Dienstag, 21. Mai 2024

Magdeburg
Milliardenschwere Subventionen für neues Intel-Werk - Kritik von Ökonomen

Der Intel-Konzern hat einen Vertrag für den Bau einer Chipfabrik in Magdeburg geschlossen. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge soll das Vorhaben mit knapp zehn Milliarden Euro gefördert werden. Die Regierung betont die Chancen, doch Ökonomen sehen die hohe Fördersumme kritisch.

19.06.2023
    Logo des Chipherstellers Intel
    Intel wird in Magdeburg eine Chips-Fabrik eröffnen. (Archivbild) (Ralf Hirschberger/dpa)
    Die Unterzeichnung des Vertrags fand im Beisein von Bundeskanzler Scholz und Intel-Chef Gelsinger in Berlin statt. Eigentlich sollte mit dem Bau schon vor Monaten begonnen werden. Wegen der laufenden Verhandlungen über Subventionen war der Start allerdings verschoben worden. Intel hatte die höheren Forderungen an den deutschen Staat mit dem eigenen größeren Investitionsvolumen begründet. Ursprünglich waren 6,8 Milliarden Euro in Aussicht gestellt worden.
    2022 hatte Intel die Investitionssumme für Magdeburg noch mit rund 17 Milliarden Euro angegeben. Inzwischen aber seien Bau- und Energiekosten gestiegen. Außerdem sagte das Unternehmen nun zu, eine noch modernere Chip-Technologie zu nutzen, die für die neuesten Smartphones und Computer verwendet wird. Nun rechnet das Unternehmen mit Gesamtkosten von 30 Milliarden Euro. Dafür will Intel in zwei Halbleiterwerken etwa 3.000 Arbeitsplätze schaffen.

    Subvention aus dem Klima- und Transformationsfonds

    Vor allem Wirtschaftsminister Habeck hatte sich für höhere Subventionen eingesetzt, um die Ansiedlung in Sachsen-Anhalt zu ermöglichen. Finanzminister Lindner hatte dagegen mehrfach betont, im Bundeshaushalt sei kein Geld mehr vorhanden. Nun sollen die zusätzlichen Mittel nicht aus dem regulären Etat, sondern aus einem Sondertopf kommen, wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet. Dabei handele es sich nach ersten Informationen um den Klima- und Transformationsfonds, aus dem die Bundesregierung Projekte für mehr Klimaschutz und die Transformation der Wirtschaft bezahlt. Aus dem gleichen Topf sollen allerdings auch Fördermittel für den gerade beschlossenen Heizungstausch und diverse andere Projekte gestemmt werden. Die Aufstockung der staatlichen Hilfen muss noch von der EU-Kommission überprüft werden. Die Bundesregierung zeigt sich optimistisch, dass Brüssel die Zustimmung erteilt.

    Ostbeauftragter Schneider sieht ein Aufbruchssignal

    Bundeskanzler Scholz sprach bei der Vertragsunterzeichnung von der höchsten Direktinvestition eines ausländischen Unternehmens in der Geschichte der Bundesrepublik. Wirtschaftsminister Habeck sagte, das zeige, dass der Standort Deutschland hochattraktiv sei. "Wir haben jetzt die Chance, ein neues florierendes und hochmodernes Chip-Ökosystem zu schaffen." Dieses Projekt sei ein Baustein für die geplante Verbesserung der Widerstandsfähigkeit der europäischen Halbleiter-Industrie. Der Ostbeauftragte Schneider sieht die Vereinbarung als "Aufbruchssignal". Die Stärken des Wirtschaftsstandorts Ostdeutschland trügen dazu bei, die technologische Souveränität Europas in der Mikroelektronik zu erhöhen, sagte der SPD-Politiker in Berlin. Dabei entstünden zukunftsfähige und gut bezahlte Arbeitsplätze.

    Ökonomen kritisieren Höhe der Subventionen

    Ökonomen stellen dagegen die hohe Subvention infrage. "Das Geld wäre definitiv besser angelegt in Bildung als für solche Prestigeprojekte", kritisierte der Vizepräsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Kooths. Bildungsrenditen seien ungleich höher als die jeder Sachkapitalinvestition. Außerdem sei das Arbeitsplatzargument "Augenwischerei". Intel ziehe zwar gut qualifizierte Beschäftigte an, die würden aber auch woanders unterkommen.
    Der Chef des Münchener Ifo-Instituts, Fuest, nannte die Subvention gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters "fragwürdig". Es sei unklar, ob in Magdeburg auch diejenigen Chips produziert würden, für die es in Europa einen Bedarf gebe. Außerdem erhielten energieintensive Chip-Fabriken durch den Industriestrompreis doppelte Staatshilfen.
    Diese Nachricht wurde am 19.06.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.