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Messerscharfe Diktion

Telekommunikation. - Nicht nur die neuesten und aufgerüstetsten Handys standen auf der Mobilfunkmesse in Barcelona im Mittelpunkt, sondern auch Lösungen für einen deutlich verbesserten Ton. Wenn der Kinofilm in der U-Bahn läuft, sollte das auch in der passenden Tonqualität geschehen.

Von Gerd Pasch |
    Mitten in Halle 2 der Messe in Barcelona stehen zwei Telefonzellen. Darin je ein Netbook mit Mikrofon und einem Lautsprecher in der Decke. Zwischen den beiden Sprechstellen eine Internet-Verbindung. Bei der klassischen Internet-Telefonie VoIP kommt es zu systembedingten Verzögerungen, Aussetzern und Echos. Je weiter weg, je mehr Vermittlungsknoten die Daten passieren müssen, desto schlechter die Sprachqualität, desto grösser auch der Nachhall. Es kommt zu delay-Zeiten von 100 und mehr Millisekunden. Die Gesprächspartner in der Telefonzelle in Halle 2 hören das und sehen es. Denn Worte und Lippenbewegung stimmen nicht überein.

    "Man muss schon genau hinschauen, um wirklich die Verzögerungen feststellen zu können, ansonsten wenn wir einfach so lose drauf losreden, merkt man die Verzögerung gar nicht. Und es ist einfach ein natürliches Gespräch möglich, als ob wir die Glasscheibe nicht zwischen uns hätten, sondern einfach nur natürlich miteinander reden. Und das ist Sinn dieser Demo, natürliche Kommunikation zu zeigen."

    Manfred Lutzky, Entwickler am Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen in Erlangen demonstriert den verbesserten MP3-Sound für die direkte Sprach-Kommunikation über Internet-Verbindungen. Advanced Audio Coding, AAC, bringt CD-nahe Tonqualität schon bei einer Datenrate von 32 Kilobit pro Sekunde. Neben Design und Bedienbarkeit bei Mobilfunkgeräten stellen einige Hersteller erweiterte Funktionen wie Internet-Kommunikation und Videokonferenzen in den Mittelpunkt ihrer Geräte-Präsentation. Dabei haben sie auch daran gedacht, die Sprachqualität zu verbessern. Denn es macht wenig Freude, wenn es wie bei Freisprechanlagen im Auto immer wieder zu Unterbrechungen kommt, weil die Rückkopplung von Mikrofon und Lautsprecher unterdrückt werden muss. Die MP3-Forscher aus Erlangen haben dagegen Rauschunterdrückung und Echo-Kontrolle entwickelt. Die Software braucht wenig Ressourcen. Läuft somit auf Smartphones und Netbooks. Martin Lutzky:

    "Diesen AAC-Codec haben wir so optimiert, dass die Verzögerungszeit gering geworden ist, sehr gering geworden ist, aber die Qualität, die Audioqualität, ist immer noch dieselbe, die wir von MP3 und AAC her kennen."

    Die Fraunhofer-Software für verbesserte Sprachqualität ist nicht nur für geschäftliche Videokonferenzen gemacht. Auch der Anwender zu Hause kommt künftig in den Genuss dieser Technik. Das Wohnzimmer, ausgestattet mit Surroundsound-Anlage und Web-Cam am Grossbildschirm wird zum virtuellen Familienkonferenzraum. Im Mittelpunkt ein neues Mikrofon, gross wie eine Untertasse. Darin eine Anordnung mehrerer gerichteter Mikrofonkapseln. Ein Signalprozessor ortet und sortiert die Schallquellen im Raum. Über das Internet werden sie nahezu verzögerungsfrei zur Gegenstelle übertragen. Martin Lutzky über die neuen Möglichkeiten:

    "Das Mikrofon-Array wird an die Settop-Box angeschlossen, die Settop-Box ist gleichzeitig der Voice-over-IP-Client und hat Zugriff auf die HiFi-Anlage, so dass wir unser Wohnzimmer-Equipment, das eh schon zum großen Teil mit fünf Lautsprechern vorhanden ist, einfach weiter nutzen können zum Telefonieren, als ob man sich gegenüber sitzen würde. Und ich höre genau, dass die Oma, die bei mir auf der linken Seite sitzt, die wird auf der anderen Seite auch auf der linken Seite wiedergegeben. Und damit kann man sehr leicht zwischen den Leuten unterscheiden, weil die einfach aus der richtigen Richtung wiedergeben wird. Die Unterscheidbarkeit wird besser, es ist einfach eine natürliche Kommunikation, so als ob man sich direkt gegenüber sitzen würde."