Archiv


Mit dem Trio kam das Verlangen nach wilder Rockmusik zurück

Der deutsch-amerikanische Gitarrist Jon Spielman fühlt sich in fast allen Genres zu Hause. Mit "Electric Tales" hat dieser musikalische Tausendsassa jetzt sein erstes Studioalbum mit dem Ron Spielman Trio eingespielt. Und kehrt damit zurück zu seinen Anfängen als Gitarrist in einer amerikanischen Kaserne in Bayern.

Von Cornelius Wüllenkemper |
    Ron Spielmann:

    "Das kommt glaube ich nur durch meine Liebe zur Musik selbst und zu den verschiedenen Stilen: Rock, Jazz, Pop, Soul, Blues. Ich liebe Gitarre spielen, weil Gitarre spielen ist für mich nach wie vor wie eine Insel, auf der alles wächst."
    Sagt Ron Spielman über sein neues Album "Electric Tales". Auch dieses Studioalbum - sein Erstes mit dem Ron Spielman Trio - ist eine dieser Inseln, auf der der passionierte Musiker und Sänger seinem Spieltrieb freien Lauf lässt. Mit Benny Grebs am Schlagzeug und Edward Maclean am E-Bass erzählt Spielman auf diesem Album Geschichten über das Leben und kehrt nach Ausflügen in die Big-Band-Musik und ins Singer/Songwriter-Terrain zu seinen musikalischen Wurzeln zurück.
    "Mit dem Trio kam ganz einfach das alte Verlangen von ganz früher nach wilder Rockmusik zurück. Gitarrensolos spielen, wo ich herkomme einfach. Und dass man dann plötzlich anfängt zu spielen, also wirklich Musik zu spielen. Du hast so etwas Ähnliches wie einen Alibisong, und dann geht's in die Improvisation. Wir sitzen sozusagen zu dritt im Sandkasten."
    Spielman bereist seit über 20 Jahren mit seiner Gitarre die Musikwelt, hat mit unterschiedlichen Formationen fast 20 Live- und Studioalben veröffentlicht und gilt heute als einer der versiertesten Gitarristen Deutschlands. Aufgewachsen ist der 1964 geborene Deutsch-Amerikaner im unterfränkischen Schweinfurt. Die Welt der Rockmusik entdeckte Spielman zunächst durch die Plattensammlung seines älteren Bruders, eines überzeugten Hippies. In der örtlichen Kaserne der US-Streitkräfte lernte er dann von der Pieke auf die amerikanische Gitarrenmusik von Jazz bis Blues und Rock spielen.

    "Da habe ich einen GI kennengelernt, einen Farbigen, mit dem ich unglaublich gut kommuniziert habe, und der hat mir damals diese Jazzrocksachen ans Herz gelegt. Der war die ganze Zeit am üben. Wenn er nicht mehr auf Manöver war, kam er zurück, sofort üben. Und dann hab ich mit ihm geübt, und er hat gesagt, 'Ron, you gotta do it like this!' , und ich habe geübt, immer geübt. Und dann hatte ich das erste Mal Kontakt auch mit anderen Musikern. Und das waren gute Musiker da! Einfach session, learning by doing, spielen, spielen, spielen. Aber ich hatte nie einen Lehrer, nie!"
    Heute gilt der 47-Jährige längst selbst vielen Gitarristen der deutschen Blues- und Jazzszene als Vorbild. Und dennoch gehört er noch immer zu den bekannten Unbekannten in der Musikszene. Auch auf "Electric Tales" beweist Spielman: Ihm geht es nicht um Geld oder Ruhm, sondern allein um die Musik.
    "Wenn du gute Musik machst, und das aus Berufung oder aus Intention, dann ist es eigentlich egal, ob du damit baden gehst oder nicht. Es ist immer ein Erfolg, wenn du es schaffst, eine Platte zu veröffentlichen, und du findest einen Partner, ein kleines Label, und kannst eine Tour buchen und kannst deine Platten live spielen. Das ist der Erfolg. Darin erkennt man dann auch eine gewisse Reife, die dann in dem Sound ist. Das ist wie ein Charakter, der dir begegnet. Entweder, du magst es oder du magst es nicht."

    Den amerikanischen Einschlag hat sich Spielman in seinen Kompositionen, dem Sound seiner Fender Gitarre und dem markigen Gesang bewahrt. "Electric Tales" ruft Erinnerungen wach an den Bluesrock von Eric Claptons Hippie-Trio Cream bis hin zur Grungemusik von Pearl Jam oder den Popsongs von Snow Patrol. Ron Spielman pflegt die verschiedenen Spielarten der Gitarrenmusik der letzten 40 Jahre. Sein Trio, das sich im renommierten Berliner-Jazzclub Quasimodo gefunden hat, macht alles richtig - eine perfekte Vorführung von Genres und musikalischen Möglichkeiten. Vielleicht könnte man sagen: Musik für Musiker. Und das ist wahrscheinlich die einzige Einschränkung an diesem kompositorisch etwas zu durchdachten und natürlich technisch perfekt eingespielten Album.