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Mit der Lichtlanze aufgespießt

Technik. - Nach Schätzungen der Vereinten Nationen liegen rund 60 bis 70 Millionen Landminen unter der Oberfläche dieser Erde. Wichtigstes Minenräumgerät ist dabei immer noch der Mensch mit der Minensuchnadel – was die Minensuche langwierig und gefährlich macht. Lasertechnik der TU Clausthal soll bald helfen, die Minen im Boden eindeutig zu identifizieren.

Von Karsten Schäfer |
    Wenn heutzutage Minen aus ehemaligen Kriegsgebieten geräumt werden, dann ist das mühsame und langwierige Handarbeit. Mit einer großen Stochernadel, der so genannten Minensuchnadel, stechen die Helfer Zentimeter für Zentimeter vorsichtig und in einem bestimmten Winkel in den Boden. Zwar könnte ein Metalldetektor Minen mit Metallgehäuse finden. Er zeigt aber auch Cola-Dosen und andere Metalle an. Viel schlimmer ist aber, dass ein Metalldetektor Minen mit Holz- oder Kunststoffgehäuse gar nicht findet. Und auch alle anderen technischen Verfahren sind bisher nicht so zuverlässig, dass die Minensucher ihnen ihr Leben anvertrauen könnten. Professor Wolfgang Schade und seine Arbeitsgruppe an der TU Clausthal wollen Minen deshalb anhand der Zusammensetzung ihrer Gehäuse erkennen, und zwar mittels der laserinduzierten Plasmaspektroskopie:

    "Dabei war zunächst ein ganz großes Problem zu lösen, nämlich wie kommt man mit dem Laserstrahl überhaupt in den Boden rein. Denn diese Minen sind im wesentlichen zehn Zentimeter oder so unter der Erdoberfläche vergraben und insofern muss man irgendwie mit diesem Laserstrahl erst einmal zu diesen Minengehäusen oder zu diesen verborgenen Gegenständen kommen, um diese dann entsprechend zu identifizieren."

    Erst später kamen die Forscher auf die Idee, den Laser, der die Gegenstände im Boden analysieren soll, in die Spitze einer herkömmlichen Minensuchnadel einzubauen. Wolfgang Schade:

    "Der riesengroße Vorteil von diesem Ansatz ist jetzt der, dass das konventionelle Minensuchen mit solch einer Minensuchnadel in dem herkömmlichen Ablauf überhaupt nicht gestört wird. Also ob es jetzt der Soldat ist oder ob es aber auch der humanitäre Minensucher ist. Da ist es letztendlich eben auch so, dass die gerne die Geräte, die sie benutzen, auch weiter benutzen möchten."

    Auch mit der neuen Minensuchnadel der Clausthaler Wissenschaftler werden die Helfer also zentimeterweise im Boden nach Gegenständen suchen. Der entscheidende Vorteil ist aber, dass der Minensucher sobald er im Boden auf Widerstand stößt, noch die Information erhält, ob es sich tatsächlich um eine Mine handelt oder nur um irgendeinen anderen Gegenstand. Anschließend müssen dann wirklich nur noch die Minen vorsichtig freigelegt werden und nicht mehr die Vielzahl anderer verdächtiger Objekte von denen man bisher noch nicht weiß, ob sie nicht doch Minen sind. Um diese Unterschiede festzustellen, zündet der gepulste Laser in der Spitze der Minensuchnadel auf den Objekten im Boden ein Plasma. Für einen sehr kurzen Moment lösen sich dabei Elektronen aus dem Material heraus. Gleich danach verbinden sie sich wieder mit ihren Atomen und senden dabei eine spezifische elektromagnetische Strahlung aus. Diese Strahlung wird gemessen und von einem lernfähigen Computersystem ausgewertet. Schade:

    "Das System lernt, während es eingesetzt wird, eben auch zu erkennen, ob es sich um dann um Substanz A, B, C oder D handelt und erweitert seine eigene Datenbank, durch dieses Selbstlernen im Laufe der Zeit eben weiter."

    Im nächsten Jahr wollen die Forscher noch einen Schritt weiter gehen und auch das Innere einer Mine untersuchen, indem sie mit dem Laser vorher ein Loch in die Hülle bohren. Anschließend könnte das System den Sprengstoff im Innern der Mine spektroskopieren, wenn es denn eine ist. So wäre die Aussage "Mine oder nicht" noch sicherer möglich. Nicht zuletzt weil die Energie des Lasers bei weitem nicht ausreicht, um den Sprengstoff zu zünden. Wolfgang Schade und sein Team wollen aber auch andere Explosivstoffe aufspüren. Etwa solche wie sie Terroristen bei den Anschlägen in London und Madrid eingesetzt haben. Diese Sprengstoffe sind sehr flüchtig, lassen sich also in der näheren Umgebung gut nachweisen. Schade:

    "Einen optischen Sensor zu entwickeln, der unter ganz bestimmten Bedingungen eine bestimmte Substanz, an der man jetzt sehr starkes Interesse hat, nachzuweisen, dass man so etwas auch in relativ kurzen Zeitskalen entwickeln kann, das halte ich für recht realistisch."

    Dann könnte ein solcher Sprengstoffdetektor zum Beispiel auf Flughäfen oder bei Polizeikontrollen eingesetzt werden. Die intelligente Minensuchnadel dagegen kommt noch schneller zum Einsatz. Vom nächsten Jahr an wird die Bundeswehr zwei Prototypen im Feldversuch testen.