Wie oft er sich schon mit der Polizei und den Holzfällern angelegt hat? Michael Mendives kann sich nicht mehr genau daran erinnern. 40, vielleicht 50 Mal? Dazu diverse Verhaftungen. Seit Ende der 90er lebt der 25jährige Umwelt-Aktivist jetzt schon in Goongerah, einem Nest mitten im Urwald von East Gippsland, zu dem nur eine holprige Serpentinen-Piste führt. Hier ist das Zentrum von Geco - der basisdemokratischen Umwelt-Bewegung, die sich den Schutz der Urwälder East Gippslands auf die Fahnen geschrieben hat.
"Ich war vier, als ich zum ersten Mal einen abgeholzten Wald sah. Seitdem bin ich richtig sauer. Es ist schwer, so etwas zu vergessen: Da läufst du durch einen üppigen Wald und von einer Sekunde auf die andere störst du auf brennende Ödnis. Und vor sich hinkokelnde Baum-Stümpfe."
Vom Hauptquartier der Gecos sind es nur ein paar hunder Meter bis zur Farm von Jill Redwood. Die Anfang 50jährige ist vor 25 Jahren hierhergekommen.
"Oh, es war wunderschön, es gab Berghänge voller Bäume, die mit Farn bedeckt waren. Und majestätische Wälder. Aber es verschwindet mehr und mehr. Das geht jetzt schon seit 20 Jahren so."
Eine Tragödie - findet nicht nur die Grünen-Politikerin Jill Redwood. Auch Gevan McFadzean von der Wilderness Society, der größten Umweltorganisation Australiens, schlägt Alarm. Wald in der Größe von 18 Fußball-Felder fallen in Victoria den Kettensägen zum Opfer - täglich. Darunter auch Urwälder wie die in East Gippsland.
"East Gippsland ist das Kronjuwel der Urwälder. Obwohl es nur fünf Prozent vom Bundesstaat Victoria ausmacht, ist es Heimat für vierzig Prozent seiner Biodiversität. Es gibt hier 113 gefährdete Specien und allein 43 verschiedene Arten von Eukalyptus-Bäumen. Einige Specien kommen nirgendwo sonst auf der Welt vor. Deshalb sollte East Gippsland eigentlich auch schon 1987 auf die Liste des Weltnaturerbes. Aber die Bundesregierung hat das damals blockiert."
Kein Zufall: Mitte der 80er firmierte Umweltschutz in Australien noch unter ferner liefen. Das ist heute anders: Selbst die konservative Bundesregierung entdeckte letztes Jahr im Wahlkampf die green vote - die grüne Stimme, entschieden sich die Landesregierungen von New South Wales und Queensland ihre Wälder stärker zu schützen. Nur Victoria scherrte aus. Weil die Holzindustrie Arbeitsplätze bietet - argumentiert der sozialdemokratische Ministerpräsident Steve Bracks. Weil er es sich nicht mit seinen mächtigen Verbündeten verscherzen will, argumentiert Jill Redwood.
"Das ist doch nur ein Schein-Argument. Bracks geht es darum, seine Kumpel, also die großen Unternehmen, zufrieden zu stellen. Die Holz-Industrie spendet Jahr für Jahr tausende und tausende von Dollars an die Landesregierung in Melbourne. Von wegen Jobs! Die kümmern sich einen feuchten Dreck um Jobs. Vor kurzem hat die Bahn bei uns ihren Betrieb eingestellt: Über Nacht standen 400 Leute auf der Straße. Glauben Sie, da hat sich irgendein Politiker aus Melbourne blicken lassen?! Nur bei der Holzindustrie, diesem sterbenden Industrie-Zweig, der gerade einmal zwei Prozent aller Arbeitsplätze in Victoria bereit stellt - da will der Staat ausgerechnet Jobs retten?! Lächerlich. "
Schon seit Jahren kämpfen Umweltschützer wie Jill Redwood und Gavin McFedzean um den Erhalt der Urwälder in East Gippsland. Gerade erst hat McFedzean in Melbourne seinen Jobs and Industry Plan vorgestellt - eine Art Masterplan, der Umweltschutz und die Schaffung von Arbeitsplätzen in Einklang bringen soll.
"Ü: Wir haben die Wahl: Wir können weiter auf eine Holzindustrie setzen, die die Urwälder abholzt. Und als billige Holzwolle exportiert. Oder wir setzen auf Plantagen, die hochwertiges Holz liefern. Darauf sollten wir bauen. Victoria bietet sich da förmlich an. Wir haben jetzt schon die größten Monokulturen, dabei sind wir der zweitkleinste Bundesstaat. Es ist ein Wachstumsmarkt. Die Plantagen kommen ohne Subventionen aus - ganz anders als die Unternehmen, die die Urwälder vernichten. Ohne Subventionen wäre die schon längst weg vom Fenster."
Plantagen statt Urwälder - das ist auch das Credo von Jill Redwood.
"Es ist ein Selbstläufer: Das Plantagen-Holz hat eine viel bessere Qualität. Und: Wir haben dann auch mehr Wasser in unseren Reservoirs, weil: Wenn man die Urwälder fällt, trocknen die Reservoirs viel schneller aus. Dadurch geht mehr Geld verloren als man durch die paar Bäume an Gewinn einfährt. Der beträgt manchmal nur elf Cent pro Tonne. Stellen Sie sich das vor: Eine ganze LKW-Ladung jahrhunderte alter Bäume ist weniger wert als ein Laib Brot."
Nächstes Jahr sind in Victoria Landtagswahlen. Jill Redwood will für die Grünen wieder antreten. Will Druck machen. Trotz der Morddrohungen und der Ziegenköpfe, die eines Tages in ihrem Briefkasten hingen. Damit der Schutz der Urwälder auf der Tagesordnung bleibt.
Noch blockt Melbourne ab, aber: Jill Redwood bleibt zuversichtlich. Schließlich habe es vor drei Jahren, beim letzten Landtagswahl-Kampf, ja auch schon einmal geklappt. Da lenkte Ministerpräsident Bracks nach langem hin und her ein - und stellte einen 100.000 Hektar großen Urwald im Westen unter Naturschutz.
Und auch er will weitermachen: Michael Mendives von Geco. Jetzt, im australischen Winter der Südhalbkugel, wo es in East Gippsland manchmal tagelang schneien kann, zieht es ihn gen Norden - in die Wüste. Protest gegen den Uran-Abbau dort. Aber spätestens im Oktober will er zurück sein. Zur nächsten Demonstration.
"Wir werden auf jeden Fall gewinnen - und sei es nur aus Versehen. Weil sie nichts mehr fällen können. Weil es einfach keine Urwälder mehr geben wird."
"Ich war vier, als ich zum ersten Mal einen abgeholzten Wald sah. Seitdem bin ich richtig sauer. Es ist schwer, so etwas zu vergessen: Da läufst du durch einen üppigen Wald und von einer Sekunde auf die andere störst du auf brennende Ödnis. Und vor sich hinkokelnde Baum-Stümpfe."
Vom Hauptquartier der Gecos sind es nur ein paar hunder Meter bis zur Farm von Jill Redwood. Die Anfang 50jährige ist vor 25 Jahren hierhergekommen.
"Oh, es war wunderschön, es gab Berghänge voller Bäume, die mit Farn bedeckt waren. Und majestätische Wälder. Aber es verschwindet mehr und mehr. Das geht jetzt schon seit 20 Jahren so."
Eine Tragödie - findet nicht nur die Grünen-Politikerin Jill Redwood. Auch Gevan McFadzean von der Wilderness Society, der größten Umweltorganisation Australiens, schlägt Alarm. Wald in der Größe von 18 Fußball-Felder fallen in Victoria den Kettensägen zum Opfer - täglich. Darunter auch Urwälder wie die in East Gippsland.
"East Gippsland ist das Kronjuwel der Urwälder. Obwohl es nur fünf Prozent vom Bundesstaat Victoria ausmacht, ist es Heimat für vierzig Prozent seiner Biodiversität. Es gibt hier 113 gefährdete Specien und allein 43 verschiedene Arten von Eukalyptus-Bäumen. Einige Specien kommen nirgendwo sonst auf der Welt vor. Deshalb sollte East Gippsland eigentlich auch schon 1987 auf die Liste des Weltnaturerbes. Aber die Bundesregierung hat das damals blockiert."
Kein Zufall: Mitte der 80er firmierte Umweltschutz in Australien noch unter ferner liefen. Das ist heute anders: Selbst die konservative Bundesregierung entdeckte letztes Jahr im Wahlkampf die green vote - die grüne Stimme, entschieden sich die Landesregierungen von New South Wales und Queensland ihre Wälder stärker zu schützen. Nur Victoria scherrte aus. Weil die Holzindustrie Arbeitsplätze bietet - argumentiert der sozialdemokratische Ministerpräsident Steve Bracks. Weil er es sich nicht mit seinen mächtigen Verbündeten verscherzen will, argumentiert Jill Redwood.
"Das ist doch nur ein Schein-Argument. Bracks geht es darum, seine Kumpel, also die großen Unternehmen, zufrieden zu stellen. Die Holz-Industrie spendet Jahr für Jahr tausende und tausende von Dollars an die Landesregierung in Melbourne. Von wegen Jobs! Die kümmern sich einen feuchten Dreck um Jobs. Vor kurzem hat die Bahn bei uns ihren Betrieb eingestellt: Über Nacht standen 400 Leute auf der Straße. Glauben Sie, da hat sich irgendein Politiker aus Melbourne blicken lassen?! Nur bei der Holzindustrie, diesem sterbenden Industrie-Zweig, der gerade einmal zwei Prozent aller Arbeitsplätze in Victoria bereit stellt - da will der Staat ausgerechnet Jobs retten?! Lächerlich. "
Schon seit Jahren kämpfen Umweltschützer wie Jill Redwood und Gavin McFedzean um den Erhalt der Urwälder in East Gippsland. Gerade erst hat McFedzean in Melbourne seinen Jobs and Industry Plan vorgestellt - eine Art Masterplan, der Umweltschutz und die Schaffung von Arbeitsplätzen in Einklang bringen soll.
"Ü: Wir haben die Wahl: Wir können weiter auf eine Holzindustrie setzen, die die Urwälder abholzt. Und als billige Holzwolle exportiert. Oder wir setzen auf Plantagen, die hochwertiges Holz liefern. Darauf sollten wir bauen. Victoria bietet sich da förmlich an. Wir haben jetzt schon die größten Monokulturen, dabei sind wir der zweitkleinste Bundesstaat. Es ist ein Wachstumsmarkt. Die Plantagen kommen ohne Subventionen aus - ganz anders als die Unternehmen, die die Urwälder vernichten. Ohne Subventionen wäre die schon längst weg vom Fenster."
Plantagen statt Urwälder - das ist auch das Credo von Jill Redwood.
"Es ist ein Selbstläufer: Das Plantagen-Holz hat eine viel bessere Qualität. Und: Wir haben dann auch mehr Wasser in unseren Reservoirs, weil: Wenn man die Urwälder fällt, trocknen die Reservoirs viel schneller aus. Dadurch geht mehr Geld verloren als man durch die paar Bäume an Gewinn einfährt. Der beträgt manchmal nur elf Cent pro Tonne. Stellen Sie sich das vor: Eine ganze LKW-Ladung jahrhunderte alter Bäume ist weniger wert als ein Laib Brot."
Nächstes Jahr sind in Victoria Landtagswahlen. Jill Redwood will für die Grünen wieder antreten. Will Druck machen. Trotz der Morddrohungen und der Ziegenköpfe, die eines Tages in ihrem Briefkasten hingen. Damit der Schutz der Urwälder auf der Tagesordnung bleibt.
Noch blockt Melbourne ab, aber: Jill Redwood bleibt zuversichtlich. Schließlich habe es vor drei Jahren, beim letzten Landtagswahl-Kampf, ja auch schon einmal geklappt. Da lenkte Ministerpräsident Bracks nach langem hin und her ein - und stellte einen 100.000 Hektar großen Urwald im Westen unter Naturschutz.
Und auch er will weitermachen: Michael Mendives von Geco. Jetzt, im australischen Winter der Südhalbkugel, wo es in East Gippsland manchmal tagelang schneien kann, zieht es ihn gen Norden - in die Wüste. Protest gegen den Uran-Abbau dort. Aber spätestens im Oktober will er zurück sein. Zur nächsten Demonstration.
"Wir werden auf jeden Fall gewinnen - und sei es nur aus Versehen. Weil sie nichts mehr fällen können. Weil es einfach keine Urwälder mehr geben wird."