Freitag, 19. April 2024

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Missbrauchsstudie der Katholischen Kirche
Jeder 20. Priester wird beschuldigt

Sexuelle Gewalt habe in der katholischen Kirche eine "systemische Dimension", sagt DLF-Redakteurin Christiane Florin mit Blick auf die am Dienstag von der Deutschen Bischofskonferenz vorgestellte Missbrauchsstudie. Man könne nun nicht mehr von "bedauerlichen Einzelfällen" sprechen.

Christiane Florin im Gespräch mit Andreas Main | 26.09.2018
    Das Foto zeigt die Pressekonferenz für die Studie zum Missbrauch in der Katholischen Kirche, in der Mitte Kardinal Reinhard Marx (M), Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz.
    Bei der Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda wurde die Missbrauchsstudie offiziell vorgestellt (dpa-Bildfunk / Arne Dedert)
    1.670 Klerikern wird in der Studie vorgeworfen, in den vergangenen 70 Jahren Menschen sexuell missbraucht zu haben. Damit werde "jeder 20. Diözesanpriester beschuldigt", sagte Florin. Allerdings stelle die Zahl nur den Mindestwert dar, die Aufarbeitung sei noch immer lückenhaft.
    Die Forscher betonten, dass die Missbrauchsfälle in Zusammenhang mit dem Zölibat zu sehen seien, zumal bei Diakonen, die im Gegensatz zu Priestern verheiratet sein dürfen, nur jeder Hundertste des sexuellen Missbrauchs beschuldigt werde. Zugleich sei der Zölibat aber nicht als einzige Ursache zu sehen, erklärte Florin mit Blick auf die Studie. Eine Rolle spiele auch der allgemeine Umgang mit Sexualität in der katholischen Kirchen. Diese werde oft verdrängt, vor allem Homosexualität. Zudem stünden die Missbrauchsfälle auch in Verbindung mit dem Amtsverstädnis der Priester, die sich durch die Weihe oft als "besondere Menschen" mit "besonderen Vollmachten" verstehen würden. Daher könne eine mögliche Aufhebung des Zölibats das Problem allein auch nicht lösen.
    Die Betroffenen würden nun nicht nur Entschuldigungen erwarten, wie sie am Dienstag erfolgt seien, sagte Florin, sondern es ginge ihnen auch darum, dass sie Entschädigungen erhalten und "die Namen der Täter genannt werden". Debatten über den Zölibat und den Priesterstand könnten diese Aufarbeitung verzögern und außerdem ergebnislos bleiben, befürchtet Florin.