten Privatbank Europas, Sal. Oppenheim. Die verwaltet die Gelder der Superreichen dieser Republik wie Karstadt-Eignerin Schickedanz, Schuhfabrikant Deichmann oder Zeitungsverleger Neven Dumont. Und das mit stattlichen Renditen.

    Die Ungereimtheiten beginnen schon bei den Baukosten. Die liegen offiziell bei 260 Millionen Euro. Hochtief-Manager Friedel Abel verplapperte sich aber bei der Grundsteinlegung vor einem Jahr, seitdem bezweifeln Experten diese Summe:

    Abel: "Wir haben hier zehn Millionen pro Monat an Bauleistung gehabt."


    Bei einer Bauzeit von 14 Monaten ergibt das Kosten von 140 Millionen Euro. Bleiben also 120 Millionen Euro, die die Investoren für allerlei Nebenkosten aufgebracht haben wollen, etwa Projektentwicklung, Maklergebühren und Mietersuche. Für Immobilienexperten eine schwer nachvollziehbare Rechnung.

    Feinen: "Das ist so absurd. Da kann man nur den Kopf schütteln."

    Sagt der Immobilienexperte Klaus Feinen. Er hat jahrzehntelang für die Deutsche Bank Immobilienfonds aufgelegt.

    Feinen: "Für eine Stadt, die sich hier 30 Jahre in Mietvertrag begibt, ist das ein Unikat. Ich kenne in ganz Deutschland keinen vergleichbaren Fall. Hier hat die Stadt sehenden Auges ein ungünstiges Angebot zur Vertragsbasis genommen."

    Über eine Laufzeit von 30 Jahren kassiert Oppenheim-Esch von der Stadt insgesamt 750 Millionen Euro an Miete. Ein narrensicheres Geschäft auf Kosten der Steuerzahler.

    Immobilienexperte Feinen hat berechnet, dass die Stadt über 300 Millionen Euro hätte sparen können, wenn sie die Hallen in Eigenregie gebaut hätte. Aber auch die Angebote der Konkurrenten waren günstiger, sagt WDR-Autor Georg Wellmann, der den Skandal im Sommer aufdeckte:

    "Tatsache ist, dass es günstigere Angebote gab, aber es stand von vornherein fest, dass Oppenheim-Esch den Zuschlag bekommen sollte."

    So ignorierte die Stadt auch die Offerte von Babcock Brown, die um 200 Millionen Euro günstiger gewesen sein soll als die von Oppenheim-Esch. Woher rührt diese offensichtliche Verschwendung, das fragt sich inzwischen auch die Staatsanwaltschaft:

    "Die entscheidende Frage ist, ob mit dem Bau und der Finanzierung der Hallen ein wirtschaftlich vertretbarer Anbieter beauftragt worden ist. Oder ob es ein günstigeres Angebot gegeben hat. Die Frage ist, warum diese günstigeren Angebote nicht den Zuschlag erhalten haben?"

    Acht alternative Angebote lagen vor, und fast alle waren günstiger, sagen Insider. Oppenheim-Esch dagegen behauptete vergangene Woche in einer Pressemitteilung – Zitat:

    "Nach dem von Ernst & Young vorgenommenen Vergleich hat der Oppenheim-Esch-Fonds das zweitgünstigste Angebot abgegeben. Alle anderen Angebote waren teurer."

    Tatsächlich hatten die Wirtschaftsberater von Ernst & Young den Markt sondiert, nach eigenen Angaben allerdings keine abschließende Bewertung vorgenommen. Stadtkämmerer Peter Michael Soenius nennt in einem Zeitungsinterview einen anderen Grund, der für Oppenheim-Esch den Ausschlag gegeben habe - Zitat:

    "Wir hatten keine Zeit für langwierige Verhandlungen."

    Beobachter mutmaßen, dass es nicht an Zeit mangelte, sondern am Willen, den günstigsten Anbieter zu finden. Denn eine ordnungsgemäße Ausschreibung fand gar nicht statt. Gespräche führte die Stadt nur mit einem Anbieter: Mit Oppenheim-Esch.

    Feinen: "Aktuell wissen wir: Esch-Oppenheim lag an letzter Stelle. Das ist das ganze Kuriosum, dass man dieses Ergebnis kannte und trotzdem abgeschlossen hat. Und nie ernsthaft mit acht verbleibenden Konkurrenten verhandelt hat. Nicht versucht, mit bestem Anbieter ins Geschäft zu kommen. Ich bitte Sie!"

    Warum nur Oppenheim-Esch? - Die Frage lässt selbst klüngelgeeichte Kölner ratlos zurück. Vor allem: Warum nur realisiert die Stadt immer wieder Großprojekte mit einem Fonds dieser Bank? Denn Oppenheim-Esch, so Werner Rügemer, Autor des lokalen Enthüllungsbuches "Colonia corrupta", zeigt sich in Köln als "Wiederholungstäter".

    Rügemer: "Also, dass die das jetzt noch einmal machen, das ist ja schon verdammt dreist."

    Fonds der Oppenheim-Esch-Gruppe sind stets mit im Spiel, wenn der Rat der Stadt Köln lukrative Bauvorhaben vergibt. Um den Hunger der Finanzgruppe nach Großaufträgen zu veranschaulichen greift der ehemalige Regierungspräsident Franz-Josef Antwerpes gern zu drastischen Vergleichen.

    Antwerpes: "Oppenheim-Esch steht immer bereit. Ich hab ja mal gesagt.....der Oppenheim-Esch-Fonds breite sich in Köln wie eine Krake aus......"

    Köln ist der Stammsitz von Europas größter Privatbank, der von Salomon Oppenheim. 200 Jahre Tradition sind das eine, nur wenige Tausend Kunden das andere. Die aber haben der feinen Bank runde 60 Milliarden Euro anvertraut. Partner der Bank ist Josef Esch, ein öffentlichkeitsscheuer ehemaliger Maurer aus Troisdorf. Er steuert Dutzende geschlossene Immobilienfonds in einem Wert von vier Milliarden Euro. Mit der Oppenheim Bank bildet der Aufsteiger seit Anfang der 90er Jahre ein mächtiges Finanzierungstandem.

    Neben dem jüngsten Projekt, der neuen Messe, finanzierten Fonds der Bank auch die Einkaufspassage DuMont-Carré, das Stadtteilrathaus in Nippes, und dann ist da auch noch das Coloneum in Ossendorf, im Kölner Norden. Ein Medienzentrum sollte es werden, in dem RTL, bislang auf mehrere Adressen in der Stadt verteilt, seine neue Heimat finden sollte. Tatsache ist: RTL will 2008 in die neuen Rheinhallen, direkt neben der Messe, einziehen. Das Coloneum aber ist zur überdimensionierten Geisterstadt degeneriert mit einer gigantischen Fehlbelegung.

    Mitverantwortlich dafür ist die Sparkasse KölnBonn, die damals noch Stadtsparkasse hieß. Sie steht für die entgangenen Mieten gerade, die Fondszeichner der "Grundstücksgesellschaft Köln-Ossendorf VIII GbR" hielten sich vertraglich schadlos. Eine merkwürdig einseitige Risikoverteilung, wundert sich auch Franz-Josef Antwerpes.

    "Mir ist immer unklar gewesen, warum sich die Stadtsparkasse so in Grundstücksgeschäften engagiert hat. Das Coloneum ist ja offensichtlich eine Fehlinvestition. Und da muss man schon sehen wie man die Bücher wieder sauber kriegt, so, dass man anderswo wieder Gewinne macht."


    "Die Bücher wieder sauber kriegen" heißt, die Stadtsparkasse brauchte dringend ein Kompensationsgeschäft für die Pleite in der Einöde Ossendorfs. Das Projekt "Neue Messe" kam da wie gerufen. Hier konnte die kommunale Bank wieder gutmachen, was sie am Coloneum nutzlos verbauen ließ. Allerdings nur, wenn wiederum die Oppenheim-Esch-Gruppe ins Spiel käme. Denn die Bank der Superreichen und die Sparkasse der Otto-Normal-Verdiener harmonieren schon seit Jahren prächtig: Die Stadtsparkasse verdient vor allem an den Krediten, mit denen die Fondsanleger bei Oppenheim-Esch-Projekten einsteigen, glaubt der Journalist und Klüngelkenner Werner Rügemer.

    Rügemer: "Offensichtlich besteht die Kompensation, die die Stadtsparkasse verlangt hat, darin, dass sie den Anlegern des Fonds Kredite geben darf. Denn die Anleger steigen in der Regel mit einer nur geringen Eigenkapitalquote ein..."

    Im Herbst 2003 schreibt Stadtsparkassenchef Gustav Adolf Schröder Oberbürgermeister Fritz Schramma, CDU, einen Brief, in dem er sich für einen Zuschlag für Oppenheim-Esch bei der Finanzierung der Messe einsetzt. Schramma ist nicht nur das Stadtoberhaupt, sondern sitzt praktischerweise auch im Verwaltungsrat der Sparkasse und der KölnMesse.

    Warum hat die Stadt angesichts der exorbitant hohen Mietkosten bei der Realisierung des Messeprojektes nicht nach einem wesentlich günstigeren Kommunalkredit nachgefragt? - Diese Frage wird seit Monaten unterm Dom diskutiert. Die Antwort des Kämmerers Peter Michael Soenius:

    Die Stadt durfte einen solchen Kredit nicht in Anspruch nehmen, weil Köln unter dem Diktat eines Haushaltssicherungskonzeptes stand und steht. Will heißen: Der Regierungspräsident hätte einen solchen Kredit genehmigen müssen, was unwahrscheinlich gewesen wäre, meint der Kämmerer. Das sieht die Fraktionschefin der Bündisgrünen im Rat, Barbara Moritz etwas anders.

    Moritz: "Ich frage mich, warum wir die Zeitschiene nicht ausgedehnt haben, denn drei Monate später ist der Haushalt genehmigt worden. Eine Sondergenehmigung wäre machbar gewesen. Das lässt den Verdacht aufkommen, dass man das nicht wollte."

    Weil die Baustelle Coloneum und die Baustelle neue Messe in einem Zusammenhang stehen. Die Stadtsparkasse brauchte nach dem finanziellen Desaster mit dem Coloneum in Ossendorf dringend einen Ausgleich. Den konnte sie nur zusammen mit dem bewährten Partner Oppenheim-Esch realisieren. Denn der war bereit, die für Ossendorf geplante Investition auf den Messebau zu übertragen. Natürlich nur unter den bekannten Bedingungen: Der Gewinn für die Anleger, das Risiko für die Sparkasse und die Stadt.

    Ob die Geldmanager und ihre Verbindungsleute im Rathaus ihr Ziel erreichen, ist aber keineswegs sicher. Denn ihnen unterlief ein möglicherweise folgenschwerer Fehler. Um die Konkurrenz von vornherein auf Distanz zu halten, verzichtete die Stadt auf eine ordnungsgemäße Ausschreibung. Begründung: Es handele sich hier ja um einen Mietvertrag, und der müsse nicht ausgeschrieben werden. Eine nicht haltbare Argumentation, meint der Frankfurter Vergaberechtler Heiko Höfler:

    "Wenn der Besteller genau vorgibt, wie das Gebäude zu erstellen ist, dann kann er es nachher anmieten, dann würde er es über seine Mietraten auch bezahlen. Aber das Vergaberecht qualifiziert das als öffentlichen Bauauftrag, der zwingend EU-weit ausgeschrieben werden muss, wenn sie einen Wert von fünf Millionen Euro ausmachen."

    Die Stadt Köln hat den Bau der neuen Messehallen nicht ausgeschrieben, ebensowenig wie den anstehenden Umbau der Rheinhallen, in die unter anderem der Fernsehsender RTL einziehen soll. Auch dieser Auftrag ging an den Oppenheim-Esch-Fonds. Geschätztes Volumen: 400 Millionen Euro.

    Das alles könnte hinfällig werden. Die Stadt Köln, so der Wirtschaftsjurist Höfler, muss mit einem Verfahren der EU-Kommission rechnen. Mit dem möglichen Ergebnis, dass die Auftragsvergabe an Oppenheim-Esch nichtig ist. Das ganze Verfahren müsste neu aufgerollt werden – von millionenschweren Strafen für die Stadt mal ganz abgesehen.

    Höfler: "Wir gehen davon aus, dass wir mit sechstelligen Beträgen monatlich rechnen müssten. Für die Fortdauer des Verstoßes, solange der nicht abgestellt ist. Und der Auftraggeber wäre dann gut beraten, ein Vergabeverfahren für den Rest der Leistungen einzuleiten."

    Eine böse Schlappe könnte auch das Bankhaus Sal. Oppenheim erleiden. Deren Fondsholding, so Höfler, bekäme wohl nur eine Entschädigung für die erbrachte Bauleistung – mehr nicht. Das so trickreich eingefädelte Geschäft mit 30-jähriger Verzinsung für die vermögende Kundschaft wäre geplatzt.

    Höfler: "Das ist der Schaden des Investors. Er bekommt keine Mietzinsen, er bekommt dann seine Leistungen nur entschädigt, da gibt es auch keinen Gewinnaufschlag. Das wird im Zweifel weniger sein, als der Investor an Kosten hatte."

    Beobachter fragen sich, wie es so weit hat kommen können, dass erst die EU-Kommission eingreifen muss, um den millionenschweren Sumpf in Köln trockenzulegen. Warum hat der Stadtrat alles willig abgenickt – obwohl Köln ohnehin schon hochverschuldet ist? Warum hat die Aufsichtsbehörde, der Regierungspräsident, nicht früher interveniert? An Anhaltspunkten habe es ja nicht gefehlt, meint Enthüllungsautor Georg Wellmann:

    "Es gab ja Pressemitteilungen, dass RTL dahin kommt, dass neue Hallen gebaut werden, dass die Stadt dort Garantien abgibt. Da hätte ich mir gewünscht, dass geprüft wird. Wie lässt sich das mit Haushalts-Sicherungskonzept in Einklang bringen?"

    Dabei hätten die ahnungslosen Kontrolleure und Parlamentarier gewarnt sein müssen. Denn die Stadt hat mit Oppenheim-Esch einschlägige Erfahrungen gemacht. Schon der Bau der Köln-Arena verlief nach ähnlichem Muster wie der Bau der Messehallen. Auch hier ging alles nach Wunsch der Investoren – Oppenheim-Esch natürlich. Auch wenn der damalige Oberstadtdirektor Lothar Ruschmeier 1997 noch Wunderdinge versprach:

    "Hier wird ja jetzt ein Bauvolumen von rund einer Milliarde Mark finanziert und errichtet, und soviel Geld zusammen zu bringen ist nicht ganz einfach. Das Projekt ist ja bis auf einen ganz kleinen Teil rein privat finanziert. Das ist einmalig in Deutschland, darauf, auch darauf bin ich stolz."

    Dass es in der Praxis genau umgekehrt war, muss den ehemaligen Verwaltungschef nicht grämen: Er wechselte von der Stadtspitze zu eben jenem Unternehmen, dem er den Weg bereitete: Zur Oppenheim-Esch-Holding. Dort kassiert er nun für seine vermögende Klientel die Rendite, und die Stadt zahlt die Zeche.

    Weil der Bau der Köln-Arena allein für die Investoren völlig unrentabel war, sorgte Ruschmeier für Abhilfe: Er ließ ein völlig überdimensioniertes Technisches Rathaus drum herum bauen. Ein Gebäude, das durch seine nicht nutzbaren Flächen auffällt: Breite Flure und ausladende Empfangshallen, was dem Investor aber üppige Mieteinnahmen bringt. Immobilienexperte Klaus Feinen schüttelt nur mit dem Kopf:

    "Betriebswirtschaftlich eine Katastrophe, schlechte Flächenausnutzung, 60 Prozent, normal sind 90 Prozent. Eine komplette Fehlinvestition. Jeder wusste: Die KölnArena ist wirtschaftlich nicht zu betreiben. So wird das durch die Mieten der Stadt Köln zugunsten des Fonds quersubventioniert. Auch hier haben die Investoren trotz des Flops mit der Arena kein Risiko und eine fantastische Rendite über 30 Jahre garantiert. Immer geht es zu Lasten der Bürger dieser Stadt."

    Ausbaden müssen den Irrsinn die Kölner Steuerzahler. Um die Fehlinvestitionen zu finanzieren, muss die Kommune bei den Sozialausgaben sparen, bei den Theatern, Schulen und Krankenhäusern. Und demnächst wohl weiter die Steuern und Abgaben erhöhen:

    Feinen: "Wir alle, Kölner Steuerzahler, sind durch diese Fehlinvestitionen negativ berührt. Hier werden demnächst wohl die Grundsteuern erhöht werden müssen, auch die Gewerbesteuer. Damit die Stadt diese unnützen Zukunftslasten finanzieren kann."

    Wo sind die Schuldigen, heißt es nun in Köln? Gegen Oberbürgermeister Fritz Schramma laufen Ermittlungen, es geht um den Anfangsverdacht der Untreue. Auch der Regierungspräsident prüft. Und auch die Öffentlichkeit hätte gerne Antworten. Zum Beispiel auf die Frage, warum der Rat der Stadt, der der politische Auftraggeber für die Verwaltung ist, letztlich ohne Einfluss und Kenntnis bei den folgenschweren Auftragsvergaben war. Die Forderung nach mehr Kontrolle macht die Runde, doch SPD-Fraktionschef Martin Börschel winkt ab.

    Börschel: "Würde der Rat anfangen jede Information, die die Stadt ja von rechtswegen korrekt geben muss, zu hinterfragen, dann würden 24 Stunden eines Tages nicht ausreichen. D.h., wenn die Verwaltung dem Rat etwas vorlegt und sagt, das ist geprüft, muss sich ein Stadtrat darauf verlassen können."

    Martin Börschel hat sich die zwölf Akten über die Vergabe des Bauauftrags für die "Neue Messe" kommen lassen. Für ihn stellt sich die Frage, wie der Oberbürgermeister seinerzeit auf den Brief des Sparkassendirektors, in dem der Oppenheim-Esch-Fonds dringend empfohlen worden war, reagiert hat. Genau das interessiert auch die Staatsanwaltschaft.

    Als im Frühjahr 2002 die Betrügereien um den Bau des Kölner Müllofens und die Verstrickungen von lokalen Politikern, regionalen Unternehmern und Amtsträgern öffentlich wurden, hegten viele Kölner die Hoffnung, nun hätte der "Kölsche Klüngel" endlich richtig Schaden genommen. So sehr, dass solche Auswüchse nicht mehr so schnell vorkommen würden. Weit gefehlt. Gerade in der Metropole am Rhein will der Klüngel- und Filz-Spezialist Werner Rügemer besondere Auswüchse zum Nachteil der Stadt und letztlich für die Steuerzahler ausgemacht haben.

    Rügemer: "Also diese 120 Millionen Euro Softkosten im Verhältnis zu 140 Millionen Euro Baukosten, was sich ja letztlich dann auch in der Miete ausdrückt, das ist schon einzigartig."