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Milliarden für Forschung und Lehre
Hessens Hochschulen fordern mehr Geld

Mehr Geld für die Studierenden-Betreuung, für Neubauten und Digitalisierung: Hessens Hochschul-Präsidenten haben eine milliardenschwere Forderung an die Landesregierung gestellt. Und es gibt gute Chancen, dass zumindest ein Teil davon nach der Landtagswahl am 27. Oktober auch erfüllt wird.

Von Ludger Fittkau | 13.08.2018
    Ein Koffer voller Euro-Banknoten
    Ein Koffer voller Euro-Banknoten (picture alliance/Ulrich Baumgarten)
    Tanja Brühl ist Professorin für Politikwissenschaft an der Goethe-Uni Frankfurt am Main. Sie war sechs Jahre lang Vizepräsidentin der Uni und ist von der hessischen SPD als Wissenschaftsministerin im Schattenkabinett zur Landtagswahl vorgesehen. Tanja Brühl unterstützt die Milliarden-Forderungen der hessischen Hochschulen:
    "Bei den Mitteln, die pro Studienplatz ausgegeben werden, ist Hessen im unteren Drittel. Da gibt Hessen im Schnitt 7.200 Euro aus, im Bundesschnitt sind es 8.400. Und die Betreuungsrelation, die wir in Hessen sehen an den Hochschulen, insbesondere an den Universitäten, da ist Hessen auf dem vorletzten Platz."
    "Jetzt sind die Hochschulen dran"
    Nur Nordrhein-Westfalen steht beim Betreuungsverhältnis zwischen Professoren und Studierenden bundesweit noch schlechter da als das vergleichsweise wohlhabende Hessen. Deshalb fordern die Hochschulen nun jährlich fünf Prozent mehr Grundfinanzierung durch das Land sowie auch mehr als eine Milliarde Euro zusätzlich für Hochschulbau und Digitalisierung.
    CDU-Wissenschaftsminister in Hessen ist Boris Rhein. Auch er unterstützt diese Forderungen:
    "Ich will sehr deutlich sagen: Jetzt sind die Hochschulen dran! Die Hochschulen sind in der Tat der Nukleus unseres Wissenschaftssystems, und in den vergangenen Jahren hat sich natürlich eines ereignet, auch durch verschiedene Pakte mit dem Bund, dass die außeruniversitäre Forschung weitaus mehr Steigerung und weitaus mehr Geld zur Verfügung hatte, als die Hochschulen haben.
    Und aus diesem Grund kann man mit Fug und Recht sagen, jetzt müssen wir uns - gerade als Länder - auf unsere Forschungseinrichtungen, und das sind eben die Hochschulen - konzentrieren."
    Mehr Stellen für Studierenden-Betreuung gefordert
    Daniel May, wissenschaftspolitischer Sprecher der in Hessen mitregierenden Grünen weist darauf hin, dass bereits jetzt einiges getan werde, um die Betreuungsrelation von Professoren und Studierenden an den Hochschulen im Land zu verbessern:
    "Und wir haben im Wahlprogramm auch verankert, dass wir an der Betreuungsrelation weiter arbeiten wollen, dass wir da auch neue Stellen schaffen werden. Klar ist, wir brauchen auch Dauerstellen, um die Betreuungsrelation zu schaffen, und da sehen wir durchaus Aufgaben."
    Kritik an Exzellenzprogramm "Loewe"
    Um neue Dauerstellen zu schaffen, fordert die hessische Linkspartei, die im Wissenschaftssystem vorhandenen Mittel umzuverteilen, insbesondere von der außeruniversitären Forschung in Richtung Grundfinanzierung der Hochschulen. Janine Wissler, Fraktionsvorsitzende der Linken im hessischen Landtag kritisiert auch das parallel zur Exzellenzinitiative des Bundes eigens für Hessen geschaffene Landesprogramm für Spitzenforschung namens "Loewe":
    "Es ist ja nicht so, dass da gar kein Geld ausgegeben würde. Für Exzellenzprogramme wie beispielsweise das hessische 'Loewe', da sind in letzten Jahren Hunderte von Millionen auch an Landesmitteln reingeflossen, aber diese Mittel werden eben nicht in Form der Grundfinanzierung verteilt, sondern diese Mittel werden wettbewerblich vergeben."
    Das wollen die Linken ändern. Hans Jürgen Prömel, Präsident der Technischen Universität Darmstadt will jedoch nicht ganz auf das hessische Exzellenzprogramm "Loewe" verzichten:
    "Es muss beides da sein. Die grundständige Forschung muss ausreichend finanziert sein, Forschung und Lehre. Es sollte aber auch immer eine wettbewerbliche Komponente da sein. Projekte wie 'Loewe' halte ich für sehr sinnvoll für das Land Hessen."
    "Dass es Bedarf gibt, das sehen wir alle"
    Zustimmung zu einer besseren Hochschulfinanzierung in Hessen kommt auch von FDP und AfD. Wiebke Knell ist wissenschaftspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion im Landtag und Frank Grobe der fachpolitische Sprecher der AfD, die noch nicht im hessischen Landtag vertreten ist:
    "Aber dass es Bedarf gibt, das sehen wir alle. Gerade diese Betreuungsrelation ist erschreckend und da sollten wir als wirtschaftlich starkes Land und auch als Forschungsland ein bisschen weiter vorne stehen als auf dem vorletzten Platz."
    "Hinzu kommt natürlich, dass viele Hochschulen, ob sie jetzt Universitäten oder Fachhochschulen sind, schon teilweise sehr marode sind. Aus dem Grunde kann ich das nur unterstützen, das Geld dort investiert wird."
    Die Verhandlungen über die Forderungen der hessischen Hochschulen werden gleich nach der Regierungsbildung im Herbst beginnen und sollen bis zum Sommer 2019 abgeschlossen werden. Stand jetzt finden die Forderungen breite Unterstützung quer durch alle Parteien, die wohl im nächsten Landtag vertreten sein werden.