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Mit dem Uni-TÜV unterwegs

Neue Studienabschlüsse wie Bachelor und Master allein ändern nicht viel an der Qualität eines Studienangebots. Sie soll durch die so genannte Akkreditierung sichergestellt werden. Dabei prüfen Fachleute einen Studiengang auf Herz und Nieren und vergeben schließlich ein Prüfsiegel. Die Uni Bochum hat schon elf Akkreditierungsverfahren durchgeführt. Vor einigen Tagen nahm dort nun eine Akkreditierungskommission den Biologie-Studiengang unter die Lupe.

Von Karl-Heinz Heinemann |
    Die vier Gutachter, zwei Biologie-Professoren aus Hannover, der Inhaber einer Biotech-Agentur aus Frankfurt als Vertreter der Berufspraxis und ein Jenaer Student sind ein erfahrenes Team. Alle haben schon an einigen Akkreditierungsverfahren teilgenommen. Sie haben den Antrag der Bochumer Biologen schon zuhause durchgearbeitet - mit den Anlagen ein Konvolut von mehreren hundert Seiten, dazu noch Unterlagen auf CD-Rom. Am Nachmittag vor der Begehung treffen sie sich im Hotel in Bochum mit der Vertreterin der Akkreditierungsagentur, Sabine Kroschel, die den Besuch vorbereitet hat.

    "Vielleicht möchte mal einer sagen, wo die Punkte sind, die aus ihrer Sicht diskutiert werden sollten. Wenn ich bösartig wäre, würde ich sagen, von der ganzen Anlage her wird das Diplomsystem konsekutiv umgesetzt. Ich hätte zum Beispiel auch eine Frage morgen, wie man das in Bochum mit der Quotierung sieht, dass nur 50 Prozent vom Bachelor in den Master gehen sollen. Da machen ja einige Länder entsprechende Vorgaben. "

    Der konsekutive Studiengang - erst sechs Semester bis zum Bachelor, dann noch vier bis zum Master of Science in Biologie - an der Ruhr-Universität Bochum läuft schon seit drei Jahren. Hans-Jörg Jacobsen, Professor für Molekulargenetik an der Universität Hannover und ehemals Präsident des Verbandes deutscher Biologen, hat einige kritische Fragen an die Bochumer Biologen, ebenso wie sein Kollege Klaus Wächtler:

    " Ich hatte ein bisschen den Eindruck, Bachelor wird ein bisschen als Durchgangsstudium gesehen, so wie Konfirmand oder so etwas."

    Haben sich die Bochumer wirklich Gedanken darüber gemacht, was ihre Bachelor später werden können, fragt Holger Bengts, der Vertreter der Berufspraxis.

    Christian Vogt nimmt als studentischer Gutachter an der Akkreditierung teil. Er steht in Jena kurz vor der Diplomprüfung, war in der Fachschaft und im Studierendenrat aktiv. Warum beteiligt er sich an dem Verfahren?

    " Die Studienreform läuft ja auf jeden Fall. Es gibt Probleme und es gibt Vorteile. In diesem Verfahren kann man sehr gut die Interessen der Studierenden vertreten. Bachelor-Master-Studiengänge finde ich in der Hinsicht positiv, dass man nach drei Jahren die Möglichkeit hat ins Berufsleben zu gehen, wenn man denn möchte bzw. einen Richtungswechsel vorzunehmen. Was ich hingegen schlecht fände, was allerdings politisch forciert wird, wären prinzipielle Zulassungsbeschränkungen zwischen Bachelor und Master, wenn es zum Zwang wird, ist es nachteilig."

    Mindestens einen Tag kostet die Vorbereitung, zwei Tage braucht man für den Besuch vor Ort, das ist Pensum der Gutachter. Egal ob Professor oder Student, jeder bekommt von der Agentur eine Aufwandsentschädigung von 500 Euro.

    Am nächsten Morgen geht es dann an die Uni. Egal, von welchem Eingang aus die Kommission das Gebäudelabyrinth betreten hätte - von überall her hätten sie idiotensichere Wegweiser in das Sitzungszimmer des Dekanats geführt. Hier stehen ihr dann die Prorektorin, der Dekan, eine Reihe von Professoren, Mitarbeiterinnen und die zwei hauptberuflichen Studienberaterinnen der Fakultät von morgens um neun bis nachmittags um vier Rede und Antwort, nur unterbrochen von einem Imbiss mit Schnittchen, die den Verdacht einer Bestechungsabsicht gar nicht erst aufkommen lassen. Der Sprecher der Kommission, Hans-Jörg Jacobsen, versichert zunächst einmal, dass die fachliche Qualität der Bochumer Kollegen über jeden Zweifel ergaben sei, gleichwohl habe man ein paar kritische Fragen. Irritiert sei man vor allem, dass hier der neue Bachelor-Master-Studiengang und das alte Diplomstudium parallel angeboten werden. Dekan Thomas Stützel will die Bedenken ausräumen:

    " Da kann ich etwas zu sagen: Wir haben beschlossen, den Diplomstudiengang zum nächstmöglichen Zeitpunkt - das ist das Wintersemester 6/7 - einzustellen. Im Moment sieht es für uns so aus, dass unseren Abnehmern egal ist, ob da Master oder Diplom drauf steht. Wichtiger scheint zu sein, dass da, wo Bochum drauf steht, auch Bochum drin ist."

    Wie wird die Arbeitsbelastung der Studierenden berechnet? Unklare Formulierungen bei den Lernzielen der Module werden kritisiert, ungeklärt scheint auch, ob im Ausland erworbene Kreditpunkte umstandslos angerechnet werden.

    Am Nachmittag dann werden Studierende befragt. Zwar sind alle für den neuen Studiengang, aber niemand will sich mit dem Bachelor-Zeugnis zufrieden geben - alle wollen weiter machen. Bisher gibt es noch keine Erfahrungen, wie gut ein Bachelor auf dem Arbeitsmarkt unterkommen kann.

    Zum guten Schluss noch ein kurzer Rundgang durch die Labore.

    " Was wir hier machen sind Schnitte durch das Rattengehirn ."

    Die Dozentin will ihre Kritik an den neuen Studiengängen nicht ins Mikrofon sprechen. Das Ganze sei nichts weiter als ein Sparmodell, sagt sie. Wie soll man die wachsende Belastung durch ständige Prüfungen bewältigen, wo kommen die Lehrkräfte her für die dichtere Betreuung, die nun notwendig wird? Das Abschlussgespräch der Kommission fällt kurz aus:

    " Man kann es relativ kurz halten, der an sich sehr positive Eindruck, den wir aus den Unterlagen hatten und die Fragen - das ist alles beantwortet worden. Wir werden in unseren Bericht zwei Auflagen aufnehmen und einige Empfehlungen aussprechen. Das ist aber aus unserer Sicht weder Akkreditierungs-verzögernd noch -verhindernd."

    Beanstandet wurde, dass es einige Module gibt, die sowohl von Bachelor- als auch Masterstudenten belegt werden können und dass einige Prüfungen nicht klar bestimmten Modulen zugeordnet sind - also rein formale Dinge. Die Bochumer Biologen können sicher sein: Im Juni wird die Agentur auf der nächsten Sitzung ihrer Mitglieder die Akkreditierung erteilen. Dann bekommen sie eine Frist gesetzt, bis wann sie die Beanstandungen beseitigt haben müssen.