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Mit dem Wind gegen den Wind

Technik. - In Den Helder in den Niederlanden findet kommende Woche das Aeolus Race statt, ein Rennen für windbetriebene Fahrzeuge. Zugelassen sind Konstruktionen, die nur durch Windkraft angetrieben werden und auch in der Lage sein müssen, direkt gegen den Wind zu fahren. Für Deutschland geht ein Team der Universität Stuttgart mit seinem "Ventomobil" an den Start.

Von Cajo Kutzbach | 13.08.2008
    "Das Ventomobil ist ein windgetriebenes Auto; das fährt allein mit der Windkraft. Das hat einen großen Propeller oben drauf, sieht aus, wie ne Windkraftanlage. Und unten drunter ist ein Dreirad, so ein bisschen größer als so ein Fahrraddreirad, also vier Meter lang, zwei Meter breit und dreieinhalb Meter hoch."

    Jens Lehmann, Maschinenbaustudent im elften Semester, schreibt seine Diplomarbeit über das Ventomobil. Wer eine Blechkarosse mit Propeller drauf erwartet, irrt. Das Dreirad, hat einen dreieckigen Rahmen, von dem aus vier Streben die senkrechte Achse halten, an der oben der zweiflügelige Rotor sitzt. Das ganze ist sozusagen eine drehbare Windmühle auf drei Rädern.

    "Wir wollen vor allem gegen den Wind fahren. Und dieser Windwiderstand, der drückt uns sozusagen zurück. Und den wollen wir nicht haben. Und wir haben uns jetzt überlegt, wie wir das am besten lösen, dass wir aus dem Wind möglichst viel Energie rausholen können, aber trotzdem möglichst geringen Windwiderstand haben. Und das haben wir mit unseren Rotorblättern, die haben wir deshalb extra selber gebaut, haben wir das, denk ich, ganz gut hin gekriegt."

    Dadurch, dass die Rotorblätter um die eigene Achse verstellt werden können, kann man ihre Leistung dem Wind anpassen. Im Gegensatz zum Segelboot, das nur mit dem Wind oder schräg zum Wind segeln kann, muss ein Straßenfahrzeug auch gegen den Wind fahren können. Beim Wettbewerb in den Niederlanden ist das deshalb Pflicht. Anders als bei einer Windturbine müssen Fahrer und Passanten vor den sich drehenden Rotorflügeln geschützt werden. Während bei den propellergetriebenen Booten in den Sümpfen Floridas einfach ein fester Drahtkäfig um den Propeller gebaut wird, musste der Schutz beim Ventomobil drehbar sein. Indem man den Rotor in eine sehr kurze Röhre packte, die vorne und hinten mit einem Gitter gesichert ist, erhöhte man zugleich den Wirkungsgrad, weil nun der Wind dem Rotor nicht seitlich ausweichen kann. Das eigentliche Fahrzeug aus dem Rahmen und dem Fahrersitz ist nur mit dünnem Kunststoff verkleidet. All das dient der Gewichtsersparnis, erklärt Professor Martin Kühn vom Lehrstuhl für Windenergie, der die Studierenden auf den Wettbewerb in den Niederlanden aufmerksam machte:

    "Da liegt eben eine besondere Herausforderung bei dem Fahrzeug, dass wir es sehr leicht gemacht haben, um trotzdem in den Wind hinein fahren zu können. Wie funktioniert das nun? Sie kennen alle eine Windmühle: Die Blätter der Windmühle drehen sich und treiben die Mahlsteine der Windmühle über ein Getriebe an. Und hier werden nicht die Mahlsteine, sondern hier werden die Räder von diesem Fahrzeug direkt angetrieben."

    Der Wind treibt also den Rotor an, dessen Drehung über Getriebe auf die Hinterachse übertragen wird. Da das eigentliche Fahrzeug dem Wind kaum Angriffsfläche bietet, soll es den Wind recht gut nutzen können, und nicht zu seitenwindempfindlich sein. An der Universität Stuttgart, hatte das 20-köpfige Team hervorragende technische Möglichkeiten. Jan Lehmann:

    "Wir haben versucht, so gut, wie es ging, für so einen Prototypen Leichtbau zu betreiben, und wir hatten hier am Institut die Möglichkeiten, dass wir viel mit Kohlefaser arbeiten können: Wir haben den ganzen Rahmen aus Kohlefaser gebaut. Die Rotorblätter sind aus Kohlefaser, und so ist das Auto doch recht leicht geworden."

    Sogar die Hinterachse ist aus kohlefaserverstärktem Kunststoff. Je nachdem wie die Verkleidung ausfällt, wird das Gewicht nicht mal 100 Kilogramm betragen. Der Rotor leistet bis zu 6000 Watt. Während Segler die Segel setzen müssen, muss beim Ventomobil der Fahrer den Rotor ausrichten:

    "Das Segel setzen muss er so nicht direkt, er muss den Rotor eigentlich in den Wind drehen, das heißt, er muss ihn immer genau auf den Wind ausrichten, dass wir den Wind möglichst gut nützen können. Das ist das Eine. Und zum Anderen muss er lenken. Das machen wir wie bei Strandbuggys mit den Füßen. Also wir lenken das Auto mit den Füßen, das eine Rad vorne."

    Bis zum Wochenende muss die Verkleidung fertig sein, denn am Sonntag wird ein Teil der Teams bereits nach Den Helder in den Niederlanden fahren, wo das Ventomobil nächste Woche beim Aeolus Race auf einer Straße direkt am Meer gegen die sieben anderen Teams zeigen muss, ob das Konzept Leichtbau für windgetriebene Fahrzeuge die beste Lösung ist.