Dienstag, 23. April 2024

Archiv

#MeToo am Arbeitsplatz
Australien startet Studie über sexuelle Belästigung

Australien hat ein großes Problem mit sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Die australische Menschenrechtskommission soll nun ein Jahr lang im Auftrag der Regierung Ursachen, Hintergründe und Folgen untersuchen.

Von Andreas Stummer | 03.07.2018
    Sexuelle Nötigung am Arbeitsplatz: Mann greift seiner Kollegin an den Hintern.
    Besonders Frauen werden oft Opfer sexueller Übergriffe am Arbeitsplatz (imago / imagebroker / begsteiger )
    Blaue Hemden mit Schulterabzeichen, Blusen, T-Shirts und dunkelgraue Hosenanzüge: Jennifer Warner versteckt ihre frühere Arbeitskleidung in einem Schrank im Schlafzimmer ihres Sohnes. Aus gutem Grund. Jahrelang arbeitete die 31jährige in Sydney als Streifenpolizistin bevor sie zur Kripo wechselte. Dort wurde Jennifer von ihren Kollegen von Beginn an und immer wieder sexuell belästigt. An jedem Kleiderbügel ihrer alten Garderobe hängt eine schlechte Erinnerung.
    "Diese Hosen gehören zu meinem Lieblingsanzug. Jedes Mal wenn ich sie anhatte gab es Kommentare über meinen Hintern, was für eine heiße Mutti ich doch wäre. Kam ich in diesen Blusen, sagte man mir, was für Dinger ich doch hätte. Es ist erniedrigend, wenn man sich völlig normal anzieht und so etwas zu hören kriegt."
    Anzüglichkeiten an der Tagesordnung
    Anzüglichkeiten und eindeutig zweideutige Angebote waren für Jennifer an der Tagesordnung. Sie beschwerte sich bei ihren Vorgesetzten und es kam zu einer offiziellen Untersuchung - mehr als eine Ermahnung aber gab es für ihre Kollegen nicht.
    "Dieses Büro war wie ein Zoo, selbst über Opfer wurde abschätzig geredet. Eine Frau, die sexuell missbraucht worden war, kam herein und der Schichtleiter meinte nur: 'Kümmere du dich um die Schlampe und nimm ihre Aussage auf'."
    Jennifer Warner ist bei weitem kein Einzelfall. Mehr als jeder Fünfte über 15 Jahre ist in Australien schon einmal sexuell belästigt worden – über zwei Drittel davon am Arbeitsplatz, die große Mehrheit: Frauen. Deshalb soll jetzt die australische Menschenrechtskommission im Auftrag der Regierung ein Jahr lang Ursachen, Hintergründe und die Folgen untersuchen – von den Beschwerden Betroffener bei Anti-Diskriminierungsstellen bis hin zur Rolle der sozialen Medien.
    "Niemand sollte sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz oder sonst wo im Leben erdulden müssen", sagt Frauenministerin Kelly O’Dwyer, "Die Folgen sind schwerwiegend – persönlich und für die Karriere etwa bei Kündigung oder einer verweigerten Beförderung. Aber auch Arbeitgeber leiden unter den Konsequenzen: geringere Produktivität, häufiger Personalwechsel, Absenzen, Entschädigungsklagen oder ein früherer Renteneintritt."
    Zahlreiche Beschwerden über Belästigungen
    "Me too" waren zwei Worte, die zur Kampagne wurden und eine weltweite Diskussion auslösten. Die australische Untersuchung zu sexueller Belästigung am Arbeitsplatz soll jetzt Taten folgen lassen. "Der Zeitpunkt ist ideal", glaubt Kommissionsmitglied Kate Jenkins. Noch nie gingen so viele Frauen zur Arbeit und noch nie hätte es mehr Beschwerden über Arbeitsbedingungen und Arbeitsklima gegeben.
    "Das Ziel der Untersuchung sind bessere Richtlinien, wie man sexuelle Belästigung verhindern oder angemessen auf sie reagieren kann. Ein Erfolg wäre es, wenn wir mit neuen Verhaltens-Blaupausen Arbeitgebern helfen könnten, den Arbeitsplatz zu verbessern."