Von lautstarkem Kampfgebrüll bis zu wilden Verfolgungsjagden – all dass lässt sich zur Zeit am heimischen Weiher beobachten. Während der Brutzeit der Blesshühner geht es eben hoch her. Das eigene Revier muss gegen Konkurrenten verteidigt werden – lautstark! Und dieses Mistrauen gegenüber den eigenen Artgenossen ist berechtigt. Das belegen jedenfalls die Beobachtungen von Bruce Lyon von der Universität von Kalifornien in Santa Cruz.
Nach nur zwei Wochen Feldstudien fiel mir etwas ungewöhnliches auf: Viele Weibchen legten ihre Eier einfach in die Nester anderer Blesshühner. In so hohem Maße kommt dieses parasitische Verhalten bei anderen Vögeln normalerweise nicht vor. Und noch etwas fiel mir auf: Manche Weibchen erkannten diese fremden Eier in ihrem Nest und beseitigten sie. Daraufhin änderte ich das Thema meiner Forschungsarbeit völlig.
Es gibt einige parasitische Vögel wie beispielsweise den heimischen Kuckuck, die ihre Eier in fremde Nester legen. Allerdings suchen sie sich dazu die Nester fremder Arten aus. Parasitische Blesshühner hingegen legen ihre Eier in die Nester anderer Blesshühner. Bruce Lyon fand heraus wie kostspielig dieses Verhalten für die Besitzer des besetzten Nestes ist. Eines ihrer eigenen Küken muss zugrunde gehen, damit ein parasitische Küken überlebt. Dagegen mussten sich die Blesshühner natürlich wehren: Sie tun das, indem sie ihre Eier zählen. Die überflüssigen Eier beseitigen sie.
Aber das ganze lässt sich noch toppen. Als wäre es nicht schon aufregend genug, was diese Vögel tun. Einige Weibchen zählen ausschließlich ihre eigenen Eier. Das ist gar nicht so leicht. Zuerst müssen sie zwischen den eigenen und den fremden Eiern unterscheiden. Und das ist eine viel schwierigere Aufgabe – zumindest für einen Vogel.
Die Eier der Blesshühner haben eine beigegraue- Färbung und sind dunkel gesprenkelt. Offenbar erkennen manche Vögel ihre eigenen Eier an der typischen Färbung und Maserung. Manchmal sind die individuellen Unterschiede zwischen den Eiern allerdings nicht groß genug, um sie als fremd zu erkennen. Dann akzeptieren die weiblichen Blesshühner die fremden Eier als ihre eigenen. Sie zählen sie mit und beenden ihre eigene Eiablage viel früher als sonst, weil die maximale Anzahl von Eiern pro Nest mit den parasitischen Eiern bereits erreicht ist. Es lässt sich nicht leugnen: Blesshühner können zählen:
Natürlich meint jeder sofort: Wow, diese Vögel sind aber besonders schlau. Aber das stimmt eigentlich nicht. Ein Taschenrechner kann auch extrem viel mit Zahlen anstellen. Das liegt natürlich an den Schaltkreisen in seinem Inneren. Aber natürlich würde niemand sagen: Wow dieser Taschenrechner ist aber schlau. Bei den Blesshühnern ist das ähnlich. Ihr Gehirn ist vermutlich einfach besonders gut verschaltet. Sie registrieren einzelne Objekte, die ihr Gehirn dann praktisch nummeriert.
Bis hundert zählen können die Blesshühner wahrscheinlich nicht. Aber das brauchen sie auch gar nicht. Mehr als acht Eier haben sie selten in ihrem Nest. Und das kann der Taschenrechner in ihrem Gehirn gerade noch bewältigen. Um seine zählenden Blesshühnern noch besser zu verstehen, wollte Bruce Lyon einmal einen Versuch durchführen. Leider ist er gescheitert:
Diese Vögel sind so schlau, dass es meine Forschung schon beinah behindert. Ich wollte einmal ein Experiment machen, indem ich selbst Eier von fremden Blesshühnern in ein Nest legte. Aber darauf haben die Vögel gar nicht reagiert, sie wussten, dass diese Eier nicht wirklich von einem parasitischen Vogel stammten. Das erschwert natürlich so ein Experiment - wenn die Vögel einfach nicht dasselbe Verhalten zeigen wie sonst.
Blesshühner merken eben, wenn man sie beschummelt. Und das zeigen sie dann auch.