
Musik: "Mettavolution"
Rodrigo Sanchez: "Wir haben keine bewusste Pause eingelegt. Nach dem Motto: "Lasst uns aufhören und alles überdenken." Aber unbewusst war es vielleicht genau das - wir hatten die Tour zum letzten Album extrem ausgedehnt. Und jedes Mal, wenn wir angefangen haben, neues Material zu schreiben, hatten wir das Gefühl, als ob wir einen Richtungs- oder Kurswechsel bräuchten. Dass wir nicht mit einem Album aufwarten können, das eine plumpe Fortsetzung seiner Vorgänger ist – ohne frische, neue Ideen."
Trotz des kommerziellen Erfolgs: Mit ihrem letzten Album "9 Dead Alive" trafen Rodrigo Y Gabriela im Jahr 2014 auf eine unsichtbare, kreative Wand - und hatten das Gefühl, sich nur noch selbst zu kopieren. Diese Erkenntnis stürzte das Duo in eine tiefe Sinnkrise. Doch statt die Grundidee von Instrumental-Musik auf akustischen Gitarren aufzugeben, versuchen sie es nun mit einer Reduktion.
Je simpler, desto besser
"Anfangs haben wir viel Aufwand betrieben, um wirklich alle Lücken zu füllen. Aber dann haben wir erkannt: Je simpler, desto besser. Also: Raus mit allem, was wir nicht brauchen. Und das Ergebnis ist ziemlich minimalistisch - was den Songs mehr Möglichkeiten zur Entfaltung gibt. Ich stehe eh nicht auf Gitarrenbands, die mit ihren handwerklichen Fähigkeiten angeben und zeigen, was sie alles mit dem Instrument anstellen können. Das reizt mich nicht. Sondern für mich gilt: Weniger ist mehr."
Musik: "Terracentric"
Die sieben Stücke auf "Mettavolution" entstanden live im Studio – mit Dave Sardy, der sonst A Perfect Circle, Incubus oder ZZ-Top betreut. Der Produzent nahm das Duo analog und mit alten Mikrofonen auf. Zudem überzeugte er die sonst rein akustisch spielenden Künstler, erstmals elektrische Gitarre zu verwenden. Und - auch das ist neu - er animierte Rodrigo Y Gabriela sich an einer Coverversion zu versuchen. Dem Pink Floyd-Klassiker "Echoes".
Eine Idee lange nicht umgesetzt
"Wir hatten schon vor zehn Jahren eine Idee, wie wir diesen Song bringen könnten. Aber wir haben das nie umgesetzt - bis wir letztes Jahr in der Hollywood Bowl gespielt haben. Da wollten wir etwas Unerwartetes machen - und haben uns einfach auf die Bühne gesetzt und diesen 20minütigen Song gespielt. Ohne Effekte. Das hat wunderbar funktioniert und deshalb meinte ich zu Gab, dass wir das Stück unbedingt mit auf das Album nehmen sollten."
Musik: "Echoes"
"Echoes" gilt als Paradebeispiel für progressive, bewusstseinserweiternde Rockmusik - und passt auch inhaltlich zu Rodrigo Y Gabriela. Schließlich geht es dem Duo nicht nur um Unterhaltung, sondern es verfolgt eine Mission: Denkanstöße für ein besseres, verantwortungsvolleres Leben. Mit Hilfe von Musik, aber auch Yoga, Meditation und fernöstlicher Philosophie. "Mettavolution" ist ein Wortspiel aus "evolution", also Entwicklung, und "metta". Eine Lehre des Theravada-Buddhismus, die für eine freundliche Haltung gegenüber fühlenden Wesen steht.

"Es ist ein erfundenes Wort, aber es zeigt, worum es uns geht: Nämlich, dass wir tatsächlich etwas ändern könnten, wenn wir nur aufmerksamer im Hinblick auf unsere Umgebung wären. Als Menschen haben wir uns technisch enorm weiterentwickelt, aber unser Verhalten untereinander kommt da nicht mit. Insofern sollte eine unserer täglichen Übungen darin bestehen, etwas Gutes für andere zu tun. Denn dadurch erkennt man: "Das Leben dreht sich nicht allein um mich. Und je mehr Gutes ich für andere tue, desto besser fühle ich mich selbst." Das ist einfach so."
Musik: "Electric Soul"
Musik als Lebenshilfe - und inszeniert mit handwerklicher Raffinesse, kraftvollem, perkussiven Spiel und einem Hybrid aus Rock-, Folk- und Blueselementen. Das Album zeigt eindrucksvoll, was sich mit zwei Mal sechs Nylon-Saiten anstellen lässt - und wie vielseitig man damit seien kann. Kein Wunder, dass Metallica und Robert Plant erklärte Fans von Rodrigo Y Gabriela sind. Für seine Live-Shows greift das Duo allerdings tief in die technische Trickkiste. Um den Soundanforderungen immer größerer Hallen gerecht zu werden, sind ihre Gitarren mit Mini-Computern und Piezo-Tonabnehmer ausgerüstet. So trägt der Klang von Akustik-Gitarren auch in Arenen und Stadien.
Gitarrenspiel ist immer noch Handwerk
"Jedes Mal, wenn wir in größeren Venues gespielt haben, und Gab ihre perkussiven Parts auf dem Korpus gebracht hat, ist das nicht vernünftig rübergekommen. Am schlimmsten war es, als wir im Vorprogramm von Muse im Londoner Wembley Stadium aufgetreten sind. Da hatten wir echte Probleme mit den Gitarren. Und die Lösung war: Sie mussten an allen Stellen gleichlaut sein."
Musik: "Witness Tree"
Viel Aufwand also, um die Spielfreude und die Virtuosität der beiden zu transportieren. Doch bei aller Technik ist Gitarrenspiel immer noch Handwerk. Und bei Rodrigo Y Gabriela ein besonders athletisches.
"Es ist schmerzhaft. Aber wenn man die Hände zwei, drei Minuten in eine Wanne mit Eis hält, womit die Blutkörper geöffnet werden, ist der Schmerz meistens weg. Und vor zwei Jahren habe ich von der Wim Hof-Methode gehört – also vom Eismann. Jetzt mache ich das nicht nur mit den Armen, sondern nehme ich ein richtiges Eisbad."
Musik: "Echoes"