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Milben befallen Norddeutschlands Bienenvölker

Sie hängen sich an Bienen, saugen ihnen Blut ab und übertragen dabei Viren auf die Honiglieferanten: Die Varroamilben. Allein in Norddeutschland sind rund 40 Prozent der Bienenvölker in den vergangenen Monaten durch Milbenbefall verendet. Besonders betroffen: Ostfriesland, Osnabrück und der Raum Hannover.

Von Wolfgang Wortmann |
    Machen Sie mal bitte den Kasten auf, dann schauen wir mal, wie sie aussehen...

    Guido Eich blickt in die hölzerne Kiste mit den Bienenwaben. Auf der Oberfläche krabbeln nur wenige Tiere. Die meisten sind sehr schwach. Der Bienenzuchtberater deutet auf den Boden mit den stecknadelkopfgroßen braunen Körnchen.

    Sehen Sie diese kleinen braunen Tiere hier? (...) Milben werden auch mal alt. Die sterben also ab wie alte Bienen auch und fallen dann runter auf den Boden. Und wenn die Bienenvölker wenig aktiv sind, bleibt es dann da liegen.

    Ein sicheres Zeichen für Eich: Die Bienen von Hinrich Roos sind Opfer der Varroamilben geworden. Etwa im August war dem Imker aufgefallen, dass immer weniger Honigsammler in den Kästen summten. Dann ging alles ganz schnell.

    Ich hatte so 40 Völker und habe so ungefähr 30 verloren. Das nimmt einen schon ganz schön mit, wenn man so lange Bienen hat.

    Seit rund 50 Jahren ist Roos bereits Imker. Doch so große Verluste sind für ihn neu. Dabei hatte er gleich nach der Honigernte auch Medikamente eingesetzt. Aber durch den milden Winter und den verregneten Sommer haben sich die Milben besonders gut vermehren können. Viele Imker haben das zu spät bemerkt.

    Diese Milben sitzen bei den Bienen normalerweise in den Körperfalten und saugen dann Blut – durch die Haut stechen die durch bei den Bienen und saugen dann Blut. Der Imker sieht die in der Regel gar nicht, weil die so gut versteckt sind an den Bienen. Und wenn der Imker die Milben aufreiten sieht auf den Bienen, ist das Bienenvolk schon stark parasitiert. (...) Selbst wenn man dann die Milben entfernt: Die Schäden an den Bienen bleiben und schwächen die Bienen so, dass sie eingehen.

    Und wenn das ganze Volk dann fast am Ende ist, retten sich die restlichen Bienen in einen anderen Stock – und nehmen natürlich auch die Milben mit. Ein weiteres Problem: Die Milben sind inzwischen gegen viele Medikamente immun.

    Es überleben von Jahr zu Jahr mehr Milben. Das heißt: Der Imker erkennt nur, daß immer weniger Milben abfallen, wenn er behandelt. Und er denkt: Das Mittel ist so gut: Da sind überhaupt keine Milben drin. Dabei überleben sie alle.

    Erfolg versprechen sich Bienenexperten derzeit von Ameisensäure. Milbengeplagte Vögel hatten sie auf die Idee gebracht.

    Vögel wälzen sich in Ameisenhaufen; und die Ameisen empfinden das als Angriff, spritzen ihre Säure ab; und die Säure bringt die Milben um.

    Den gleichen Effekt erhofft sich Bienenzuchtberater Eich von Ameisensäure in den Bienenstöcken. Der Imker läßt die Säure auf Trägermaterial wie einem Schwammtuch verdunsten. Das Problem ist die Dosierung der Ameisensäure.

    Ist es kühl, verdampft wenig; und es sterben wenig Milben, so dass der Imker immer wieder kontrollieren muß. Und wem das nicht liegt, der wendet sie ungern an. Wenn sie nämlich zu gut wirkt und es sehr warm ist, dann verdampft viel. Dann gibt es auch eine gewisse Bienensterblichkeit, und davor hat der Imker Angst.

    Die Bienenzuchtberater bieten den Imkern deshalb spezielle Seminare an, in denen sie die richtige Dosierung von Ameisensäure lernen können. Aufwand, der sich lohnt, denn die Folgen der Milbeninvasion sind verheerend. Zwar leidet die Qualität des Honigs nicht, denn die Imker können das Mittel nur nach der Ernte einsetzen – der an sich süße Saft wäre andernfalls sehr sauer und nicht mehr zu verkaufen. Aber: Weniger Bienen produzieren natürlich weniger Honig – und der wird dann teurer. Nicht nur auf den Honig wirkt sich der Milbenbefall aus: Auch für Süßkirschen muss man möglicherweise bald tiefer in die Tasche greifen.

    Wenn der Baum blüht im Frühjahr und es sind keine Bienen mehr da, dann trägt er im Herbst wenig oder gar keine Kirschen.

    Bienenzuchtberater Eich geht aber davon aus, dass der Höhepunkt der Milbenplage bereits überschritten ist. Trotzdem: Hinrich Roos kann wohl in diesem Jahr auf keine gute Honigernte hoffen. Wie viele Imker wird er erst einmal seine Völker wieder aufpäppeln müssen. Dennoch will er auf jeden Fall bei seinem Hobby bleiben.

    Das sitzt einem so im Blut. Dann hört man dann nicht einfach so mit auf.