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Misstrauen gegen Chinas Vorzeigekonzern
Ermöglicht Huawei Cyberspionage?

Huawei produziert neben Smartphones und Tablets auch Internet-Steuerungsgeräte und Router. Geheimdienste vieler westlicher Staaten warnen: Telekommunikationsunternehmen, die Huawei-Steuerungsgeräte einsetzen, laufen möglicherweise Gefahr, ausspioniert zu werden. China und der Konzern weisen dies zurück.

Von Steffen Wurzel | 17.12.2018
    Ein Nutzer sieht sich das "Honor Magic 2 Smartphone" des chinesischen Unternehmens Huawei an. Das Gerät wurde im Oktober 2018 in Peking vorgestellt.
    Keine staatlichen Aufträge für Huawei in den USA, Australien und Neuseeland (Han Jingyu/ Imaginechina/ dpa)
    Huawei ist nicht nur der zweitgrößte Hersteller von Smartphones der Welt. Das Unternehmen produziert auch Steuerungstechnik für Internet-Verteilerknoten und Rechenzentren, also die entscheidende Technik zur Steuerung von Daten- und Telefonnetzen. Computerexperten und Geheimdienstler warnen schon seit Längerem: diese Internet- und Kommunikationssysteme seien der Inbegriff der kritischen Infrastruktur. Umso genauer müsse man sich anschauen, wem man den Aufbau und den Betrieb dieser Technik anvertraue.
    Keine Behördenaufträge in den USA, Australien und Neuseeland
    In den USA ist Huawei schon seit Längerem von Behördenaufträgen ausgeschlossen. Nach heftigen politischen Diskussionen haben zuletzt auch Australien und Neuseeland entschieden: Chinesische Technologie-Firmen, allen voran Huawei, müssen außen vor bleiben.

    "There is a nagging feeling that it’ll be used by the Chinese government to do bad stuff to us."
    Es gebe dieses quälende Gefühl, dass die chinesische Staatsführung heimische Unternehmen nutzen könnte, um uns Schaden zuzufügen, sagt Roger Bradbury von der Australian National University. Er leitet in der australischen Hauptstadt Canberra ein breit angelegtes Forschungsprojekt zum Thema Daten- und Cybersicherheit.

    "Moderne Telekommunikationsgeräte und deren Software sind technisch so kompliziert, dass es relativ einfach ist, Hintertüren in die Systeme einzubauen," erklärt Bradbury in einem Gespräch mit dem universitätseigenen Fernsehkanal.

    "Geheimdienste könnten solche Hintertüren nutzen, um heimlich mitzuhören, zu überwachen oder Daten abzugreifen – oder sogar, um zu sabotieren."

    Konkrete Beweise für mögliche Spionage oder Cyber-Sabotage durch chinesische Geräte oder Bauteile wurden bisher nicht öffentlich. Entsprechend empört ist Chinas Staats- und Parteiführung über den Ausschluss ihres Vorzeigeunternehmens. Außenamtssprecher Lu Kang:
    "Die australische Regierung sollte es besser wissen. Stattdessen bringt sie alle möglichen Rechtfertigungen vor, nur um künstliche und diskriminierende Handelshemmnisse zu erreichten. Wir fordern von Australien, Ideologie und Vorurteile beiseitezulassen und chinesischen Firmen einen fairen Marktzugang zu ermöglichen."
    Huaweis Organisation sehr undurchsichtig
    Doch es scheint, dass die Proteste der chinesischen Staatsführung das weltweite Misstrauen gegenüber Huawei eher noch größer werden lassen. Der Konzern mit Sitz in der Stadt Shenzhen ist eigentlich ein nicht börsennotiertes Privatunternehmen.
    Es ist berühmt-berüchtigt für seine organisatorische Intransparenz. Selbst Insidern ist nicht ganz klar, wer bei Huawei eigentlich das Sagen hat und wie groß der Einfluss der chinesischen Staats- und Parteiführung ist. Klar ist: Firmenchef und -gründer Ren Zhengfei hat früher beim chinesischen Militär gearbeitet. Er hat enge Verbindungen zur Staatsführung in Peking.
    Vor einigen Tagen hat auch Japan entschieden, dass Huawei-Bauteile nicht mehr zur Steuerung von Stromnetzen und Schnellzugtrassen verwendet werden dürfen. In Großbritannien will British Telecom Huawei vom Ausbau des neuen 5G-Internetstandards ausschließen.
    Diskussion über Huawei auch in Deutschland
    Auch in Deutschland nimmt die Diskussion Fahrt auf. So fordern etwa die stellvertretende Fraktionschefin der CDU/CSU im Bundestag Nadine Schön und die netzpolitischen Sprecherin der Grünen Tabea Rößner, die Verwendung von Huawei-Technik beim Aufbau der 5G-Technik "kritisch zu hinterfragen". Rößner sagte im RBB:
    "5G ist die Technologie, die künftig unsere Wirtschaft vorantreiben soll. Das macht diese Technologie aber auch angreifbar. Es gibt die Möglichkeit, durch den Einbau von entsprechenden Komponenten Daten abfließen zu lassen. Man kann auch Spionage betreiben. Und man kann zum Beispiel auch ein Land sabotieren und komplett lahmlegen."
    Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) allerdings spricht sich bisher gegen einen Bann des Unternehmens beim anstehenden 5G-Aufbau in Deutschland aus. Entsprechend äußerte sich Behördenchef Arne Schönbohm im Nachrichtenmagazin "Spiegel".
    Nach Ansicht des australischen Sicherheitsexperten Roger Bradbury ist das Problem bei chinesischen Firmen wie Huawei nicht einmal die konkrete Gefahr von Spionage, sondern die Tatsache, dass China keine Demokratie und kein Rechtsstaat ist.
    "We need to recognize that a company like Huawei even though looks like a normal international corporation is not."
    Man dürfe nicht so tun, als sei Huawei ein ganz normales internationales Unternehmen, betont der Professor der Australian National University.
    "Die kommunistische Partei kann Gesetze mit einem Federstrich einfach aushebeln. Daran müssen heimische Firmen sich dann halten. Es ist unvorstellbar, das sich eine chinesische Firma dem Staat widersetzen kann. In westlichen Ländern hingegen geht das."