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Mit der Spritze gegen Osteoporose

Neue Behandlungsmöglichkeiten bei Osteoporose, darum ging es auf dem Deutschen Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie in Berlin. Vor allem die Jahresspritze gegen den Knochenschwund wurde als Neuigkeit präsentiert. Sie wird besonders jenen Patienten helfen, die ihre Therapie bisher abbrechen mussten, weil ihnen die täglichen Medikamente auf den Magen geschlagen haben.

Von William Vorsatz | 30.10.2007
    Unmerklich setzt er ein: der Knochenschwund. Vor allem bei Frauen nach der Menopause. Und damit steigt die Gefahr von Knochenbrüchen. Doch es gibt es einen neuen effektiven Schutz. Die Jahresspritze gegen Osteoporose. Der Orthopäde Karsten Dreinhöfer vom Universitätsklinikum Ulm:

    "Es ist sicherlich ein sehr innovatives Produkt, was man intravenös, das heißt, in die Blutgefäße direkt hineinspritzen kann, und nur ein einziges Mal im Jahr geben muss. Anders als die bisherigen Medikamente, die man jeden Tag oder einmal pro Woche oder einmal pro Monat schlucken muss, reicht es hier, wenn man einmal pro Jahr eine entsprechende Infusion bekommt. Und man weiß, dass die Ergebnisse damit mindestens so gut wie bei den geschluckten Tabletten, wenn nicht sogar besser, sind. Von daher, vor allem, was ältere Patienten angeht, ein hervorragendes Medikament, um die Complience, also das heißt die wirkliche Verabreichung des Medikaments, aufrecht zu erhalten. "

    Denn viele Patienten müssen ihre Tabletten bisher absetzten, weil sie unter starken Nebenwirkungen leiden. Sie werden die größten Nutznießer der Jahresspritze sein. Das Medikament enthält Zoledronsäure, einen Wirkstoff, der seit sechs Jahren in der Krebstherapie verwendet wird. Er verhindert den Knochenschwund, ohne die Neubildung von Kochengewebe zu stören oder die Eigenschaften der Knochen nachteilig zu beeinflussen.

    "Es gibt jetzt zwei sehr große, multinationale Studien mit mehreren Tausend Patienten, die momentan dort sehr gute Ergebnisse zeigen. "

    So hat sich bei den Studienteilnehmern vor allem die Gefahr von Wirbelkörperbrüchen verringert: Nach dreijähriger Behandlung um 70 Prozent. Bei Schenkelfrakturen immerhin um 40 Prozent. Aber der beste Schutz hilft nichts, wenn die Ärzten ihn nicht anbieten, weil sie den Knochenschwund nicht erkannt haben, klagt Dreinhöfer:

    " Man kann davon ausgehen, das weniger als 20 Prozent der Patienten, die eigentlich davon profitieren würden, überhaupt nur Medikamente bekommen, die dann eine entsprechende Fraktur verhindern könnten. Noch schlimmer sieht es nach dem ersten Bruch aus. Man weiß, dass nach der ersten Unterarmfraktur, nach dem ersten Schenkelhalsbruch, die Wahrscheinlichkeit für einen weitergehenden Bruch sehr sehr hoch ist, und trotzdem bekommt nur jeder fünfte Patient eine weitergehende Präventionsmaßnahme. Also von dort eine erhebliche Unterversorgung. "

    Dabei können die Betroffenen sogar selbst einiges gegen die Osteoporose tun. Neben Medikamenten ist eine gesunde Ernährung sehr wichtig, mit genügend Kalzium. Und regelmäßige körperliche Aktivität stärkt den Knochen ebenfalls. Doch selbst wenn der morsche Knochen gebrochen ist, gibt es heute neue Behandlungsmöglichkeiten, betont der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie, Prof. Kuno Weise von der Unfallklinik Tübingen.

    " Wir haben in den letzten Jahren Implantate entwickelt, so genannte winkelstabile Implantate, deren Haltekraft am Knochen aufgrund ihrer speziellen Anordnung und ihrer technischen Voraussetzung wesentlich höher ist, als herkömmliche Implantate. "

    Diese Metallplatten, -schrauben und -nägel haben beispielsweise spezielle Gewinde, so dass sie, an der Bruchstelle in den instabilen Osteoporose-knochen eingesetzt, kein Spiel haben:

    "Das bedeutet, dass die Belastbarkeit dieser Implantate bzw. des gebrochenen Knochens, der mit diesen Implantaten versehen ist, deutlich höher geworden ist. "

    So können die Patienten schnell wieder aufstehen und vermeiden damit liegebedingte Folgeerkrankungen wie Thrombosen oder Lungenentzündungen. Aber selbst wenn der Knochen schon sehr abgebaut ist und nahe am Gelenk gebrochen, können die Unfallchirurgen heute mehr tun als noch vor einigen Jahren. Statt kompletter künstlicher Gelenke setzen sie mit kleinen Operationsschnitten schonend künstliche Halbgelenke ein, so genannte Hemiendoprothesen. Der intakte Teil des Gelenks bleibt so erhalten. Aber soweit sollte es nicht kommen, warnen die Experten und versprechen zugleich: Osteoporose lässt sich heute effektiver verhindern als je zuvor.