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Ministerin gesucht

Sachsens Wissenschaftsministerin Barbara Ludwig räumt ihren Stuhl im Ministerium und wird künftig die Stadt Chemnitz regieren. Erst im zweiten Anlauf ist es der 44-Jährigen gelungen, sich gegen ihre vier Mitbewerber klar durchzusetzen. Damit wird ein zentraler Posten im Kabinett frei, den die SPD besetzen darf. Es ist einer von zwei Ministersesseln, den sie als Juniorpartner in dieser großen Koalition inne hat. Zwei Nachfolger-Namen sind im Gespräch: Simone Raatz oder Eva-Maria Stange.

Von Alexandra Gerlach |
    Sachsens Wissenschaftsministerin Barbara Ludwig räumt ihren Stuhl im Ministerium und wird künftig die Stadt Chemnitz regieren. Erst im zweiten Anlauf ist es der 44-Jährigen gelungen, sich gegen ihre vier Mitbewerber klar durchzusetzen. Damit wird ein zentraler Posten im Kabinett frei, den die SPD besetzen darf. Es ist einer von zwei Ministersesseln, den sie als Juniorpartner in dieser großen Koalition inne hat. Zwei Nachfolger-Namen sind im Gespräch.

    Simone Raatz oder Eva-Maria Stange. Das sind die beiden Namen, die derzeit am meisten gehandelt werden, wenn es um, die Nachfolge der Wissenschaftsministerin geht. Ein dritter war im Gespräch, aber Petra Köpping, die im Leipziger Land regierende, einzige SPD-Landrätin in Sachsen hat schon abgesagt. Ihre Begründung: eine Expertin für das Hochschulwesen müsse in das Amt.

    Wie wichtig das ist, haben die letzten Monate unter Ministerin Barbara Ludwig gezeigt. Große und vor allem in der Koalition umstrittene Reformen der sächsischen Hochschullandschaft stehen an, doch nichts bewegt sich. Seit Monaten ist vom Fortgang der Gespräche um das neue Hochschulgesetz nichts mehr zu hören. Der für März angekündigte Gesetzentwurf lässt auf sich warten. Es werde daran gearbeitet, sagt der sächsische Ministerpräsident, Georg Milbradt, CDU, und es sei ein gutes Zeichen, wenn davon nicht allzu viel nach draußen dringe. Aus Sicht des gerade für eine Wiederwahl nominierten Rektors der TU Dresden, Hermann Kokenge, stellt sich diese Situation erwartungsgemäß anders dar. Er fürchtet um den Anschluss an den Rest der Hochschulwelt in Deutschland und auch anderswo.

    Es wartet also eine Menge Arbeit auf den oder die Neue an der Spitze dieses Ministeriums. Und eine Frau soll es wohl sein, das gilt als ziemlich sicher. Beide Kandidatinnen können auf eine Menge Fachwissen verweisen.

    Flockig, im dunklen Hosenanzug präsentiert sich die blonde, in Weimar geborene Simone Raatz auf ihrer Homepage im Internet. Die promovierte Chemikerin, die ihr Wahlbüro in der traditionsreichen Silberbergbaustadt Freiberg unterhält, ist Hochschulsprecherin der SPD im sächsischen Landtag und somit firm in allen politischen Fragen zur Hochschulreform. So etwa beim Thema Studiengebühren in einer Debatte Ende September 2005:

    " Ganz klar zu sagen: Mit der SPD wird es in Sachsen auch keine Studiengebühren geben. Die SPD-Landtagsfraktion hält ganz klar an der Gebührenfreiheit für das Erststudium fest. "

    Nicht mit der SPD zu machen sei außerdem die von Ministerpräsident Georg Milbradt gewünschte und immer wieder forcierte unternehmensähnliche Führung der Hochschulen.

    " Wir wenden uns auch gegen die Privatisierung staatlicher Bildungsaufgaben. Für uns sind Hochschulen kein Unternehmen, sondern Bildungseinrichtungen und es gilt für uns die Freiheit von Forschung und Lehre. "

    Raatz gehört der SPD seit 1989 an. Seit 1999 ist sie auch Mitglied des Bundes- und Landesparteirates der SPD. Im sächsischen Landtag kümmert sie sich sowohl um Hochschulbelange, als auch um die Themen Schule und Sport sowie Soziales.

    Die zweite Kandidatin, Eva -Maria Stange wurde zwar 1957 in Mainz geboren, lebte aber ab 1958 mit ihren Eltern in der DDR. Sie wuchs in Dresden auf, und hat nach eigenem Bekunden eine klassische DDR-Biographie. Nach dem Schulabschluss studierte sie an der Pädagogischen Hochschule Dresden, Mathematik und Physik für das Lehrfach. 1979 Eintritt in die Gewerkschaft Unterricht und Erziehung sowie in die SED. Diese hat sie gut neun Jahre später wieder verlassen, aus - wie sie erklärt - Frust darüber, trotz Mitgliedschaft nichts wirklich bewegen zu können, in der Politik.

    Nach der Wende trat sie 1990 in die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft ein, wo sie mehrere Ämter übernahm. 1993 rückte sie als erste Ostdeutsche an die Spitze der mit knapp 300.000 Mitgliedern größten europäischen Bildungs- und Lehrergewerkschaft. In dieser Position galt sie als äußerst kämpferisch und unerschrocken gegenüber der sächsischen Staatsregierung.

    Eva-Maria Stange ist promovierte Physikdidakterin und gilt als vehemente Gegnerin von Studiengebühren, die ihrer Meinung nach die soziale Schieflage in der Gesellschaft noch verschärfen würde.

    Sie vermisst derzeit konkrete Pläne der Bundesländer zur sozialen Abfederung von Studiengebühren und warnt angesichts der demographischen Entwicklung in Deutschland vor einer Fehlsteuerung im Hochschulwesen. Ihrer Meinung nach werden hierzulande viel zu wenig Hochschulabsolventen ausgebildet. Deutschland liege aktuell bei 38 Prozent, im Durchschnitt der OECD sind es 51.

    Das Präsidium der sächsischen SPD hat nun die Qual der Wahl. In einer kurzfristig anberaumten Sondersitzung des Gremiums gestern Abend in Dresden sollte die Personalie beraten werden.