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Mit aggressiven Mitteln zu sauberem Trinkwasser

Umwelt. - Noch gibt es genügend sauberes Wasser, das die Ansprüche an Trinkwasser erfüllt. Aber das Problem der Zukunft wird die Aufbereitung von verunreinigtem Wasser sein, so dass wir weiterhin bedenkenlos Wasser aus Hahn in die Kaffeemaschine laufen lassen können. In Goslar veranstaltet das Clausthaler Umwelttechnik-Institut die dritte internationale Konferenz zu Oxidationstechniken für Wasser- und Abwasserbehandlung.

    Von Jo Schilling

    Reines Wasser ist wertvoll und wird langsam rar. Konventionelle Kläranlagen reinigen die Abwässer gerade einmal so stark, dass sie wieder in die Natur entlassen werden können, aber trinken kann das niemand. Sauberes Grundwasser ist das Produkt der Filterleistung der Natur, aber die sieht sich inzwischen mit Aufgaben konfrontiert, für die es in der Natur keine Lösung gibt. Medikamentenreste, die Kranke ausscheiden, Industriechemikalien, die die Mikroorganismen im Erdreich nicht kennen und dementsprechend nicht abbauen können.

    Diese Aufgabe lässt sich mit biologischen Verfahren allein nicht lösen. Deshalb wir brauchen zusätzliche Verfahren, um eben die Standards zu erreichen, die notwendig sind, und hier bieten die advanced oxidation technologies, also die verfeinerten Oxidationsverfahren, die Möglichkeit eben diese Lücke zu schließen.

    Professor Alfons Vogelpohl vom Institut für Thermische Verfahrenstechnik der Universität Clausthal braucht, um Wasser zu säubern, nur Energie und Sauerstoff.

    Der Vorteil besteht darin, dass praktisch alle Stoffe zerstört werden können, die im Abwasser vorhanden sind und dass darüber hinaus aus diesen Abfallstoffen eben Kohlendioxid, Wasser und Mineralsalze erzeugt werden, die völlig unschädlich sind.

    Konventionelle Reinigungsverfahren arbeiten entweder wieder mit Chemikalien, die nur eine bestimmte Stoffgruppe abfangen und unschädlich machen oder inzwischen auch immer häufiger mit Bioreaktoren. Beide sind nicht in der Lage wirklich alle Schadstoffe unbesehen zu zerstören, sondern immer nur die, auf die sie spezialisiert sind. Und selbst dann nur bis zu einer gewissen Konzentration. Je weniger Schadstoffe im Wasser sind, desto so schwieriger ist es, sie abzufangen. Der Trick der Oxidationsprozesse:

    Wir erzeugen da OH-Radikale. OH-Radikale sind Moleküle mit der höchsten Reaktionsgeschwindigkeit. Das heißt, der Umsatz ist praktisch unabhängig von der Konzentration und erfolgt sofort.

    Diese OH-Radikale entstehen, wenn einem Wassermolekül ein Sauerstoffatom hinzugemogelt wird, und dieses instabile Teilchen dann zerfällt. Die Energie dafür muss meist elektrisch aufgewendet werden. Aus Sauerstoff wird entweder Ozon hergestellt, das dann mit dem Wasser reagiert oder Wasserstoffperoxid. Aber auch das ist nicht der Königsweg, finden die Clausthaler und haben einen Photokatalysereaktor entwickelt. Der Katalysator: Titandioxid, das Weiß auf den Wänden und in der Zahnpasta. Die Energiequelle: die Sonne. Der Katalysator nimmt die Sonnenenergie auf und erzeugt mit dieser Energie die reinigenden OH-Radikale. Das Verfahren ist günstig, aber wenn viel Wasser zu reinigen ist, sind große Flächen und gutes Wetter erforderlich. Die erste Anlage steht in einem Sonnenland: Tunesien

    Es gibt verschiedene Möglichkeiten, aber die Möglichkeit, die in Tunesien realisiert worden ist, ist, wir nutzen einen so genannten Filmreaktor, das heißt wir brauchen eine ausreichend große geneigte Fläche, diese Fläche ist mit dem Katalysator, das heißt mit dem Titandioxid beschichtet und das Abwasser läuft jetzt als dünner Film über die Fläche, wird von der Sonne bestrahlt und dabei werden die OH-Radikale erzeugt, die dann die Schadstoffe entfernen.

    Der Begriff Reaktor ist fast ein bisschen zu groß für die Technik: Eine Schräge aus Beton auf die Titandioxid aufgesprüht wird. Das Wasser läuft wie bei einem Zimmerbrunnen über die Oberfläche. Aber es funktioniert und wenn es nicht nur in Afrika, sondern auch in unseren Breiten Wasser zuverlässig reinigen soll, sieht Alfons Vogelpohl noch die Möglichkeit,

    ...dass ich also Lampen benutze, wie sie auch in den Bräunungsstudios eingesetzt werden, indem ich Sonnenlicht simuliere, der Nachteil ist natürlich der höhere Energieverbrauch.

    Noch stecken die ganzen Wasserreinigungsverfahren, die nur mit Sauerstoff als Chemikalie auskommen, in den Laborschuhen. Wasser ist noch zu billig, als das viel Geld in seine Reinigung fließen würde. Aber die Wissenschaftler stehen in den Startlöchern und mit jedem neuen gesetzlichen Grenzwert, könnte der Startschuss fallen.