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Zu der Arbeit der privaten Dopingforscher gehört eine unlängst veröffentlichte Eigenblut-Studie, die zeigt, wie dünn der Wissensstand ist, anhand dem die Welt Anti Doping Agentur WADA umstrittene Methoden sanktioniert. Und wie schnell die Propagandisten umstrittener Verfahren zurückschießen, wenn ihnen jemand in die Quere kommt.

Von Jürgen Kalwa | 28.07.2013
    Auf ihrer Webseite klingt die Welt Anti Doping Agentur gerne klar und verbindlich. Man möchte fast sagen: apodiktisch. Da steht zum Beispiel über ein umstrittenes Verfahren namens PRP – oder "Platelet-Rich Plasma" – folgendes: "Aktuelle Studien" hätten demonstriert, dass diese populäre Methode, bei der Blut entnommen, in einer Zentrifuge behandelt und wieder eingespritzt wird, "kein Potenzial für Leistungssteigerung" besäße. Das Siegel der Unbedenklichkeit macht Sportärzte froh. PRP wird inzwischen, so berichtete der Nachrichtensender N24 im April, "bei den meisten Bundesliga-Klubs angewendet". Einsatzgebiet: die im Fußball häufig auftretenden Sehnen-, Kapsel- und Muskelverletzungen. Tatsächlich bringen Platelet-Rich-Plasma-Behandlungen mehr. Einen besonderen Effekt.

    "It looked really similar to what it would look like as if they had actually been doping"," sagt Amy Wasterlain. Ihre Studie ist tatsächlich die einzige relevante zum Thema, sagt sie. Veroffenlicht im Januar im "American Journal of Sports Medicine". Sie hat herausgefunden, dass PRP körpereigene Wachstumsfaktoren stimuliert, die auf der Verbotsliste stehen. Zeit also für die WADA, sich damit zu beschäftigen?

    ""Ich fände es klug, wenn sie das tun. Patienten hatten erheblich höhere IGF-1-Werte und die von einem bindenden Protein. Wenn man Wachstumshormon nimmt, sind die ebenfalls erhöht."

    Doch statt der WADA meldete sich ein Team von Medizinern aus Spanien, angeführt von Dr. Sabino Padilla, der einst den Radprofi Miguel Indurain betreut hatte. Der mäkelte in einem Brief an das Fachblatt an den Schlussfolgerungen herum. Amy Wasterlain ist zwar noch jung, Jahrgang 1986, aber auch selbstbewusst. Sie hat vor kurzem in Stanford in Kalifornien nach der Molekularbiologie bereits ihr zweites Studium abgeschlossen. Das der orthopädischen Chirugie. Und so wies sie in einer fußnotenreichen Antwort die Unterstellungen zurück.

    Sehr viel interessanter ist, wie diese Studie zustande kam. Wasterlain hatte sich an eine Institution gewandt, die man in Spanien, der Heimat zahlloser Dopingdoktoren, dringend brauchen würde. Die es aber nur in den USA gibt. Sie heißt Partnership for Clean Competition, sitzt in Colorado Springs und wurde 2008 vom Nationalen Olympischen Komitee der USA, der Profi-Baseballliga, der National Football League und der Anti-Dopingagentur USADA gegründet. Die Idee: Abseits vom etablierten labormedizinischen Kontrollsystem die Forschung im Kampf für einen sauberen Sport zu fördern. Dort bekam Amy Wasterlain, was sie brauchte:

    "Sie haben uns 25.000 Dollar gegeben. Das war ein hoffnungsvoller Anfang. Dazu kam Geld vom National Intitute of Health."

    Die Partnership hat ein nennenswertes Jahresbudget, um die vielversprechenden Forschungsansätze zu unterstützen. Charlene Boudreau, die Geschäftsführerin:

    "Im Schnitt fördern wir Projekte mit 200.000 Dollar. Das heißt also, dass wir mit den zwei Millionen, die uns zur Verfügung stehen, theoretisch zehn Projekte im Jahr finanzieren können. Das ist unwahrscheinlich, aber möglich."

    Die Partnerschaft leistet sinnvolle Hilfe. Nicht nur in den USA, wo wissenschaftliche Forschung traditionell weitestgehend ohne Steuergelder auskommen muss. Sondern weltweit.

    "Wir sind eine sehr junge Organisation und erst seit vier Jahren aktiv. Wir arbeiten noch immer daran, uns und unsere Rolle bekannter zu machen. Auch international."

    Charlene Boudreau kam vor einem Jahr an Bord. Sie ist keine Wissenschaftlerin, sondern Expertin im Bereich Sportmanagement. Sie arbeitete jahrelang im Schwimmverband und im Eiskunstlaufverband der USA. Das ist kein Minus. Die Partnership for Clean Competion führt selbst keine Studien durch und mischt sich nicht in die Fortschreibung der Dopingregeln ein. Sie sieht ihre Aufgabe ausschließlich darin, Akademikern und Forschungseinrichtungen behilflich zu sein. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Arbeit in den Laboren. Doch Boudreau deutet an, dass im Kampf gegen Doping auch die Arbeit aus anderen Disziplinen vonnutzen sein kann. Angesichts der bandenartigen Beschaffungs- und Vertuschungsnetzwerke, die den modernen Leistungsbetrug ermöglichen, fänden auch Sozialwissenschaftler ein offenes Ohr.

    "Auch in diesem Bereich würden wir uns etwaige Forschungsanträge genau anschauen."