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Methan in der Atmosphäre
Erdgasindustrie könnte Methan-Anstieg begünstigen

Der Methan-Gehalt in der Atmosphäre nimmt seit Jahren stark zu. Bisher machten Forscher dafür die Rinderzucht, den Klimawandel und biologische Quellen verantwortlich. Geowissenschaftler vermuten jedoch: Fracking und die damit verbundene Schiefergas-Industrie könnten den Anstieg mitverursachen.

Von Volker Mrasek | 14.08.2019
Ein Fracking-Bohrturm in der Abenddämmerung.
Besteht ein Zusammenhang zwischen dem sogenannten Fracking und der Zunahme an Methan in der Atmosphäre? (dpa/picture alliance/Jim Lo Scalzo)
Methan enthält ein zentrales Kohlenstoff-Atom, und das kann in zwei Formen vorliegen: als leichteres C-12- oder als schwereres C-13-Isotop. Bemerkenswert ist nicht nur, dass Methan in der Atmosphäre seit Jahren wieder stark zunimmt. Sondern auch, dass sich sein Isotopenverhältnis verschoben hat: Der Anteil von leichterem Kohlenstoff-12 sei größer geworden, sagt Robert Howarth, Professor für Ökologie an der Cornell University in Ithaca in den USA:
"Es gibt ein ungeheures Interesse daran, was da mit Methan in den letzten Jahren los ist, und es liegen schon einige Studien dazu vor. Sie legen nahe, dass es am ehesten aus der Rinderzucht oder dem Reisanbau stammt, vielleicht auch aus Feuchtgebieten. Denn Methan aus biologischen Quellen enthält relativ viel leichten C-12-Kohlenstoff. Dagegen ist Erdgas beziehungsweise Methan aus fossilen Quellen reicher an schwerem Kohlenstoff-13."
Doch Howarth ist überzeugt, dass die Sache gar nicht so klar ist. Seine Fachkollegen hätten die Rechnung nämlich ohne "shale gas" oder Schiefergas gemacht. Dabei handelt es sich um Erdgas, das durch Fracking gewonnen wird - indem man Risse im Untergrund erzeugt und Wasser unter hohem Druck in Lagerstätten pumpt. Dadurch holt man bisher unerreichbares Erdgas nach oben. Und das besteht bekanntlich größtenteils aus Methan. Für seine neue Studie hat der US-Geowissenschaftler jetzt den Isotopen-Fingerabdruck von Schiefergas genauer bestimmt. Die Daten stammten aus verschiedenen Förderfeldern in den USA:
"Andere Forscher haben angenommen, dass der Fingerabdruck von Methan aus fossilen Quellen immer derselbe ist. Aber das stimmt nicht! Schiefergas ist nicht so stark oxidiert wie herkömmliches Erdgas, und sein Methan geht deshalb eher in die Richtung biologischer Quellen: Es enthält im Verhältnis ebenfalls nicht so viel schweren Kohlenstoff. In meiner Studie berücksichtige ich das und komme zu dem Schluss: Hinter dem Methan-Anstieg der letzten Jahre steckt vor allem der Schiefergas-Boom in den USA und in Kanada."
Fossile oder biologische Quellen stärker verantwortlich?
Drei bis vier Prozent des Erdgases entwichen bei der Förderung, sagt Howarth – zum Teil schon im Bohrloch, zum Teil aus undichten Leitungen. In diesen Lecks sieht er den Hauptgrund für die zunehmenden Methan-Emissionen in jüngster Zeit. Man dürfe die Schiefergas-Förderung sicher nicht außer Acht lassen, sagt auch Grant Allen, Professor für Atmosphärenphysik an der Universität Manchester. Die neue Studie mache das klar. Doch Allen hat Zweifel an Howarths Fazit, die fossilen Quellen seien stärkere Treiber des Methan-Anstiegs als die biologischen:
"Wir haben gerade eine Studie im tropischen Afrika abgeschlossen, eine Messkampagne vom Flugzeug aus. Und ganz sicher: Es gibt dort große Feuchtgebiete mit hohen und steigenden Methan-Emissionen – weil biologische Umsetzungsprozesse durch den Klimawandel beschleunigt werden."
In einem sind sich Allen und Howarth allerdings einig: Es ist die Energiewirtschaft, die den globalen Methan-Anstieg am ehesten bremsen könnte – indem sie die Lecks bei der Schiefer- und Erdgasförderung schließt.