
Hattingen an der Ruhr, kurz vor dem 4. Advent. In den Gassen des mittelalterlichen Städtchens drängen sich die Buden mit typischem Weihnachtsmarktangebot: Kunstgewerbe und Bratwurst, Christbaumschmuck und Gestricktes. Am Rande sammelt eine Bläserkapelle Spenden für ein Kinder- und Jugendprojekt.
Beschauliche Stimmung wohin man schaut, auch am Stand von Hans-Joachim Wittig, der Geschenkartikel vertreibt. Miniaturhäuser aus Keramik bietet er an, Nachbildungen tatsächlich existierender Gebäude, aber auch Fantasiehäuser, kein Kinderspielzeug, eher schon Sammelobjekte.
"Das steht bei mir auf der Fensterbank, da dekoriere ich Häuser und diese Figürchen, da kommt eine Lichterkette rein, und da kommt das drauf. Das kommt zu den anderen hundert", von denen einige aus dem Sortiment des Marktkaufmanns Hans-Joachim Wittig stammen könnten.
Vor ein paar Jahren bat ihn ein Kunde, doch mal mittelalterliche Häuser im Miniaturformat nachbauen zu lassen. Eine gute Idee, fand Wittig, und suchte im Internet mögliche Produzenten. Er fand sie in Litauen:
Adventszeit beschert höchste Umsätze
"Die Keramikhäuser, die wir aus Litauen beziehen, die werden handgefertigt, die werden also in Handarbeit gefertigt in einzelnen Modellen, da haben wir ein großes Angebot an Fachwerkhäusern, ein großes Angebot an Harry-Potter-Häusern zum Beispiel, oder auch Burgen und Türme, zum Teil haben wir typische Hattinger Häuser, gerade hier für den Hattinger Weihnachtsmarkt, wo wir mittlerweile neun Modelle haben, wo jedes Jahr ein neues Modell kommt."
Modellhäuser sind Verkaufsschlager auf Wittigs Weihnachtsmarktständen in Hattingen und Essen. Den meisten Umsatz macht er während der Adventszeit – immerhin etwa 50.000 Euro, was im Vergleich zur Glühweinbude nebenan allerdings wenig ist. Während des übrigen Jahres geht der Verkauf mit gebremstem Schaum im Internet weiter, ein festes Ladenlokal gibt es nicht.
Vor dem Hintergrund vergleichsweise preiswerter Standmieten ist das aber günstig. In Essen zahlt er für eine Acht-Quadratmeter-Hütte 3.500 Euro, im kleineren Hattingen sind es 2.500 Euro. Der Preis richtet sich nach der Größe des Standes, Glühweinbuden bringen es durchaus schon mal auf 40 Quadratmeter; und er richtet sich nach der Lage. Plätze mit viel Publikumsverkehr sind teurer als Randlagen: Je mehr Publikum, desto höher die Umsätze:
"Wir haben ein großes Angebot an Zubehör für die Keramikhäuser, viele Brücken, Laternen und, und, und, was das Herz begehrt."
Zum Beispiel begehrt es gerade in der Weihnachtszeit angenehme Düfte:
"Das ist einmal ein Holzschiffchen, was man so hinstellen kann, das hat hier oben ein kleines Loch drin, wo man die Räucherstäbchen reinsetzen kann, die man dann anzündet, damit man die Asche nicht irgendwo liegen hat, fällt das dann hier drauf direkt."
Sonja Poddig, Mitarbeiterin von "Geschenkartikel Wittig": "Es gibt auch viele, die sagen, ich möchte mehr so Zimtsachen haben, was auch zu Weihnachten gehört, das sind im Moment die Renner, muss ich sagen."
Die Lage des Stands konnte sich Hans-Joachim Wittig nicht aussuchen. Man müsse sich im Sommer bewerben, dann bekomme man einen Platz und die Hütte zugewiesen. Damit die Märkte optisch einheitlich wirken, dürfe auch nicht jeder seine eigene Bude mitbringen, so Wittig. Ausnahmen sind große, aufwendig gestaltete Stände, was aber für die Mehrheit der Händler nicht in Frage kommt.
Angefangen hatte Hans-Joachim Wittig vor 20 Jahren mit einem Flohmarktstand. Mittlerweile hat sich daraus ein florierendes Kleinunternehmen entwickelt, das vom allgemeinen Boom der Weihnachtsmärkte profitiert. Viele Gewerbetreibende erwirtschaften in der Adventszeit mehr als die Hälfte des Jahresumsatzes, weshalb einige Kommunen die Märkte schon im November öffnen und erst im Januar wieder schließen. Spätestens im Sommer beginnt die Planung für den nächsten Weihnachtsmarkt:
Auf Weihnachtsmärkten dominieren Familienunternehmen
"Und bis die ganzen Sachen dann kommen, Zug um Zug, muss das alles ausgezeichnet werden, die Öle füllen wir zum Beispiel selber ab, ich hole die von einem großen Hersteller direkt aus der Produktion, wir holen die in Literflaschen, die müssen abgefüllt werden, müssen etikettiert werden, die Preise müssen ausgezeichnet werden."
Wo genau der Stand steht, auch darauf haben Händler keinen Einfluss. Manche würden Glühweinbuden in der Nachbarschaft bevorzugen in der Hoffnung auf mehr Publikum, andere hätten Angst, im Alkohol-Trubel unterzugehen. Wirklich Preiswertes, Schnäppchen gar – das sollte jedem Kunden klar sein – wird man auf Weihnachtsmärkten übrigens nicht finden.
"Die Keramikhäuser fangen ungefähr bei 10 Euro an oder 15 Euro, das geht dann hoch Maximum bei 60 Euro, das sind dann schon die großen Burgen, also man hat da schon ein ziemlich breites Angebot, das heißt also für ein kleines Portemonnaie oder auch für welche, die etwas mehr ausgeben möchten."
Acht Mitarbeiter hat Hans-Joachim Wittig, Ehefrau und Sohn inklusive. Auf Weihnachtsmärkten dominieren Familienunternehmen, die sich kennen und gegenseitig helfen. Warnungen vor Taschendieben und Trickbetrügern machen blitzschnell die Runde, gleiches gilt, wenn Falschgeld im Umlauf ist. Die festliche Stimmung darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auf Weihnachtsmärkten vor allem um eines geht: um Geld.