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Mindestlohn
Ausnahmen für Langzeitarbeitslose und Jugendliche unter 18

Der Mindestlohn war die Hauptforderung der SPD in den Koalitionsverhandlungen mit der Union. Nun steht der Gesetzesentwurf, der einige Ausnahmen beinhaltet.

19.03.2014
    Eine Frau wischt in einem Gebäudeflur den Fußboden.
    Der Mindestlohn kommt - mit Ausnahmen. (dpa / picture-alliance / Jens Büttner)
    Millionen Bürger sollen dank der 8,50 Euro Mindestlohn mehr Geld in der Tasche haben. Jugendliche unter 18, Ehrenamtliche und Langzeitarbeitslose sollen jedoch von dem Mindestlohn ausgenommen werden. Das teilte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) am Mittwoch in Berlin mit, nachdem sie den Entwurf zur Abstimmung mit den anderen Ministerien freigegeben hatte. Das Arbeitsministerium hat den Text noch nicht veröffentlicht.
    Die SPD wollte zunächst praktisch keine Ausnahmen bei ihrem Lieblingsprojekt Mindestlohn zulassen. "Wir bauen für Langzeitarbeitslose eine Brücke", sagte Nahles nun zu den Ausnahmen. Nach Angaben von SPD-Parteichef und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel profitieren vier Millionen Beschäftigte von der Regelung. Gabriel sagte: "Dass der Mindestlohn bald im Gesetzblatt steht, ist ein gemeinsamer Erfolg der SPD, der Gewerkschaften und auch der Union." Der Wirtschaftsminister begrüßte, dass es keine Branchenausnahmen gebe.
    Arbeitsministerin Andrea Nahles
    Arbeitsministerin Andrea Nahles (dpa / picture-alliance / Bernd Von Jutrczenka)
    Lob und Kritik
    Wirtschaftsvertreter sehen durch den Mindestlohn viele Jobs in Gefahr. Teile der Union sowie die Arbeitgeber fordern ein höheres Startalter als 18 Jahre. Aus den Reihen der Unions-Fraktion kam aber auch Lob. Der Vorsitzende der Arbeitnehmergruppe, Peter Weiß (CDU), sagte, es sei fair, dass Rentner, Minijobber und Studierende genauso wie alle anderen bezahlt werden, die die gleiche Arbeit leisten. Für diese Gruppen waren zunächst auch Ausnahmen im Gespräch gewesen. "So stellen wir zugleich auch sicher, dass Beschäftigte und Betriebe künftig in allen Bereichen darauf zählen können, dass sie nicht mehr verzerrenden Effekten auf Löhne und Wettbewerb ausgeliefert sind", sagte Weiß.
    Der Präsident des Sozialverbands Deutschland (SoVD), Adolf Bauer, wertete das geplante Paket als großen Erfolg. "Es ist seit Jahren überfällig." Zugleich kritisierte er die angekündigten Ausnahmen für Langzeitarbeitslose und junge Menschen unter 18. "Auch für sie muss der Grundsatz eines gerechten Lohns für gute Arbeit gelten."
    Katja Kipping, Bundesvorsitzende der Linkspartei, gehen die Ausnahmen zu weit:
    Nahles Gesetz ist halbgar. Der #Mindestlohn muss immer gelten. Wer Langzeiterwerbsl und Jugendl ausnimmt, ermöglicht weiter Dumpinglöhne.— Katja Kipping (@katjakipping) March 19, 2014
    Kritik anderer Art kommt vom Wirtschaftsinstitut ifo. Beschäftigte, die ergänzendes Arbeitslosengeld II beziehen, hätten laut des Instituts kaum etwas von der Lohnerhöhung, seien aber einem viel höheren Arbeitsplatzrisiko ausgesetzt. Steige der Stundenlohn eines alleinstehenden Aufstockers von fünf Euro auf 8,50 Euro, erhöhe sich sein Netto-Einkommen wegen der Verrechnung mit dem ALG II nur um 60 Euro oder 6,1 Prozent. Für den Arbeitgeber aber erhöhten sich die Arbeitskosten um 70 Prozent.
    Abstimmung am 2. April
    Am 2. April soll das Kabinett das Mindestlohngesetz beschließen, bevor sich Bundestag und Bundesrat damit befassen. Er soll ab 2015 gelten, mit der Einschränkung, dass tarifvertragliche Regelungen die Marke von 8,50 Euro bis Ende 2016 unterschreiten können. Ab Anfang 2017 sollen dann flächendeckend 8,50 Euro pro Stunde gelten. Zuvor hatten sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU), CSU-Chef Horst Seehofer und SPD-Chef Sigmar Gabriel zu dritt über letzte Details geeinigt. Da die Regelung auf Arbeitnehmer beschränkt ist, gibt es für Praktikanten keinen Mindestlohn.