In Berg-Karabach seien Kampfstellungen, Militärfahrzeuge, Artillerie- und Flugabwehrraketenanlagen sowie andere militärische Ausrüstung - so wörtlich - "neutralisiert" worden. Das Verteidigungsministerium der international nicht anerkannten Republik Berg-Karabach teilte mit, Einheiten der Verteidigungskräfte leisteten mit Abwehrhandlungen den Streitkräften Aserbaidschans erbitterten Widerstand. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben nicht.
Tausende Menschen aus Berg-Karabach evakuiert
Wegen der Angriffe sind inzwischen Tausende Einwohner von Berg-Karabach in Sicherheit gebracht worden. Insgesamt wurden nach armenischen Angaben 16 Ortschaften mit 7.000 Zivilisten evakuiert. Demnach wurden bei dem gestern begonnenen Militäreinsatz mindestens 27 Menschen getötet. Ziel der Operation ist nach den Worten eines aserbaidschanischen Präsidenten-Beraters, die Autonomie der Region zu beenden und die vollständige Kontrolle über das Gebiet zu erreichen, das auf aserbaidschanischem Gebiet liegt, aber mehrheitlich von Armeniern bewohnt wird.
Grünen-Außenpolitikerin Spellerberg: Führung in Baku hat kein Interesse an diplomatischer Lösung
Nach Einschätzung der Grünen-Außenpolitikerin Spellerberg zielt der Militäreinsatz Aserbaidschans darauf ab, eine diplomatische Lösung des Konflikts zu verhindern. Präsident Aliyev nutze seit Monaten das Leid der Menschen in Berg-Karabach für seine geopolitischen Zwecke, sagte Spellerberg im Deutschlandfunk. Die militärische Eskalation sei ein weiterer Schritt auf diesem Pfad. Spellerberg, die vor Kurzem die Region besucht hat, sieht die internationale Gemeinschaft in der Pflicht, Druck auf die Führung in Baku auszuüben, damit Verhandlungen fortgesetzt werden. Es sei ein gutes Zeichen, dass der EU-Außenbeauftragte Borrell beide Seiten zum Dialog aufgerufen habe. Armeniern bewohnt wird.
Dringlichkeitssitzung im UNO-Sicherheitsrat
Frankreich, traditionell mit Armenien eng verbunden, berief eine Dringlichkeitssitzung des UNO-Sicherheitsrates ein. Es handele sich bei der Militäraktion um eine illegale, nicht zu rechtfertigende Offensive in Berg-Karabach, hieß es zur Begründung. UNO-Generalsekretär Guterres verlangte eine sofortige Einstellung der Kampfhandlungen sowie den Zugang humanitärer Helfer. Die Lage der Zivilbevölkerung bezeichnete Guterres als "besorgniserregend". Auch die Europäische Union forderte den Stopp der Kampfhandlungen und erklärte sich ebenso wie die USA zur Vermittlung in dem Konflikt bereit.
Erdogan: Berg-Karabach Teil Aserbaidschans
Der türkische Präsident Erdogan begrüßte den Militäreinsatz dagegen. Er erklärte in der Generaldebatte der UNO-Vollversammlung in New York, Berg-Karabach sei Teil Aserbaidschans. Die Türkei unterstütze die Wiederherstellung der territorialen Einheit. Er hoffe auf ein schnelles Ende der Entwicklungen in der Region. Die Türkei gilt als Schutzmacht Aserbaidschans.
Jahrzehntealter Konflikt
Die beiden ehemals sowjetischen Länder kämpfen seit Jahrzehnten um Berg-Karabach. Russland war lange Zeit als Ordnungsmacht in der Region unangefochten. Vor allem Armenien verließ sich auf russischen Beistand, sah sich aber zunehmend von dem ehemaligen Verbündeten im Stich gelassen, dessen militärische Kräfte zum Teil in der Ukraine gebunden sind. Die Waffenruhe nach dem letzten Krieg im Jahr 2020, in dem das durch Gas- und Öleinnahmen hochgerüstete Aserbaidschan bereits große Teile Karabachs erobert hatte, wurde immer wieder gebrochen.
Diese Nachricht wurde am 20.09.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.