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"Mir fehlt der Henkel"

Technologie.- Als in dieser Woche Apples iPad in San Francisco vorgestellt wurde, durften nur wenige Journalisten das neue Gerät wirklich inspizieren. Kritikpunkte sind vor allem die quasi nicht vorhandenen Schnittstellen sowie die Tastatur-Funktion.

Wissenschaftsjournalist Maximilian Schönherr im Gespräch mit Manfred Kloiber |
    Manfred Kloiber: Mit solch einer Resonanz hat wahrscheinlich die Firma nicht gerechnet, auch wenn sie vermutlich alles dafür getan hat. Die Produktvorstellung des neuen Tablet-PCs iPad von Apple hat eine Resonanz auf allen Kanälen ausgelöst, die auch die Medienmacher selbst ins Staunen gebracht hat. Doch nun ist der Trubel vorbei. Nachdem Steve Jobs am Mittwoch die Katze aus dem Sack ließ. Wir können also etwas nüchterner auf das iPad blicken. Sie haben sogar eins dabei, Maximilian Schönherr.

    Maximilian Schönherr: Ja, ich hab eins dabei, das ist allerdings aus Papier. Denn antesten durften es nur ganz wenige Kollegen vor Ort in San Francisco. Es gab nur ganz kurz Zeit, unter ganz speziellen Beleuchtungsbedingungen das Gerät tatsächlich anzufassen. Meins ist aus Papier. Das Interessante war, dass die Kollegen, die es vor Ort testen konnten, es gedreht haben, mit den Fingern drauf rumgespielt haben, wie wir das vom iPhone kennen. Und trotz des viel größeren Displays hier, schien das alles recht flüssig zu gehen. Das deutete auf eine gute Abstimmung zwischen Grafik-Hardware und dem appleeigenen A4-Chip mit einem Gigahertz Taktfrequenz hin. Aber zurück zu der Pappe. Mir leuchten irgendwie die Dimensionen von diesem Gerät nicht ein. Das Fernsehen zeigt ja heute auch eher so 16 Mal 9. Und das alte Pal ist vier zu drei, wie dieses Gerät eben auch ist.

    Kloiber: Vielleicht liegt es ja daran, dass Apple mit dem iPad offensiv in den E-Book-Markt eindringen will und E-Books haben ja ähnliche Abmessungen. Es ist so groß wie ein Buch.

    Schönherr Genau. Das wäre allerdings wieder apple-untypisch, sich am Design anderer Hersteller zu orientieren. Ich kann es nur so verstehen, dass es eben diese Bucheigenschaft hat. Vier zu drei ist näher an der Buchseite als ein breites Tablett. Und noch was zu den Äußerlichkeiten: Steven Jobs hat vor drei Jahren mit dem iPhone wirklich etwas haptisch-lustvolles eingeführt. Er hat nämlich gesagt: Auf dem Ding könnt ihr mit dem Finger herumwedeln und dann tut sich was am Bildschirm, das macht alles Sinn. Und er hat jetzt nicht einmal mehr darauf gesetzt, dass er auf diesen Bildschirm hier meinetwegen mit der Hand zweimal draufgetippt hat, um irgendetwas an neuem Interface zu zeigen. Sondern er hat quasi das iPhone hochportiert und da wirken dann manche Icons zum Beispiel auf diesem relativ großen Display absolut verloren. Also dieses Konzept ist überhaupt noch nicht stimmig.

    Kloiber: Also der Bildschirm ist technisch nicht so wahnsinnig innovativ. Ist ja wie beim iPhone ein LED-Bildschirm.

    Schönherr: Ja, es ist ein TFT-IPS-Panel, kann man also wunderbar auch von sehr schräg von der Seite sehen. Leuchtet wie beim iPhone und ist keine neue OLED-Technik.

    Kloiber: Staunen oder Raunen gab es ja während der Veranstaltung, als die Akku-Laufzeit angesprochen wurde. Zehn Stunden soll es durchhalten.

    Schönherr: Halte ich für fast unwahrscheinlich. Aber offenbar geht das. Man kann hier einen größeren Akku einbauen. Den Akku kann man übrigens wie auch beim iPod und auch beim iPhone nicht selber austauschen. Das heißt, das Gerät ist so hermetisch abgeschlossen wie man das kennt von Apple.

    Kloiber: Und arg in die Kritik gerückt sind unmittelbar nach der Veranstaltung ja auch die Schnittstellen, die nicht vorhandenen.

    Schönherr: Genau. Also man erwartet sich eigentlich bei so einem Fast-Notebook-Computer schon ein paar mehr Schnittstellen, also zumindest USB. Aber das hat dieses Gerät nicht.

    Kloiber: Ich glaube, nur mit einer Docking-Station.

    Schönherr: Mit einer Docking-Station wird das wohl gehen. Worauf Apple gleich von Anfang an bei der Präsentation wertgelegt hat, ist die Schnittstelle, zum Beispiel über Bluetooth oder eben auch über die typische iPod-Verbindung, die man von iPods kennt. Dass man eine Tastatur anschließt, um dann richtig zu tippen. Auf dem Bildschirm hat man natürlich auch eine Tastatur, die aber immer noch nicht ganz die Din-Form für die Hand hat.

    Kloiber: Ganz wichtig für dieses Konzept überhaupt: Wenn es eben halt auch das gleiche Betriebssystem wie ein iPhone hat, dann spielen die Apps ja auch eine ganz große Rolle, die kleinen Applikationen.

    Schönherr: Ja, da hat Steven Jobs auch gleich auf dieser Veranstaltung mitvorgestellt, dass es dafür ein Entwicklungskit geben wird. Das heißt, die Programmierer können sich jetzt speziell auf dieses Gerät stürzen.

    Kloiber: Mit Simulator sogar, also wo dann auf dem normalen PC solch ein Gerät simuliert wird. Das ist wichtig bei der Entwicklung.

    Schönherr: Das ist wichtig. Das gab es beim iPhone schon genauso. Das wird also auch jetzt hier stattfinden. Und beim iPhone gibt es ja zahllose applications, eben diese kleinen Programme, die mehr oder weniger sinnvoll sind, die den Markt auch aufgerollt haben. Und die laufen im Prinzip alle auf diesem Gerät.

    Kloiber: Was fehlt für Sie persönlich?

    Schönherr: Also mir fehlt bei diesem Gerät, dass ich es am Strand nicht lesen kann, dass es eine komische Dimension hat. Und mir fehlt der Henkel. Ich habe nämlich Angst, ein so teures Gerät, das wird ja dann wahrscheinlich die typischen 600 Euro kosten, die Europreise sind noch nicht bekanntgegeben, das ist mir einfach zu ... also da hätte ich lieber dieses Papier in der Hand, wenn ich an den Strand gehe. Übrigens: Am Strand lese ich ein E-Book lieber. So grottenschlecht, vom Interface, also von der Benutzerschnittstelle her, die E-Books heute sind, auch das Amazon Kindle, was da als das immer Hochgelobte gilt: das Kindle liest sicht am Strand wunderbar und das Display bleibt ewig. Es hält einfach Wochen und nicht nur zehn Stunden.

    Kloiber: Maximilian Schönherr, vielen Dank.