Mittwoch, 22. Mai 2024

Archiv


"Microsoft hat eigentlich kein Betriebssystem für Handys"

Betriebssysteme.- Smartphones mit Googles mobilem Betriebssystem Android stellen für das iPhone eine immer größere Konkurrenz dar. Zwar ist die entscheidende Kluft zwischen Google und Apple hier nur einen Zweifingerspalt groß – doch gerade der hat es in sich.

Wissenschaftsjournalist Achim Killer im Gespräch mit Manfred Kloiber | 14.08.2010
    Manfred Kloiber: Über Handybetriebssysteme berichtete Achim Killer. Mit ihm bin ich in München verbunden. Herr Killer, Sie sagen, von der Multitouch-Fähigkeit hänge derzeit der Erfolg eines Smartphones auf dem Markt ab. Ist es denn so schwierig, eine Bedieneroberfläche mit Multitouch zu programmieren?

    Achim Killer: Eigentlich nicht. Es ist mehr ein juristisches als ein technisches Problem, das die Konkurrenten von Apple da haben. Apple hat sich die Bedienweise, also die Fingerbewegungen, patentieren lassen. Und sogar das Wort selber, Multitouch, ist eine eingetragene Marke von Apple. Und deswegen hat auch HTC, der taiwanesische Handy-Bauer, schon richtig Ärger bekommen. Apple hat ihn verklagt, weil er Android-Handys baut. Die sind natürlich multitouchfähig. Und sogar Windows mobile hat HTC mit einem Softwareaufsatz versehen, so dass man die Handys mit zwei Fingern bedienen kann. Alle Beobachter gehen allerdings gehen davon aus, dass das quasi nur ein juristischer Stellvertreterkrieg ist, dass Apple eigentlich auf Android zielt und dass Google mit seinem Betriebssystem deswegen noch Probleme kriegen wird.

    Kloiber: Wenn es um die Benutzerschnittstelle geht, da ist ja eigentlich immer Windows stark. Warum tut sich eigentlich Microsoft so schwer mit den Smartphones?

    Killer: Na ja, Microsoft hat eigentlich kein Betriebssystem für Handys. Die technologische Basis ist Windows CE. Und davon nimmt Microsoft dann von verschiedenen Versionen Teile, mischt sie und nennt diese Mixtur mal Windows mobile, mal Pocket PC und künftig halt Windows Phone. Und mit dem Windows, das man vom PC her kennt, hat das Ganze eh nichts zu tun. Die Systeme sind inkompatibel. Und heutige Programme für Windows mobile werden nicht unter Windows Phone laufen. Also das gerade Gegenteil dessen, was man vom PC her kennt und was Microsoft groß und mächtig gemacht hat.

    Kloiber: Und warum jetzt der neuerliche Bruch zwischen Windows mobile und Windows Phone?

    Killer: Zwei mögliche Erklärungen gibt’s. Beide sind nicht sonderlich schmeichelhaft für Microsoft. Die eine wäre: Die haben ganz massive Sicherheitsprobleme mit ihrem mobilen Windows. Dann würde Silverlight so eine Art Schutzschicht zwischen Betriebssystem und den Anwendungen darstellen. Und der überwachte Software-Markt wäre eine weitere Sicherheitsmaßnahme. Die andere Erklärung: Sie versuchen über die Smartphones eigene Technologien, also Silverlight, durchzudrücken. Das wär allerdings sehr dumm. Denn das kann vielleicht Apple in dem Markt, aber bestimmt nicht Microsoft.

    Kloiber: Gehen wir mal davon aus, es seien wirklich Sicherheitsüberlegungen, deretwegen Apple zum Beispiel den Nutzern die Programme und den Entwicklern die Programmierwerkzeuge vorschreibt. Was ist eigentlich mit Microsoft, wollen die das genauso handhaben und hilft das?

    Killer: Microsoft will das genauso handhaben, und ob es hilft, das ist doch sehr fraglich. Es gibt zwei Systeme, von denen das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik ausdrücklich abrät – für den dienstlichen Gebrauch in Ministerien. Und das sind die proprietären Systeme Blackberry und iPhone. Gut, es kann bei offenen Systemen wie Android schon mal passieren, dass jemand ein vermeintlich nützliches Stück Software verbreitet, bei dem es sich in Wahrheit aber um ein Schadprogramm handelt. Diese Woche etwa sagen die Kaspersky Labs, sie hätten den ersten SMS-Trojaner für Android-Handys entdeckt. Das kann unangenehm sein, wenn Schadsoftware kostenpflichtige Kurzmitteilungen verschickt. Aber gerade dieses Bespiel zeigt auch, wie sicher man offene Systeme machen kann. Der ominöse SMS-Trojaner tarnt sich als Multimedia-Player, kann aber nur dann seine Schadwirkung entfalten, wenn man ihm erlaubt, Kurzmitteilungen zu verschicken – also ein simsender Multimedia-Player. Und: Man muss ausdrücklich zustimmen, dass er aus einer unbekannten Quelle heruntergeladen wird. Es ist schon so, dass offene Systeme, bei denen der Source-Code von Betriebssystem und Anwendungen überprüft werden kann, dass die die geringsten Sicherheitsprobleme haben.

    Kloiber: Kommen wir auf den Markt für Smartphones zurück. Es gibt Kritiker, die sagen, Symbian und Blackberry seien auf dem absteigenden Ast. Was sagen Sie?

    Killer: Sie verlieren Marktanteile. Symbian ist zwar auch Open Source, hängt aber sehr stark an Nokia. Und das Unternehmen ist zurzeit in keiner guten Verfassung. Und der Blackberry ist ein äußerst proprietäres System. Der müsste schon Außergewöhnliches bieten, um zu wachsen. Aber das tut er nicht mehr.

    Kloiber: Kann es denn sein, dass die aktuellen Vorgänge um das Thema Abhören von Blackberry-Verbindungen, Zugriff auf die Server durch arabische Staaten – dass das dem Unternehmen zusätzlich schadet?

    Killer: Also das Sicherheitsargument war bisher das Argument für Blackberrys, obwohl es eigentlich nicht mehr sticht. Dieses Argument ist veraltet. Es gibt heute Sicherheitslösungen für Standard-Smartphones, die mindestens genauso sicher sind. Wenn Blackberry da jetzt nachgibt und staatlichen Stellen den Zugang zu seinen Servern gibt, dann kann das RIM vielleicht einen Teilmarkt retten, aber RIM wird deswegen auf jeden Fall auf dem Gesamtmarkt verlieren.