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Mietmodernisierung
Erste Musterfeststellungsklage im Mietrecht eingereicht

Die Möglichkeit einer Musterfeststellungsklage gibt es erst seit November 2018. Funktioniert dieses Instrument auch bei Wohnungskonzernen, die drastisch die Miete erhöhen wollen? Der Münchner Mieterverein hat eine entsprechende Klage eingereicht, die erste im Mietrecht.

Von Michael Watzke | 12.04.2019
Baustelle eines Hauses mit Dämmplatten.
Modernisierung vor Gericht (imago/Roland Mühlanger)
Genau einen Tag nach Weihnachten fanden die 230 Mieter des Münchner Hohenzollernkarrees eine böse Überraschung im Briefkasten: Der Vermieter der Wohnanlage kündigte eine Modernisierung an. Und nach der Sanierung plant die Max Emanuel Immobilien GmbH eine kräftige Mieterhöhung – teilweise eine Verdoppelung der Miete. Dass die Ankündigung gerade vier Tage vor Jahresschluss kam, war kein Zufall, sagt Volker Rastätter, Geschäftsführer des Mietervereins München.
"Das hat der Vermieter deshalb gemacht, weil ab dem 1.1.2019 neues Recht gilt. Seitdem ist nur noch eine Mieterhöhung von drei Euro pro Quadratmeter und Monat möglich."
Vorab Geld kassieren ohne zeitnahe Gegenleistung?
Im alten Jahr gab es eine solche Obergrenze für die Modernisierungs-Umlage noch nicht. Der Vermieter will aber die hauptsächlichen Sanierungs-Arbeiten erst 2021 beginnen, mehr als zwei Jahre später.
"Wir sehen darin einen Verstoß gegen die zeitnahe Durchführung der Modernisierung. Es gibt Rechtsprechung, die besagt: Mehr als ein halbes Jahr darf der Abstand nicht sein. Deshalb glauben, wir, dass wir diese Klage gewinnen."
Neuland
Diese Klage, von der Volker Rastätter spricht, ist etwas ganz Neues. Es ist die erste Musterfeststellungs-Klage zum Thema Mietrecht in Deutschland. Und sie hat – nur zwei Tage nach Einreichung – schon einen voraussichtlichen Termin, sagt Annette Neumair, Sprecherin des Oberlandesgerichts München (OLG).
"Nach Rücksprache mit dem Vorsitzenden ist wohl davon auszugehen, dass die mündliche Verhandlung in diesem Herbst stattfinden wird."
Denn der Mieterverein München hat als Kläger die wichtigste Bedingung einer Musterfeststellungsklage erfüllt: Nämlich mindestens 50 Teilnehmer. Es sind jetzt schon 68 Mietparteien des Hohenzollernkarrees und in den nächsten zwei Monaten können sich auf der Homepage des OLG München noch mehr Betroffene ins Register eintragen. Das dauere nur fünf Minuten und sei kostenlos, so Rastätter.
"Und wenn wir gewinnen, dann hat jeder, der mitmacht, den Vorteil, dass für ihn auch neues Recht gilt. Also die Beschränkung der Modernisierungskosten auf maximal drei Euro pro Quadratmeter und Monat."
Höchstmöglicher Streitwert wurde festgesetzt
Der Beklagte, die Max Emanuel Immobilien GmbH, hat sich auf Anfrage des Deutschlandfunks nicht geäußert. Das OLG München teilt mit…
"… dass der Senat einen vorläufigen Streitwertbeschluss erlassen hat. Und den Streitwert des Verfahrens - auch in Übereinstimmung mit der Klägerseite - auf 250.000 Euro festgesetzt hat."
Das ist der höchstmögliche Streitwert. Der Kläger muss nun rund 7.000 Euro Kostenvorschuss an das Gericht überweisen. Volker Rastätter vom Mieterverein München kann sich vorstellen, das neue Instrument "Musterfeststellungsklage" in Zukunft noch häufiger zu nutzen - auch und gerade im Mietrecht.
"In bestimmten Fällen hilft uns das, insbesondere bei Betriebskosten. Wenn es sich um eine größere Anlage handelt und um eine Frage, die die ganze Anlage betrifft. Sonst muss man durch den Instanzenzug - Amtsgericht, Landgericht - und das ist hier natürlich sehr praktisch und führt schnell zu einem Ergebnis."
Denn eine Revision ist bei einer Musterfeststellungsklage nur noch beim Bundesgerichtshof möglich.