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Millionen für die Kölner Kultur

Die Stadt Köln hat den Kulturetat für das laufende Jahr um neun Millionen Euro erhöht. Andreas Rossmann von der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" sprach von einer "mittelfristigen Verbesserung, wie man sie Köln nach den ganzen Pleiten in den letzten Jahren nicht so ohne Weiteres zugetraut hätte".

Moderation: Karin Fischer |
    Karin Fischer: Die Kölner feiern sich selbst. Das geht in dieser Stadt selbst noch nach Aschermittwoch, und diesmal sogar mit kulturpolitisch gutem Grund: Der Kulturetat der Stadt ist 2007 um rund neun Millionen Euro erhöht worden. Das habe es seit 1979 nicht gegeben, heißt es von Seiten der Politik. Von der Trendwende ist die Rede, und in der Tat machte Köln kulturpolitisch jahrelang Negativ-Schlagzeilen, von der Abwicklung der Tanzsparte bis hin zum berühmt-berüchtigten Loch, der Baustelle für die künftige Kölner Kunsthalle und vom Abstieg des Schauspiels in die Provinzklasse bis hin zum Hochhaus-Streit auf der anderen Rheinseite, der das Weltkulturerbe Kölner Dom bedroht.

    Die Frage geht an den Kollegen Andreas Rossmann von der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", der die Aufs und Abs in Köln seit langem beobachtet: Ist das ein gutes Signal oder wird hier eher Normalität hergestellt, wie es Köln als der viertgrößten Stadt der Republik entspricht?

    Andreas Rossmann: Ich denke, es ist ein erster Schritt, ein erster von mehreren Schritten, die ja auch schon ins Auge gefasst sind. Es ist zwar nicht der ganz große Sprung, den der Kulturdezernent vorhatte, der wollte innerhalb von sechs Jahren den Kulturetat, im Moment knapp 100 Millionen Euro, verdoppeln. Aber es ist doch eine mittelfristige Verbesserung, wie man sie Köln nach den ganzen Pleiten in den letzten Jahren nicht so ohne Weiteres zugetraut hätte.

    Fischer: Womit hat dieses Um- und Gegensteuern denn zu tun, nur mit dem Kulturdezernenten Georg Quander, oder könnte zum Beispiel auch die Nähe zu Essen, das ja zur Kulturhauptstadt 2010 erkoren wurde, so einen gewissen Ansporn geliefert haben, oder der immer schmerzende Vergleich mit Düsseldorf, der Kunstmetropole?

    Rossmann: Ich denke, beides, wobei ich Quander durchaus das Hauptverdienst da zuschreiben möchte. Die Kölner sind ja auch ein bisschen autistisch. Dass Essen Kulturhauptstadt Europas 2010 wird, hat sie zwar geschmerzt, aber nicht lange. Sie gucken eigentlich nur auf die eigene Stadt. Und Quander hat es verstanden, ihnen eigentlich doch sehr plakativ vorzuhalten, an welcher Stelle sie stehen, nämlich genau an 27., wenn man einer Statistik des Deutschen Städtetages glauben darf, an 27. Stelle bei den laufenden Ausgaben für Kultur pro Einwohner, das heißt weit hinter Frankfurt und Leipzig, die da an der Spitze stehen, und weit auch hinter Düsseldorf, das schmerzt natürlich am meisten, das als Landeshauptstadt natürlich auch noch sehr viel höhere Landesmittel bekommt. In Düsseldorf beträgt die Ausgabe pro Bewohner 129 Euro plus 33 vom Land, in Köln nur 101,20 Euro.

    Fischer: Lassen Sie uns darüber reden, wofür dieses Geld ausgegeben werden soll. Köln will vorangehen mit einem Feuerwehrfonds für kurzfristige Notlagen oder Projekte. Ansonsten, liest man, soll mit diesen Millionen vor allem die freie Szene gesponsert werden. Ist das angemessen, gibt es Defizite, und als Letztes vielleicht noch, wo liegen die Baustellen für die Zukunft?

    Rossmann: Ja, die frei Szene profitiert erst mal am meisten von der ersten Zulage, von diesen neun Millionen Euro. Der Etat der freien Szene, wo es zum Beispiel 50 freie Gruppen gibt, wird von 3,7 auf 6,7 Millionen Euro angehoben, also fast verdoppelt. Aber auch die Museen profitieren von diesem neuen Geld. Sechs der acht Kölner Museen, so muss man sagen, die bisher gar keinen Ausstellungsetat hatten, werden künftig einen Ausstellungsetat von 170.000 Euro haben, Und der Anschaffungsetat aller acht Museen zusammen wird von 300.000 Euro auf 1 Million angehoben. Das ist noch mehr Geld, als es im Moment scheint, denn für viele Anschaffungen bekommen Sie nur Drittmittel von Stiftungen zum Beispiel, wenn Sie als Stadt selber auch einen Beitrag leisten.

    Fischer: Nochmals zur Frage der Angemessenheit, Herr Rossmann: Was kann dieses Geld leisten?

    Rossmann:! Also ich denke, es ist eine erste Schippe, es ist ein erster Trittstein auf einem längeren Weg. Das Geld kann die größeren Projekte, die Köln auch im Auge hat, es gibt keinen Kammermusiksaal, es gibt keine Kunsthalle mehr, es gibt den Plan eines Tanzhauses, beide Nachbarstädte, Düsseldorf und Essen, haben Tanzhäuser und sind da Köln weit voraus. Es gibt eine schwierige Situation, sage ich mal gelinde, für den Film, weil es ein Filmhaus gibt, das im Grunde in seiner Arbeit weitgehend blockiert ist und in der Stadt eigentlich kein Forum besteht für einen unabhängigen Film, der ohne sofortigen kommerziellen Erfolg gezeigt werden kann. Es gibt also sehr viele mittelfristige Projekte, die die Stadt kulturell auch angehen muss, und das wird sie nur können, wenn sie diesen ersten Schritt mit weiteren Schritten in der gleichen Richtung fortsetzt. Und dann wird man auch so langsam wieder aus der Kölner Talsohle hinauskommen.