Ein verlockendes, aber kein einfaches Thema, das sich der amerikanische Wissenschaftspublizist Tom Shachtman ausgesucht hat. Auf den ersten Blick nur für eine spezialisierte Minderheit interessant - ohne profunde Physikkenntnisse läßt sich die Lektüre vor allem im hinteren Drittel kaum bewältigen - wandelt Shachtman in den Fußstapfen von Dava Sobel, die mit ihrer "Geschichte des Längengrades" einen Sensationserfolg feierte. Doch das Rezept, eine heute alltäglich erscheinende naturwissenschaftliche Revolution als Wissenschaftsthriller zu erzählen, lässt sich nicht beliebig kopieren. Shachtman scheitert auf ganzer Linie - nicht weil sein Material so uninteressant wäre, sondern weil er es falsch aufbereitet. Er kann sich nicht entscheiden, was er erzählen will: eine Technik- und Sozialgeschichte der Kälte, die ihr Augenmerk auf gesellschaftliche Veränderungen legt; einen Wettlauf zum absoluten Kältepol oder nur eine redliche Wissenschaftsmonographie für Laien.
Während das Buch als inspirierte Sozialgeschichte beginnt, verkommt es schnell zum ermüdenden Science-Klatsch über kleinliche Konkurrenzkämpfe. Schon zu Lebzeiten der Kältepioniere dürfte das kaum jemanden interessiert haben, zumal Shachtman kein Beschreibungskünstler ist, seine Protagonisten bleiben blass und austauschbar. Dabei steht ihm ein illustres Personal zur Verfügung, von Lord Kelvin über James Joule, von Francis Bacon über Michael Faraday, von Carl Linde bis Albert Einstein zog die Kälte fast alle bedeutenden Forscher in ihren Bann. Als Ergebnis kam nicht nur der für den Computerbau der Zukunft bedeutsame "Supraleiter" heraus, sondern auch so abseitige Erfindungen wie die Neonröhre - die Entdeckung der Edelgase vom Neon bis zum Helium nämlich war ein Abfallprodukt auf dem Weg zum absoluten Nullpunkt. Man lernt also vieles aus diesem Buch, wenn man sich bis zum Schluss durchkämpft, nur eines bleibt ein Rätsel: Wie der eigene Kühlschrank funktioniert? Aufmerksame Zeitungsleser konnten es neulich erfahren: Weil die Lampe im Inneren die ganze Zeit brennt. Kein Witz - ein besonders energiesparendes Modell der Firma Siemens nutzt die Abwärme der Dauerglühbirne, um das komplizierte Temperaturgefälle im Inneren des Gerätes zu regulieren. Der Rest ist - was sonst? - Magie.