In "Miles ahead" wagt sich der US-Schauspieler Don Cheadle als Regisseur und Darsteller an den Ausnahmemusiker Miles Davis heran. Er inszeniert die fiktive Biografie des Musikers als Jazznummer - improvisiert, verschwommen und mit Bildern aus verzerrten Tagträumen.
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Der Schauspieler und Regisseur Don Cheadle bei der Vorstellung seines Films "Miles Ahead" am 18. Februar 2016 in Berlin (picture alliance / dpa / Britta Pedersen)
Was für ein Typ muss das gewesen sein! Fette Sprüche, scharfe Klamotten, Sonnenbrille. Don Cheadle als Miles Davis – lässig und cool. Selbst das Ziehen an der Zigarette wirkt bei ihm formvollendet wie ein Trompeten-Solo.
In diesem Film "Miles ahead" geht es um zwei Tage im Leben von Miles Davis Ende der 70er, als Miles Davis in einer Schreibblockade steckte.
Zusammen mit einem agilen Rolling Stone Reporter, gespielt von Ewan McGregor, macht er sich auf eine rasante Jagd nach einem verloren Tonband. Auf die Leinwand kommt diese Suche mit allen klassischen Elementen eines 70er Jahre Gangster-Films: Verfolgungsjagden, Schießereien, rasante Schnitte, Prügeleien. Und es tauchen allerhand seltsame Figuren auf. Ein junger, unbekannter Trompeter namens Junior oder ein gieriger Plattenproduzent, der ständig mit seiner Pistole herumfuchtelt. Das Problem: Diese Geschichte und auch all diese Typen hat es nie gegeben.
Keine typische Musikerdoku
Ein Miles Davis Film, der also alles verdreht? Don Cheadle verneint. Eine akkurate Doku sollte "Miles ahead" gar nicht werden. Er hatte etwas anderes im Kopf.
"Alle Charaktere in dem Film sind Aspekte von Miles Davis' Persönlichkeit. Den "Junior" gibt es gar nicht. Das war ein Spitzname, den Miles bekam, nachdem er von der Musikhochschule abging. Und dieser Junior ist eine Metapher in dem Film für die Kraft, die am Ende den Code für seine kreative Tür entschlüsselt und sie wieder öffnet. Ich wollte also eher eine Geschichte erzählen, die sich auch wie eine Improvisation anfühlt. Wie ein Stück Free Jazz."
Den Miles Davis Hardcore Fans werden die historischen Ungereimtheiten sicher etwas bitter aufstoßen. "Miles ahead" will aber keine typische Musikerdoku sein, die großartige Kunst aus einer zerrissenen Persönlichkeit heraus erklärt. Don Cheadle inszeniert mit dieser quasi fiktiven Biographie Miles Davis als eine Jazznummer – improvisiert, verschwommen und mit Zeitsprüngen und Bildern aus verzerrten Tagträumen. Die Wahl der Musik bestimmte auch die Geschichte.
Ein Miles Davis mit raspelnder und tonloser Stimme
"Wir mussten eine Menge Musik ungenutzt liegen lassen. Auch, weil wir zu einigen Stücken die Rechte nicht hatten. Es ging bei der Musikauswahl am Ende aber immer darum, der Geschichte zu dienen. Manchmal passte ein Aspekt der Story perfekt zusammen mit einem Song, weil es dieselbe Phase, derselbe Stil war. Die Musik diktierte also immer die Geschichte."
Don Cheadle leistet großartiges in seinem Regie Debüt. Er bietet einen sehr authentischen Miles Davis an: Mit raspelnder und tonloser Stimme, verschlossen und cool. Kaum ein anderer Schauspieler unserer Zeit hätte das so gut hinbekommen wie er. Das lohnt sich, anzuschauen. Aber eine kleine Lücke bleibt. Man bekommt zwar eine Idee davon, was für ein Typ Miles Davis war, dennoch hätte man gern mehr über sein Leben erzählt bekommen, als diese Film-Improvisation liefert.